Duvenbeck-Fuhrparkleiter: „Attraktive Einsatzmodelle sind für die Fahrer wichtig“
Der Straßengüterverkehr steht vor großen Umwälzungen. In welche Richtung die Entwicklung geht und worauf zu achten ist, ordnet Bernd Reining, Fuhrparkleiter bei Duvenbeck, im Thesencheck der DVZ ein.
Der zunehmende Fahrermangel treibt die Lohnkosten. Mittelfristig müssen Fuhrunternehmen damit rechnen, gut ausgebildetes Fahrpersonal mit über 3500 Euro brutto zu entlohnen.
Teilweise richtig. Der Engpass bei Berufskraftfahrern bewirkt höhere Fahrerlöhne. Die Bereitschaft der Verlader, hierdurch entstehende Mehrkosten mitzutragen, ist bemerkbar. Andererseits sind für die Fahrer attraktive Einsatzmodelle ebenso wichtig. Dazu gehören beispielsweise soziale Leistungen und flexible Arbeitszeitgestaltung, die es den Fahrern erlauben, Beruf und Privatleben besser miteinander zu vereinbaren. Genauso wichtig wie die Entlohnung werden also die Rahmenbedingungen für die Fahrer an, mit denen verhindert werden muss, dass die Berufskraftfahrer in die Industrie abwandern.
Wenn es um die Gewinnung neuer Mitarbeiter geht, schlägt gerade in der Transportwirtschaft die Mundpropaganda jede Social Media Kampagne.
Teilweise richtig. Bei jungen Menschen spielt die Personalgewinnung mithilfe der sozialen Medien eine große Rolle. Bei älteren Menschen überwiegt die Mundpropaganda. Es muss über beide Kanäle versucht werden, die Fahrerinnen und Fahrer von der eigenen Unternehmenskultur zu überzeugen.
Autonome Lkw und automatisierte Prozesse sind keine Utopie mehr. Bis spätestens Mitte des Jahrzehnts wird die Technik praxistauglich sein.
Teilweise richtig. Nutzfahrzeughersteller haben Speditions- und Transportunternehmen zu Testfahrten mit autonom fahrenden Lkw schon eingeladen. Fraglich ist, ob die Technik schon zur Mitte Jahrzehnts praxistauglich ist. Dies hängt entscheidend davon ab, ob die europäische Gesetzgebung mit der technischen Entwicklung Schritt halten wird.
Der öffentliche Druck zwingt Verlader dazu, auf nachhaltige Transportmöglichkeiten umzusteigen. Sie sind bereit, dafür auch entsprechend mehr zu bezahlen.
Teilweise richtig. Richtig ist, dass manche Verlader die Lieferketten im Hinblick auf die Umweltfreundlichkeit neu gestalten möchten. Während in der Vergangenheit die Kostenreduktion zu 100 Prozent im Vordergrund stand, sind jetzt hybride Modelle zu beobachten, bei denen zu einer Hälfte die Kostenreduktion verfolgt wird und in der zweiten Hälfte Optimierungen im Bereich ESG, also Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung in die Preisgestaltung einfließen. Eine Vielzahl von Einzelinitiativen gibt es bereits. Die Kunst wird darin bestehen, den Nachhaltigkeitsaspekt in den Routineprozess zu integrieren.
Die Ungewissheit darüber, welche alternative Antriebstechnik sich durchsetzen wird, führt dazu, dass die Transformation der Lkw-Fuhrparks deutlich hinter den Vorgaben der Politik zurückbleiben wird.
Falsch. Das können wir momentan nicht erkennen. Die Transformation der Lkw-Fuhrparks hängt entscheidend von der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung ab, und deren Stand kann auch die Politik in ihren Vorgaben nicht ignorieren. Und wenn es einer Verzögerung bei der Transformation der Fuhrparks gab, dann waren diese in erster Linie auf andere Sondereffekte wie zum Beispiel Lieferkettenprobleme zurückzuführen.
Derzeit wird viel über Bio-Fuels und E-Fuels diskutiert. Doch der Einsatz dieser Diesel-Alternativen ist lediglich ökologische Augenwischerei.
Falsch. Biogene Kraftstoffe wie zum Beispiel HVO100 und Bio-LNG sind faktisch weitgehend klimaneutral. Das normalerweise direkt während der Verrottung des Rohmaterials freigesetzte Methan wird im Bio-Kraftstoff gebunden und erst bei der Verbrennung in Form des deutlich weniger klimaschädlichen CO₂ an die Atmosphäre abgegeben. Diese Kraftstoffalternativen werden sich aber nur dann als Brückentechnologie durchsetzen, wenn der Gesetzgeber die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen entsprechend gestaltet.
Die geplanten EU-Vorgaben für die CO₂-Emissionen von Nutzfahrzeugen berücksichtigen alle Belange der Transportwirtschaft.
Falsch. Die Vorgabe der EU-Kommission, bis 2030 die CO₂-Emission im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent zu senken, ist vor allem im Hinblick auf die vorgegebene Zeitschiene ein Blick ins Ungewisse. Im Spannungsfeld zwischen Industrie, Lkw-Herstellern und Transportunternehmern galt es, eine Art Kompromiss zu finden, den auch unserer Gewerbe durchaus kritisch betrachtet. Offenheit für vielfältige Lösungen auf der einen Seite, kann allerdings auch zu einem Hindernis für den klaren Ausbau der Infrastruktur auf der anderen Seite führen. Viele unserer Lösungsansätze zum Einsatz von alternativen Technologien scheitern derzeit nicht an unserer Bereitschaft, sondern an fehlender Infrastruktur wie zum Beispiel fehlenden Ladesäulen für die E-Technologie und HVO-Tankstellen.
Kaum zeichnet sich eine Abkühlung des Transportmarktes ab, wollen manche Verlader die Preise wieder drücken. Angesichts der steigenden Betriebs- und Lohnkosten wird sich diese Strategie nicht durchsetzen.
Richtig. Diese Strategie wird sich nicht durchsetzen. Wir operieren in einem Geschäft, in dem wir Kapazitäten dauerhaft stellen müssen. Die Verlader erkennen mittlerweile an, dass wir eine stabile Grundversorgung bieten und hierfür auch ein stabiles Preisniveau benötigen. Ein Großteil der Kunden hat eingesehen, dass dies mit einem ständigen Auf und Ab bei den Preisen nicht machbar ist.