Nachhaltigkeit: Anspruch und Wirklichkeit klaffen noch auseinander

Die Unternehmen der Transport- und Logistikbranche erkennen zwar zunehmend die hohe Bedeutung von nachhaltiger Wirtschaftsweise, es mangelt in den meisten Firmen allerdings an einer konkreten Umsetzung und Messbarkeit der Maßnahmen. 

In der KPMG-Studie "Nachhaltig steuern" sticht hervor, „dass die Transport- und Logistikbranche die hohe Bedeutung der ESG-Transformation weitestgehend erkannt hat, die konkrete Umsetzung der Maßnahmen jedoch deutlich unter den Ansprüchen des definierten Ambitionslevels zurückbleibt." (Foto: Thanakorn Lappattaranan/iStock)

Die Unternehmen der Transport- und Logistikbranche erkennen zwar zunehmend die hohe Bedeutung von nachhaltiger Wirtschaftsweise, in vielen Unternehmen fehlt aber eine strukturierte Organisation des ESG-Managements. Das geht aus der Studie „Nachhaltig steuern“ der Unternehmensberatung KPMG hervor.

Von den 50 befragten Unternehmen in der Transport- und Logistikindustrie sehen 52 Prozent Wettbewerbsvorteile durch ein proaktives Management von ESG-Themen (Environmental, Social, Governance). Das ist im Vergleich zu den befragten Unternehmen der Automobilindustrie (40 Prozent), den Firmen im Bereich der industriellen Fertigung (48 Prozent) und dem Infrastruktursektor (46 Prozent) der höchste Wert.

„Es braucht Ausdauer und gute Organisation“

„Das hohe Ambitionslevel in der Transport- und Logistikbranche lässt Rückschlüsse auf den Stellenwert des Themas in den Unternehmen der Branche zu. Der Angang notwendiger Maßnahmen findet teilweise mit unterschiedlicher Intensität statt. Die Kosten und praktische Umsetzung sind weit aufwendiger als angenommen“, schreibt Ulrich Balke, Berater von KPMG und einer der Autoren der Studie.

Für zwei Drittel der befragten Unternehmen ist die Vereinbarkeit von ESG-Maßnahmen mit der Geschäftsstrategie die größte Herausforderung, dicht gefolgt von der Überwachung und Steuerung der Zielvorgaben. Bei nur einem Drittel der Firmen gibt es bislang Strukturen für Entscheidungen zu ESG-Themen. Die Autoren der Studien betonen die Relevanz eines klaren Managements, um die steigenden Berichtsanforderungen zu erfüllen und die Ziele zu erreichen.

Im Hinblick auf die neuen Berichtsanforderungen der EU-Taxonomie-Verordnung beschäftigen sich erst 16 Prozent mit der konkreten Umsetzung, 2 Prozent erfüllen die Berichtskriterien bereits. Der verbleibende Teil hat sich entweder noch nicht mit dem Regelwerk beschäftigt oder befindet sich in der Vorbereitungsphase.

Das Umsetzungstempo weiter erhöhen

Es sticht hervor, „dass die Transport- und Logistikbranche die hohe Bedeutung der ESG-Transformation weitestgehend erkannt hat, die konkrete Umsetzung der Maßnahmen jedoch deutlich unter den Ansprüchen des definierten Ambitionslevels zurückbleibt. Nicht zuletzt aufgrund der verpflichtenden regulatorischen ESG-Anforderungen der EU gilt es, das Tempo weiter zu erhöhen und ganzheitlich Lösungen für eine nachhaltige Unternehmenssteuerung zu entwickeln und umzusetzen“, heißt es von den Studienautoren.

Für die Unternehmen der Transport- und Logistikbranche sind die Kundenerwartungen und -bedürfnisse der größte Treiber für ESG-Aktivitäten (74 Prozent). Aber auch der Klimawandel und Umweltschäden haben für 70 Prozent der Befragten eine hohe oder sehr hohe Bedeutung als Impulsgeber ihrer Nachhaltigkeitsinitiativen. Mit 66 Prozent stellt schließlich auch die Arbeitgeberattraktivität einen wichtigen Treiber für ESG-Aktivitäten in der Branche dar. In der angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt setzen sich Logistiker stärker als Unternehmen anderer Branchen mit dem steigenden Bedarf an Arbeitskräften auseinander.

Methodik

Für die KPMG-Studie „Nachhaltig steuern“ zum ESG Management & Steering wurden im ersten Quartal 2023 mit dem unabhängigen Marktforschungsinstitut Kantar bundesweit 200 Entscheider und Entscheiderinnen aus vier Branchen befragt, wie sie den Stand der ESG-Aktivitäten im eigenen Unternehmen bewerten.

Jeweils 50 Unternehmen aus der Automobilindustrie, der Fertigungsindustrie, des Infrastrukturmarktes sowie aus der Transport- und Logistikbranche wurden um ihre Meinung gebeten, wie gut sie auf mittel- und langfristige Veränderungen vorbereitet sind, wie sensibel sie auf zukünftige Veränderungen reagieren und ob potenzielle Risiken und Chancen bereits erkannt wurden.

Verantwortung auf oberster Ebene

Bei zwei von drei der befragten Logistikunternehmen ist das Thema ESG in der obersten Managementebene verankert. 66 Prozent geben an, dass in ihrem Unternehmen die übergeordnete Verantwortlichkeit für alle nachhaltigkeitsrelevanten Themen beim C-Level und Vorstand liegt.

Es fehlt jedoch häufig noch an Umsetzungskapazitäten und Organisationsstrukturen: Nur in rund der Hälfte der Unternehmen (52 Prozent) trifft die Aussage zu, dass die Verantwortlichkeiten formal definiert und zugewiesen sind. In 32 Prozent der Unternehmen ist die Aufgabenverteilung teilweise geklärt, bei 14 Prozent fehlt eine Struktur des ESG-Managements komplett. Noch weniger etabliert sind Entscheidungsgremien für ESG-Themen. Für 44 Prozent der Befragten trifft es eher nicht oder überhaupt nicht zu, dass ESG-Entscheidungsgremien wirkungsvoll eingerichtet sind.

Um die zunehmenden regulatorischen Anforderungen und Ansprüche von Stakeholdern zu erfüllen, werden laut den Studienautoren der Aufbau und die Organisation des ESG-Managements in Zukunft stärker ausgebaut und in die bestehende Struktur aufgenommen werden müssen.

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