Gamechanger für die Lieferkette

Die richtige Digitalstrategie schafft Wettbewerbsvorteile. Die Szenarioplanung sollte ein dabei ein wesentlicher Bestandteil sein. Technologie allein reicht allerdings nicht aus.

Foto: I-Stock (M)

Die Gestaltung zukunftsfähiger Supply Chains ist heute eine strategische Schlüsselaufgabe, bei der die digitale Transformation und der Einsatz von künstlicher Intelligenz eine zentrale Rolle spielen. Der Ausgangspunkt einer jeden erfolgreichen digitalen Transformation ist jedoch kein technologischer, sondern ein tiefgreifendes Verständnis des eigenen Geschäfts, des Marktes sowie der angebotenen Produkte und Services.

Im Rahmen der digitalen Transformation der Supply Chain wird häufig der zweite Schritt vor dem ersten gemacht: Es werden digitale Technologien eingeführt, ohne dass die Prozesse und die Organisation entsprechend angepasst sind. Dabei können die richtige Wahl und Implementierung digitaler Technologien zwar ein entscheidender Erfolgsfaktor sein, jedoch nur, wenn sie Hand in Hand mit einer konsequenten Transformation von Prozessen und Strukturen gehen.

Die Wahl der richtigen Supply-Chain-Strategie hängt maßgeblich davon ab, ob ein Unternehmen funktionale Produkte (langer Lebenszyklus, niedrige Margen, hohe Prognostizierbarkeit) oder innovative Produkte (kurzer Lebenszyklus, hohe Margen, geringe Prognostizierbarkeit) anbietet – oder eine Mischung aus beidem. Funktionale Produkte erfordern eine effiziente, kostenoptimierte Supply Chain, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Bei innovativen Produkten ist dagegen Agilität entscheidend, um auf unvorhersehbare Nachfrage schnell reagieren zu können und Wachstumspotenziale auszuschöpfen.

Agentic AI und Co.

Um die Effizienz in der Supply Chain zu optimieren, sollten gezielt digitale Werkzeuge eingesetzt werden, die eine Steigerung der Produktivität und der Ressourcenauslastung ermöglichen. Ein Beispiel hierfür ist der Einsatz von „Agentic AI“, einer Technologie, die Planungs-, Steuerungs- und Dispositionsaufgaben in der Supply Chain übernehmen kann. Auf Basis zugänglicher Daten und eines definierten Entscheidungsrahmens können KI-Agenten Bestellungen auslösen, Ressourcen priorisieren, Prozesse umplanen und die entsprechenden Informationen kommunizieren – und das mit minimalem Personaleinsatz. Diese Technologie ist besonders für Supply Chains funktionaler Produkte geeignet, da die Datenbasis häufig solide ist und Unsicherheiten, wie beispielsweise Nachfrage- oder Marktvolatilität, vergleichsweise gering sind.

Obwohl die Anwendung von KI-Agenten in der Supply Chain noch in den Kinderschuhen steckt, zeigen Pilotprojekte bereits das enorme Potenzial dieser Technologie. Für den erfolgreichen Einsatz sind eine umfassende, qualitativ hochwertige Datenbasis sowie standardisierte Prozesse, die ein klares Entscheidungsrahmenwerk ermöglichen, Voraussetzung. Neben KI-Agenten gibt es weitere digitale Werkzeuge, beispielsweise für eine bessere Produktionsplanung oder die Optimierung von Bestandsparametern, die dazu beitragen, Fertigungs- und Lagerkapazitäten sowie den Kapitaleinsatz effizienter zu nutzen.

Szenarioplanung und Prognosen

Um die Agilität der Supply Chain zu maximieren und die hohen Margen innovativer Produkte mit exzellentem Kundenservice zu realisieren, ist eine andere Digitalstrategie gefragt. Ein zentraler Ansatz ist dabei die Implementierung von Szenarioplanung mit Hilfe eines digitalen Zwillings. Dieser ermöglicht es, eine End-to-End-Supply-Chain zu modellieren, verschiedene Szenarien unter variierenden Parametern zu simulieren und das optimale Szenario zu identifizieren und umzusetzen. Gleichzeitig schafft ein digitaler Zwilling Transparenz über den Zustand der gesamten Lieferkette, so dass Engpässe, Verzögerungen und andere Herausforderungen frühzeitig erkennbar sind und schnell gegengesteuert werden kann.

Gerade Advanced Planning Systems (APS) bieten leistungsstarke Szenarioplanungsfunktionen, die die Agilität erheblich steigern können. Doch diese digitalen Tools allein reichen nicht aus, um die Agilität einer Supply Chain zu steigern. Vielmehr müssen auch die Prozesse und die Organisation auf Agilität ausgerichtet sein, beispielsweise durch kurze Fixierungshorizonte, schnelle Entscheidungsprozesse bei Störungen und hochfrequente, idealerweise ereignisgesteuerte Vertriebs- und Betriebsplanung (S&OP-Zyklen).

Auch „Advanced Forecasting“ kann zur Steigerung der Agilität beitragen. Gerade bei innovativen Produkten, deren Marktverhalten schwer prognostizierbar und dynamisch ist, ermöglicht eine präzise Vorhersage mit Hilfe von KI, Big Data und externen Daten, Marktveränderungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Doch auch hier gilt: Ohne agile Prozesse und Organisation bleibt selbst der beste Forecast wirkungslos, denn die Umsetzung in Planung, Produktion, Bestellung und Transport ist entscheidend.

Strategische Ausrichtung

Für eine erfolgreiche digitale Transformation in der Supply Chain ist der bloße Einsatz moderner Technologien nicht ausreichend. Entscheidend ist, dass die Digitalisierungsstrategie klar auf die zugrunde liegende Supply-Chain-Strategie ausgerichtet ist – sei es Effizienz oder Agilität. Nur wenn digitale Werkzeuge, Prozesse und Organisationen konsequent aufeinander abgestimmt sind, können Unternehmen ihre Supply Chain zukunftsfähig gestalten, Wettbewerbsvorteile sichern und Wachstumspotenziale ausschöpfen. So wird die Digitalisierung vom bloßen Werkzeug zum strategischen Gamechanger (rok)

Andreas Kick ist COO beim SCM-Lösungsanbieter 4flow in Berlin

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