Everimpact-CEO Carlier: „Wir stehen an der Schwelle zu einem bedeutenden Wandel“

Um CO2-Emissionen zu reduzieren, müssen sie erst einmal genau gemessen werden. Das Start-up Everimpact setzt hierfür auf Weltraumtechnologie.

Everimpact kombiniert Satellitendaten, Bodensensoren und KI-Daten. Emissionen werden so gemessen und monetarisiert. (Visualisierung: Istock)

Es sieht nicht gut aus für die Klimaziele der Bundesregierung. 4,5 Prozent mehr Treibhausgase wurden 2021 in Deutschland ausgestoßen. Der Corona-bedingte Rückgang aus dem Krisenjahr 2020 ist wieder verpufft, zeigen erste Berechnungen des Umweltbundesamtes.

„Um die globale Erwärmung in den Griff zu bekommen, müssen wir Emissionen reduzieren – entsprechend der Klimaziele, die wir uns selbst gesetzt haben“, fordert Mathieu Carlier, CEO und Gründer des französischen Start-ups Everimpact, im Gespräch mit der DVZ. „Aber ohne ein besseres Verständnis der Emissionen und ohne die Möglichkeit, sie zu messen, werden wir nie in der Lage sein zu quantifizieren, wie nah oder weit diese Ziele noch sind.“

Messen, reduzieren, finanzieren

Gerade bei der Prüfung und Meldung der CO₂-Emissionsdaten herrsche noch immer große Unsicherheit, so Carlier. Mit seinem 2016 gegründeten Jungunternehmen will er dieses Problem lösen. Um das zu erreichen, hilft Everimpact Städten und Unternehmen per IoT-Software, ihren CO₂-Fußabdruck zu messen, zu reduzieren und die dafür notwendigen Investitionen zu finanzieren. „Wir setzen Sensoren in Städten, auf Autobahnen, auf Schiffen oder in Industriegebieten ein. Die Daten werden dann mit Satellitendaten kombiniert“, erklärt Carlier. Die Kunden erhalten ein digitales Dashboard, um die gemessenen Emissionen im Auge behalten zu können.

Jede erfasste Tonne CO₂ in der Atmosphäre erhält von Everimpact eine eindeutige Kennung und wird von Anfang bis Ende verfolgt. So soll eine doppelte Zählung verhindert und sichergestellt werden, dass die Emissionen auch tatsächlich vermieden und in Registern erfasst werden.

„Everimpact hebt sich von der Konkurrenz ab, weil wir die CO₂-Emissionen direkt an der Quelle verfolgen und sie nicht wie die meisten anderen Start-ups mit einem Faktor schätzen und verbuchen“, so Carlier. Zu den wichtigsten Kunden des Jungunternehmens gehören aktuell lokale Behörden, Autobahnbetreiber, Reedereien, Häfen, Öl- und Gasunternehmen sowie Industrieanlagenbetreiber auf der ganzen Welt.

Foto: Everimpact

Führungsteam mit Ambitionen

Mathieu Carlier hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten bereits verschiedene Multi-Millionen-Dollar-Projekte für die Vereinten Nationen, die EU und die Gates Foundation im Bereich der internationalen Entwicklung betreut. Auf seine heutigen Kollegen und Mitbegründer von Everimpact, Alain Retière und Jan Mattsson, traf der erfahrene Manager im Rahmen einer 15-monatigen Zusammenarbeit mit der NASA.

„Wir haben erkannt, dass wir das Potenzial haben, die Kohlendioxidemissionen in Städten erheblich zu reduzieren“, so Carlier. „Mit Zuschüssen der Europäischen Union wurde eine Testphase in acht Städten finanziert. Im Jahr 2020, als das Thema Klimawandel in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses rückte, erhielten wir weitere Unterstützung.“ Heute umfasst das Team von Everimpact unter anderem drei ehemalige Google-Mitarbeiter und zehn spezialisierte Entwickler aus der Luft- und Raumfahrtindustrie.

Einstieg in den maritimen Sektor

Everimpact will nun auch die Logistikbranche nachhaltiger machen und bringt seine Lösung in den maritimen Sektor. So können Kohlenstoffmessgeräte an Bord von Schiffen und in Häfen eingesetzt werden. Mehr als acht führende Unternehmen aus der Seeschifffahrt und der Handelslogistik haben sich zu einer Kapitalrunde in Höhe von 1,6 Millionen US-Dollar zusammengeschlossen, um dies zu ermöglichen. Die Leitung haben das norwegische Schifffahrtunternehmen Wilhelmsen und der japanische Konzern Mitsubishi übernommen. So soll gewährleistet werden, dass die Everimpact-Sensoren den Bedingungen in den Häfen und an Bord der Schiffe standhalten können.

Bislang werden Emissionen im Seeverkehr noch anhand von Berechnungen, die auf Annahmen beruhen, oder anhand visueller Analysen des Rauches aus den Schornsteinen gemessen. Carlier glaubt, dass durch die Kooperation seines Start-ups mit den großen Unternehmen der Branche eine klimafreundlichere Seeschifffahrt möglich wird.

„Das Streben nach einer nachhaltigeren Lieferkette ist der Schlüssel zu einer positiven Nettoauswirkung auf unseren Planeten“, ist sich Carlier sicher. Für ihn sind Kraftstoffe und Verpackungen wichtige Bereiche, in denen die Industrie den Kampf gegen den Klimawandel vorantreiben kann, indem sie umweltfreundlichere Lösungen anbietet.

Schneller mehr tun

Um CO₂-Emissionen zu reduzieren, ist eine genaue Messung der wichtige erste Schritt. Laut Carlier soll die Lösung von Everimpact auch für kleine und mittelständische Unternehmen erschwinglich sein. Der Franzose will mit seinem Start-up einen Beitrag für eine kohlenstoffneutrale Welt leisten: „Wir sehen die Aufgabe von Everimpact als ein entscheidendes Stück des Transformationskuchens. Was wir in der Logistikbranche sehen werden, ist nicht anders. Wir stehen an der Schwelle zu einem bedeutenden Wandel in den nächsten zehn Jahren!“

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