Attacken im Roten Meer: USA fassen maritime Taskforce ins Auge

Die Huthi-Rebellen im Jemen sind im Gaza-Krieg zur neuen Bedrohung geworden. Vor allem Schiffen im Roten Meer drohen schwere Angriffe. Die USA führen derzeit bereits Gespräche mit anderen Ländern über eine Art maritime Taskforce.

Mit dem Überfall auf die „Galaxy Leader“ begannen die Terrorangriffe der Huthi-Rebellen. (Foto: IMAGO / UPI Photo)

Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen haben erneut Schiffe im Roten Meer angegriffen. Sie hätten zwei israelische Schiffe in der Meerenge Bab al-Mandab mit einer Rakete sowie einer Drohne attackiert, sagte Huthi-Militärsprecher Jahja Sari am Sonntag. Es handele sich um die Schiffe „Unity Explorer“ und „Number 9“. Aus dem US-Verteidigungsministerium hieß es, es gebe Hinweise, dass auch ein Zerstörer der US-Marine Ziel der Attacke gewesen sei. Eine Bestätigung gab es dafür zunächst nicht.

„Wir haben Kenntnis von Berichten über Angriffe auf die 'USS Carney' und auf Handelsschiffe im Roten Meer“, teilte das Pentagon am Sonntag auf Anfrage mit. Weitere Informationen würden bereitgestellt, sobald sie verfügbar seien. Eine Behörde der britischen Marine, die Warnungen für Handelsschiffe auf der ganzen Welt herausgibt, teilte ebenfalls mit, sie habe einen Bericht über einen Drohnenangriff nahe der als Bab al-Mandab bezeichneten Meerenge zwischen dem Roten Meer und dem Golf von Aden erhalten, unweit der jemenitischen Küste.

Die Huthi-Rebellen hatten zuvor mit Angriffen auf „sämtliche Schiffe“ mit Bezug zu Israel gedroht. Es seien alle Schiffe ein Ziel, die unter der Flagge Israels führen, die im Besitz israelischer Unternehmen seien oder die von israelischen Firmen betrieben würden, hatte Sari mitgeteilt. Diese Drohung wiederholte er am Sonntag.

Die Rebellen kaperten Mitte November außerdem ein Frachtschiff, das zum Teil einem britisch-israelischen Geschäftsmann gehört.

Gespräche über Taskforce

Angesichts zunehmender Angriffe auf Handelsschiffe fassen die USA eine verstärkte Zusammenarbeit mit Partnern in der Region ins Auge. „Wir führen derzeit Gespräche mit anderen Ländern über eine Art maritime Taskforce, an der neben den Vereinigten Staaten auch Schiffe aus Partnerländern beteiligt sind, um die sichere Durchfahrt von Schiffen im Roten Meer zu gewährleisten“, sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Montag in Washington. Die Gespräche dauerten noch an und es gebe noch nichts Konkretes zu verkünden.

Sullivan verwies auf andere länderübergreifende maritime Einheiten in Gewässern wie dem Golf von Oman oder vor der Küste Somalias im Hinblick auf Piraterie.

An der jemenitischen Küste vorbei führt einer der wichtigsten Schifffahrtswege der Welt vom und zum Suezkanal in Ägypten. Dieser Kanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet damit die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg von Asien nach Europa. Etwa 10 Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer.

Wer sind die Huthi-Rebellen?

Raketen, Drohnen, Marschflugkörper – mit ihrem Waffenarsenal sind die Huthi-Rebellen im Jemen schon längst nicht mehr nur eine örtliche Rebellengruppe. Die wichtigsten Fragen im Überblick:

Die Huthi-Rebellen bezeichnen sich offiziell als „Ansar Allah“ („Unterstützer Gottes“). Sie gehören der schiitischen Strömung der Saiditen an, deren Imame bis 1962 im Nordjemen herrschten. Seitdem zettelten sie mehrfach Aufstände gegen die sunnitische Führung in der Hauptstadt Sanaa an. 2014 übernahmen sie dort die Kontrolle und beherrschen heute weite Teile des Landes, vor allem im Nordjemen.

Ihren Namen verdanken sie ihrem früheren Anführer Hussein al-Huthi, der aus der Gruppe eine politische Bewegung formte. Etwa ein Drittel der jemenitischen Bevölkerung sind Saiditen.

Wie stark sind sie?

Eine Analyse von 2019 kam auf schätzungsweise 180.000 bis 200.000 bewaffnete Kämpfer. Diese haben Zugang zu Panzern und technischen Fahrzeugen sowie zu Panzerabwehr-Lenkraketen, ballistischen Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern. Seit ihrem Aufstand ab 2014 kämpfen die Huthis im Jemen gegen die Regierung und ein vom sunnitischen Saudi-Arabien angeführtes Militärbündnis, das verhindern will, dass die Huthis ihren Einfluss in dem Nachbarland noch weiter ausdehnen.

