Hand in Hand gegen den Klimawandel

Um die Auswirkungen der Klimakrise so gering wie möglich zu halten, müssen Forschung und Praxis enger zusammenrücken. Tobias Wollermann von Otto und Philipp Anhalt von DPD blicken optimistisch in die Zukunft.

Tobias Wollermann von Otto (links) und Philipp Anhalt von DPD (rechts) in einer Session beim 18. Logistiktag der Kühne Stiftung. (Foto: KLU)

Die 2020er Jahre gelten als entscheidende Dekade für effektiv wirkende Maßnahmen gegen den Klimawandel. Prof. Thomas Strothotte, Präsident der Kühne Logistics University (KLU), forderte daher am 18. Logistiktag der Kühne Stiftung eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft. Nur so könne Deutschland bis 2030 rund 65 Prozent der Emissionen einsparen und bis 2045 klimaneutral werden.

Start-ups sind das A und O

Als Hoffnungsträger für eine nachhaltigere Logistik gilt die Zusammenarbeit mit Start-ups. Deutsche Jungunternehmen haben im vergangenen Jahr mit rund 17,4 Milliarden Euro mehr als dreimal so viel Geld eingesammelt wie im Corona-Krisenjahr 2020. Das zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft EY.

„Auch Unternehmens- und Start-up-Initivativen wie Fashion for Good sind enorme Hebel, mit denen man viel bewegen kann“, berichtet Tobias Wollermann, Group Vice President Corporate Responsibility bei der Otto Group. Die in Amsterdam ansässige Plattform für nachhaltige Innovationen kooperiert mit Marken, Lieferanten und Einzelhändlern in einer Reihe von Programmen. Mit dem Berliner Start-up Circular Fashion hat Otto ein Pilotprojekt gestartet, um Textilien besser wiederverwertbar und somit nachhaltiger zu machen.

Aber auch in der Paketlogistik gibt es viele Ansätze von Jungunternehmen wie Nüwiel oder Liefergrün, um Zustellprozesse effizienter zu gestalten. Scheitern können diese aber schneller als erwartet, wenn Kooperationen mit größeren Unternehmen nicht zustande kommen.

„Wahnsinnig viele Start-ups bemühen sich mittlerweile um die letzte Meile. Viele davon verschwinden aber wieder, weil sie nicht rechtzeitig einen großen Partner finden“, beobachtet Philipp Anhalt, Chief Strategy Officer bei DPD. Gemeinsam mit dem Wiener Start-up Storebox hat DPD Austria kürzlich die erste von insgesamt 20 gemeinsamen Paketstationen in Betrieb genommen, um das erhöhte Paketvolumen auf der letzten Meile besser abwickeln zu können.

(Foto: KLU)

Deutsche Lieferstandards sind zu hoch

Um nachhaltige Lieferungen zu ermöglichen, sind Konsumenten aber ebenso in der Verantwortung wie die Unternehmen, betonen die beiden Experten. Gerade in Deutschland sei der Wettbewerb unter den KEP-Dienstleistern so stark, dass sich sehr hohe Lieferstandards etablieren konnten, so Anhalt. Die sind für Konsumenten mittlerweile zum Normalfall geworden.

„Bis vor ein paar Jahren sind die Volumen im Prinzip jedes Jahr weiter hoch- und die Preise runtergegangen. Alle haben sich im Grunde fast ,kaputtoptimiert‘, und die Kunden haben erwartet, dass es im nächsten Jahr noch günstiger wird“, kritisiert Anhalt.

(Foto: KLU)

Stadtentwicklung neu denken

Aber auch bei der Stadtentwicklung müsse nachhaltige Logistik stärker mitgedacht werden, fordert Anhalt. „In jeder Stadt gibt es ähnliche Projekte, die von Anfang an mitbetreut werden müssen. Das ist ineffizient. Ich glaube, da braucht es gewisse Regelungen, damit wir nicht bei jedem Einzelbauvorhaben wieder in die Diskussion gehen müssen, sondern gewisse Dinge schon standardmäßig vorhanden sind.“

Dazu gehören beispielsweise fest vorgesehene Flächen für Packstationen oder Lastenfahrräder sowie Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge, die von Anwohnern und Zulieferern gleichermaßen genutzt werden könnten. „Für uns Unternehmer wären solche Standards extrem hilfreich“, so Anhalt.

Gemeinsam ans Ziel

Trotz aller Herausforderungen blicken die beiden Experten optimistisch in die Zukunft. Gerade das Bewusstsein für Nachhaltigkeit sei sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Kunden mittlerweile da. „Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um noch mal Entscheidungen von einer gewissen Tragweite zu treffen, die vor ein paar Jahren politisch noch nicht möglich gewesen wären“, meint Anhalt.

Schon jetzt gebe es zahlreiche vielversprechende Ansätze im Kampf gegen den Klimawandel. „Ich bin zuversichtlich, dass wir genug Innovationskraft und Power haben, um das Ding noch zu drehen. Und ich sehe schon ganz viele kleine, konkrete Praxisbeispiele, die Teil der Lösung sind und bei denen man richtig Gas geben kann – das sollte aber auch ganz rasch passieren: Die Zeit zu handeln ist jetzt!“, so Wollermann.

Schlussendlich kann der geforderte rasche Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft nur gemeinsam erreicht werden. Darin waren sich alle Experten beim Logistiktag einig.

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