Industrie und Handel fordern verlässliche Logistikpartnerschaften

Die Transportlogistik der Konsumgüterbranche steht unter Druck. Engpässe in Transportkapazitäten, Fachkräftemangel und steigende Erwartungen an Nachhaltigkeit und Digitalisierung zwingen Hersteller und Händler dazu, ihre Netzwerke neu zu denken. Marktakteure diskutieren auf der Supply Chain CX, wie die Konsumgüterlogistik in unsicheren Zeiten stabil bleibt.

Die Teilnehmer der Diskussionsrunde im Uhrzeigersinn von 12 Uhr: Peter Gebhard, Logistikchef der Hipp-Gruppe, Markus Mehrtens, Logistikverantwortlicher bei Media Markt Saturn, Christian Krebs, Leiter Logistik Deutschland, Unilever, Florian Jasarevic, Bereichsleiter globale Transportlösungen beim Lebensmitteldiscounter Lidl und Prof. Christoph Tripp, Distributions- und Handelslogistik TH Nürnberg, Moderator. Foto: Dierk Kruse

Resilienz entsteht nicht durch Abschottung, sondern durch verlässliche Partnerschaften zwischen Verladern und Dienstleistern sowie die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen. Das war eine Botschaft bei einer Diskussionsrunde auf der Supply Chain CX in Berlin, moderiert von Christoph Tripp, Professor für Handelslogistik an der Technischen Hochschule Nürnberg.

Beim Lebensmitteldiscounter Lidl sind operative Steuerung und strategische Eigenständigkeit inzwischen eng verzahnt. Mit der hauseigenen Logistikmarke Tailwind hat der Discounter die Kontrolle über kritische Teile der Lieferkette zurückgewonnen. „Während der Corona-Krise wussten wir genau, wo die Probleme lagen – aber wir konnten nichts tun“, erinnert sich Florian Jasarevic, Bereichsleiter globale Transportlösungen. „Heute können wir selbst steuern und sicherstellen, dass wichtige Waren rechtzeitig ankommen.“

Diese vertikale Integration sei kein Rückzug aus dem Markt, sondern ein Schutz vor Abhängigkeiten: Je höher das Risiko, desto stärker wolle Lidl eigene Kapazitäten nutzen. Gleichzeitig bleibe die Zusammenarbeit mit externen Partnern zentral. Tailwind verzahne eigene Assets mit strategischen Dienstleistern, um Digitalisierung, IT-Sicherheit und Nachhaltigkeit gemeinsam voranzubringen.

Partnerschaften mit Spediteuren und Dienstleistern sind also das Rückgrat einer stabilen Lieferkette. So betreibt die Hipp-Gruppe zwar keine eigenen Läger oder Fahrzeuge, legt aber Wert darauf, die Steuerung selbst zu übernehmen. „Wir wollen das Herzstück der Logistik in der Hand behalten“, erklärt Peter Gebhard, Logistikchef der Hipp-Gruppe. „Unsere Partner arbeiten in unserem ERP-System, wir disponieren Transporte selbst.“

Die Handelskette setzt auf langfristige Kooperationen, gerade in unruhigen Zeiten. „Wir wechseln nicht ständig den Dienstleister, sondern legen Wert auf Kontinuität, solange die Leistung stimmt“, betont Gebhard. Und er ergänzte: „Wir schauen auch nicht auf den letzten Euro. Wichtig ist, dass wir gute, verlässliche Partner haben.“ Digitalisierung und Datenintegration sollen dabei helfen, Abläufe zu stabilisieren, doch der Logistikchef warnt vor zu großen Erwartungen: „Tools liefern Orientierung, aber entscheiden muss immer noch der Mensch.“

Frühzeitige Kommunikation

Ein Konsumgüterkonzern, der seit Jahrzehnten mit vielen Partnern zusammenarbeitet, ist Unilever. Vertrauen und Transparenz seien dabei unverzichtbar, betont Christian Krebs, Leiter Logistik Deutschland bei Unilever. Ausschreibungen blieben zwar notwendig, doch dürften sie das Fundament bewährter Beziehungen nicht gefährden. „Frühzeitige Kommunikation ist entscheidend, damit beide Seiten planen können“, sagt Krebs. Nur so lasse sich vermeiden, dass kurzfristige Marktveränderungen Lieferketten destabilisieren. Auch im Umgang mit Handelspartnern setze Unilever auf Kooperation – zum Beispiel bei Abhollogistikmodellen, die Prozesse vereinfachen und Ressourcen sparen.

Eine weitere Dimension ist der Balanceakt zwischen Eigenleistung und Outsourcing. Der Elektronikhändler Media Markt Saturn kombiniert eigene E-Commerce-Standorte mit externen Dienstleistern, betrachtet aber auch die Filialen als Teil seiner Supply Chain. „Unsere Stores übernehmen logistische Aufgaben wie Kommissionierung und Sofortlieferung – das schafft Flexibilität.“

Gleichzeitig setzt das Unternehmen auf eine klare Dual-Source-Strategie. „Wir brauchen immer einen Plan B, nicht aus Misstrauen, sondern um die Lieferfähigkeit zu sichern“, erklärt Mehrtens. Gerade im direkten Kundengeschäft seien Zuverlässigkeit, Personalverfügbarkeit und Qualität entscheidend.

Nachhaltigkeit bleibt ein Thema

Grundsätzlich sind die Anforderungen seitens Industrie und Handel an Logistikdienstleister gestiegen. Nachhaltigkeit, digitale Anbindung und Transparenz sind Grundvoraussetzung. Gebhard erwartet von seinen Spediteuren mindestens Euro-6-Fahrzeuge und EDI-Schnittstellen. Unilever plant den flächendeckenden Einsatz des digitalen Lieferscheins, Lidl integriert Nachhaltigkeit in die gesamte Transportstrategie, und MediaMarktSaturn prüft bei Partnern die Auswirkungen auf CO2-Ziele und Kostenstruktur gleichermaßen.

Vor diesem Hintergrund sind Partnerschaften zwischen Herstellern, Händler und Dienstleister mehr als reine Geschäftsbeziehungen. Sie beruhen auf gemeinsamer Verantwortung für stabile, nachhaltige und digital vernetzte Lieferketten. Die Fähigkeit, Kooperation und Kontrolle in Balance zu halten, ist entscheidend für die Stabilität der Konsumgüterlogistik und somit für die Wettbewerbsfähigkeit.

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