Der Krieg mit schätzungsweise 377.000 Todesopfern hat im Jemen in eine humanitäre Katastrophe ausgelöst.

Wer unterstützt sie?

Vor allem der Iran und die Hisbollah im Libanon. Ohne deren Hilfe hätten die Huthis ihr Waffenarsenal – darunter Raketen mit einer Reichweite von bis zu 3.000 Kilometer – nach Einschätzung von Experten nicht aufbauen können. Die Al-Kuds-Brigaden, Teil einer Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte, stellten ab 2014 verschiedene Waffentypen zur Verfügung, schreibt die US-Denkfabric CSIS. Die Al-Kuds-Brigaden sowie die Hisbollah bildeten die Kämpfer demnach auch aus, um etwa die Kampftaktik der Huthis zu verbessern und ihnen den Einsatz von Raketen wie auch Drohnen zu ermöglichen. Die Waffen sollen auf dem Seeweg in den Jemen geschmuggelt worden sein. Der Iran wie auch die Hisbollah bestreiten die Verbindungen für ihre schiitischen Glaubensbrüder oder spielen sie herunter.

Warum unterstützen der Iran und Hisbollah die Huthis?

Israel ist seit der Islamischen Revolution von 1979 Irans erklärter Erzfeind. Teheran hat seit den 1990er Jahren seine Beziehungen in der Region ausgebaut, um mit der Unterstützung schiitischer Milizen eine „Achse des Widerstands“ gegen Israel zu schaffen. Die Huthis gehören ebenso dazu wie die Hisbollah-Bewegung. Weil die Hisbollah Israels Armee erfolgreich aus dem Libanon vertrieb, ist die Miliz für die Huthis in ihrem Bürgerkrieg eine Art Vorbild und Mentor, auch wenn beide Gruppen unterschiedlichen schiitischen Strömungen angehören.

Was wollen die Huthis?

Allem voran wollen die Rebellen den gesamten Jemen regieren und dafür internationale Anerkennung finden. Im Norden haben sie einen Zwerg-Staat errichtet, in dem sie ihre Ideologie auf totalitäre Weise durchsetzen, mutmaßlich etwa auch durch Folter und Tötung von Kritikern und Journalisten. Seit 2016 griffen sie verstärkt Infrastruktur in Saudi-Arabien wie auch den Vereinigten Arabischen Emiraten an, vor allem Öl-Anlagen um deren Militäreinsatz im Jemen zu untergraben. Etwa zur selben Zeit begannen sie mit Angriffen auf Handelsschiffe nahe der Meerenge Bab al-Mandab.

Wie gefährlich sind die Huthis für Israel und die Region?

Die Huthis haben zwar keinen so großen Nachschub an Waffen wie etwa die Hisbollah im Libanon, und bisher hatten die Angriffe vor allem symbolische Wirkung. Mit ihren Drohnen und Raketen bedeuten sie aber trotzdem eine Gefahr vor allem für den Schiffsverkehr in der Region wie auch für US-Militärstützpunkte. Weitere Angriffe auf Schiffe könnten der Wirtschaft empfindlich schaden und den Ölmarkt in Aufruhr versetzen. An der jemenitischen Küste vorbei führt einer der wichtigsten Schifffahrtswege der Welt, über den etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen. Mit zunehmenden Angriffen wachsen auch die Sorgen vor einer noch größeren Eskalation in der Region.

Wie stehen die Huthis zum Gaza-Krieg?

Die Huthis haben ihre Solidarität mit der Hamas erklärt und greifen Israel seit dem 7. Oktober auch an. Sie attackierten Israel vom Süden der Arabischen Halbinsel aus mit Drohnen und Raketen und trafen dabei die südisraelische Stadt Eilat. Sie haben zudem mit Angriffen auf alle Schiffe mit Israel-Bezug gedroht. In einer spektakulären Aktion enterten sie etwa ein Frachtschiff per Helikopter mit Sturmgewehren und filmten den Verlauf für Propagandazwecke. Bei den Angriffen auf Frachtschiffe fing ein US-Zerstörer auch mehrere Drohnen ab.

Welche Ziele verfolgen sie mit diesen Angriffen?

Die Angriffe decken sich mit der antisemitischen und antiamerikanischen Rhetorik der Huthis und der Hoffnung, breitere Anerkennung zu finden als Teil der iranischen „Achse des Widerstands“. Sie passen auch zur Darstellung der Rebellen, Opfer einer Verschwörung zwischen Israel, den USA und Saudi-Arabien zu sein, mit der sie Anklang finden in der jemenitischen Bevölkerung.

Mit den Angriffen lenken die Rebellen außerdem von eigenen Problemen ab und demonstrieren Stärke. (dpa/ab/cs)

Ihr Feedback
Teilen
Drucken

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ, DVZ-Brief oder DVZ plus 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt 4 Wochen kostenlos testen

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ, DVZ-Brief oder DVZ plus 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt 4 Wochen kostenlos testen

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Nach oben