Piraterie: Die Gefahr ist zurück

Am 14. Dezember hatten Piraten versucht, einen Massengutfrachter im Arabischen Meer zu entführen. Der mutmaßlich von somalischen Piraten geenterte Frachter wurde kurz darauf von der indischen Marine befreit. Es war der erste solche Vorfall, der seit 2017 vor der Küste Somalias registriert wurde.
Seit Jahren schützt eine Anti-Piraterie-Mission Frachtschiffe erfolgreich vor seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen am Horn von Afrika. Piraten hatten dort einst immer wieder bewaffnete Überfälle auf Handelsschiffe und Lebensmitteltransporte des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen verübt. Konvoi-Fahrten, bei denen Marineschiffe Handelsschiffe begleiten, galten als wirkungsvollste Mittel bei der Bekämpfung. Die Bundeswehr hatte sich von 2008 bis 2022 an der EU-Operation „Atalanta“ beteiligt. Derzeit wird sie vor allem von Kräften aus Spanien unterstützt.
Die Piraten sind laut spanischem Militär seit Ausbruch des Gaza-Krieges am 7. Oktober wieder aktiver geworden, was vermutlich kein Zufall sei. Seitdem greifen die jemenitischen Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe im Roten Meer an. Große Reedereien meiden diese wichtige Handelsroute und weichen auf die Strecke um das südafrikanische Kap der Guten Hoffnung aus. „Wenn die Schiffe auf ihrem Umweg in Gebieten vor Anker gehen oder Häfen anlaufen, die von Piraterie bedroht sind, steigt entsprechend auch das Risiko neuer Überfälle“, sagt Oliver Wieck, Deutschland-Generalsekretär der Internationalen Handelskammer (ICC).
Im Jahr 2023 wurden 120 Vorfälle von Seepiraterie und bewaffneten Raubüberfällen auf Schiffe gemeldet, nach 115 im Jahr davor. Schiffe mit deutscher Beteiligung waren 2023 insgesamt 14 Mal und damit nach Singapur (28) am zweithäufigsten betroffen.
Das International Maritime Bureau (IMB) der Internationalen Handelskammer (ICC) warnt vor allem vor der zunehmenden Gefährdung der Besatzungen: Die Zahl der Crewmitglieder, die als Geiseln genommen oder entführt wurden, stieg von 41 auf 73 beziehungsweise von 2 auf 14. Weitere 10 Besatzungsmitglieder wurden bedroht, 4 verletzt und eines angegriffen. Wieck: „Die wachsende Zahl an Überfällen auf Schiffe und Besatzungen ist besorgniserregend. Sie zeigt einmal mehr, dass Piraterie kein Relikt der Vergangenheit, sondern eine hochaktuelle Herausforderung ist.“
Vor allem die Straße von Singapur bleibt ein Piraterie-Hotspot: Zwar handelt es sich hier überwiegend um geringfügigere Zwischenfälle, jedoch bleibt die Anzahl konstant hoch. In Summe entfielen 67 der 120 vom Internationalen Schifffahrtsbüro 2023 registrierten Vorfälle und damit rund 56 Prozent auf Südostasien.
Für den Golf von Guinea gibt es ebenfalls keinen Grund zur Entwarnung: 22 Vorfälle wurden 2023 von dort und den angrenzenden Seegebieten gemeldet. Zum Vergleich: In den Jahren 2018 oder auch 2020 waren es noch mehr als 80. Damit sind die Aktivitäten der Piraten in Westafrika zwar tendenziell rückläufig. Aber: Drei von insgesamt vier der im vergangenen Jahr weltweit gemeldeten Schiffsentführungen ereigneten sich in diesen Gewässern, die das IMB somit weiterhin als gefährlich einstuft. (mit dpa-Material)