SAF: Der Weg ist noch weit

Sustainable Aviation Fuel – kurz SAF – gilt als Schlüssel­technologie, um den Luftverkehr so umweltverträglich wie möglich zu gestalten. Noch müssen aber einige Hürden überwunden werden, damit Fliegen das Prädikat „Nachhaltig“ erhalten kann.

Künftig sollen Flugzeuge mit einem immer höheren SAF-Anteil betankt werden. (Foto: iStock)

Nachhaltiger Flugkraftstoff (englisch Sustainable Aviation Fuel = SAF) soll die Luftfahrt in eine grüne Zukunft führen. Unter dem Oberbegriff werden synthetische Treibstoffe zusammengefasst, die das bisher verwendete Kerosin im Flugverkehr ergänzen und langfristig ersetzen sollen. Im Vergleich zu herkömmlichem Kerosin hat SAF das Potenzial, die Emissionen des Luftverkehrs um bis zu 80 Prozent zu senken. Die Herstellungsverfahren für SAF sind aber sehr unterschiedlich.

Einer, der sich mit den unterschiedlichen Möglichkeiten beschäftigt, ist Prof. Manfred Aigner, der Leiter des Instituts für Verbrennungstechnik beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dort beschäftigt er sich seit rund 20 Jahren mit alternativen Kraftstoffen. Aigner unterscheidet bei SAF zwischen zwei Gruppen: „Zum einen gibt es die biomassebasierten Kraftstoffe, auch Biofuels genannt, die es heute auch schon auf dem Weltmarkt gibt. Zum anderen gibt es die strombasierten Kraftstoffe. Hier wird aus Strom Wasserstoff hergestellt und aus dem Wasserstoff wiederum Kraftstoff.“ Während bei Biofuels weltweit die Produktionsmenge jährlich bereits mehrere Millionen Tonnen beträgt, gibt es die strombasierten Kraftstoffe bisher nur literweise in Forschungslaboren.

Knapp 1 Prozent der benötigten Flugkraftstoffe wird bislang alternativ hergestellt. Die Produktion wird jedoch in rasantem Tempo erhöht. Das Fit-for-55-Programm der EU sieht aktuell vor, in Europa einen SAF-Anteil von 5 Prozent im Jahr 2030 zu erreichen. Aigner geht davon aus, dass sich die Produktion bis 2030 sogar verzehnfachen und SAF so bereits einen Anteil im zweistelligen Prozentbereich haben wird.

Platzhirsch bei der Produktion von alternativen Kraftstoffen ist der finnische Hersteller Neste. Aber der Markt ist umkämpft. Mineralölunternehmen wie BP, Shell oder Total wollen einen Teil vom Kuchen haben. „Wir streben bei SAF einen Marktanteil von 20 Prozent an“, nennt etwa Niels Anspach, Vice President Bio & Low Carbon bei BP, ein ambitioniertes Ziel. Auch er schätzt, dass 2030 der Anteil von SAF bereits 10 Prozent betragen wird.

Die Mineralölunternehmen stehen in den kommenden Jahren vor einer gewaltigen Transformationsaufgabe. Durch alternative Kraftstoffe entstehen für sie riesige neue Geschäftsfelder. Das sieht auch Jens Müller-Belau, Mitglied der Geschäftsführung bei Shell Deutschland, so, der mit seinem Unternehmen in den kommenden Jahren die Produktion von SAF vervielfachen will: „Das Erreichen unseres SAF-Produktionsziels von 2 Millionen Tonnen pro Jahr im Jahr 2025 würde eine Steigerung des gesamten SAF-Produktionsvolumens in 2020 um mehr als das Zehnfache bedeuten.“

Es wird teuer

Aigner ist überzeugt davon, dass die Klimaziele in der Luftfahrt erreicht werden. „Die technischen Probleme sind zu lösen. Es gibt keine grundsätzlichen Schwierigkeiten beim Fliegen, die liegen nur noch bei der Herstellung“, stellt er fest. Eins müsse aber allen klar sein: „Es wird teuer.“ Alternative Kraftstoffe werden immer teurer als fossile bleiben. Es gehe in den kommenden Jahren lediglich darum, die Differenz zu verkleinern.

Auch der Shell-Manager Müller-Belau hält den Preis für den entscheidenden Faktor beim SAF-Hochlauf. Die alternativen Kraftstoffe sind derzeit noch zwei- bis achtmal teurer als herkömmliches Kerosin. „Diese Kosten übersteigen die Möglichkeiten der meisten Fluggesellschaften, so dass sich die Frage stellt, ob die steigende Nachfrage bei den derzeitigen Preisen aufrechterhalten werden kann“, erklärt er.

„Es gibt keine grundsätzlichen Schwierigkeiten beim Fliegen, die liegen nur noch bei der Herstellung“, sagt Prof. Manfred Aigner, der Leiter des Instituts für Verbrennungstechnik beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). (Foto: DLR)

Der Anstieg der SAF-Produktion und die daraus resultierenden Vorteile werden zu einer Senkung der Kosten führen, dies wird jedoch noch einige Jahre in Anspruch nehmen. „Wenn SAF im Preis-Leistungs-Verhältnis das beste Produkt wäre, dann würden es die Airlines schon jetzt kaufen“, ergänzt BP-Manager Anspach. Die Bereitschaft, mehr für einen klimafreundlichen Transport zu zahlen, sei aber bereits immer mehr im Markt erkennbar. Darüber hinaus wird aber auch ein internationales, möglichst globales, Regelwerk nötig sein, damit der Anteil von SAF schnell von den Fluggesellschaften erhöht wird.

Langfristig müssen auch die Beimischungsregeln angepasst werden. Noch ist vorgeschrieben, dass maximal 50 Prozent des fossilen Kerosins ersetzt werden dürfen. „Eine Vorsichtsmaßnahme, denn die Dichtungssysteme in den Brennstoffleitungen wurden auf die Zusammensetzung der fossilen Treibstoffe optimiert“, erklärt der Kraftstoffexperte Aigner. Da die alten Dichtungssysteme mittlerweile flächendeckend durch moderne ersetzt wurden, rechnet er zeitnah mit einer Änderung der Vorschriften. Ab 2030 sollen Flugzeuge auch mit 100 Prozent SAF fliegen können.

Klimaneutralität bis 2050 machbar

SAF wird nach Einschätzung der Experten CO₂-neutrales Fliegen möglich machen. Aber das wird noch viele Jahre dauern. „Bis 2030 ist eine Reduktion der Emission von klimaschädlichen Gasen von 10 bis 20 Prozent denkbar. Bis 2040 sehe ich dann bereits einen sehr viel größeren Schritt. Klimaneutralität bis 2050 ist absolut machbar“, prognostiziert etwa Aigner. Damit das gelingt, müssen aber bereits in den kommenden Jahren die entscheidenden Schritte in Industrie und Politik unternommen werden.

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