Glosse: Singen für den Brückenunterhalt

Niedrigwasser, Verschlickung oder bröckelnde Brücken  – irgendwas ist immer. Und für alles findet sich eine Lösung – irgendwie. DVZ-Redakteur Jan Peter Naumann wagt wieder einen augenzwinkernden Blick voraus in das noch sehr junge Jahr 2023.

Ob sich für dieses Bauwerk noch eine Stimme erhebt? (Foto: dpa/Sebastian Gollnow)

Der Ukraine-Krieg und die Energiekrise überlagern vieles und dämpfen die sonst optimistische Stimmung zu Beginn des neuen Jahres. Vielleicht erhellt sich ja die eine oder andere Miene beim Lesen dieses Beitrags.

Januar

Trotz Einigung bei der Verteilung des Baggergutes aus der Elbe in Verklappungsräumen in der Nordsee haben Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen weiter Klärungsbedarf. Es geht vor allem darum, wie die Entsorgung finanziert wird. Hamburg schlägt dazu den Schlickkipfel vor. Das Backwerk mit einer Füllung, die sich in der Konsistenz und Farbe an die Sedimente im Fluss anlehnt, soll in allen Cafés und entlang der Elbe und auf Ausflugsschiffen verkauft werden.

Februar

Bleiben wir noch ein wenig an der Elbe. Der chinesische Staatskonzern Cosco gibt sich mit einem kleineren Beteiligungsanteil am HHLA-Containerterminal Tollerort zufrieden. Dennoch ist das Thema Hafeninfrastruktur damit nicht abgeschlossen. Um sich doch noch weitere Anteile zu sichern, verhandelt Cosco mit dem Miniaturwunderland über eine strategische Partnerschaft. Über den Hafenterminals auf der Modelleisenbahnanlage soll künftig die Cosco-Flagge wehen. Im Gegenzug spendiert Cosco den Bau der Chinesischen Mauer quer über die Anlage.

März

Mit der Einführung des 49-Euro-Tickets steigt der Fahrgastdruck auf die Deutsche Bahn. Sie reagiert mit weiteren Varianten der Bahncard. Neben den bekannten Ausgaben 25, 50, und 100 sind auch alle dazwischen liegenden Zahlen möglich, also auch die Bahncards 36, 45 oder 90. Die darauf vermerkten Werte sind keine Rabatte, sondern lehnen sich an den Grad der Verspätung des Zuges an. Nicht erhältlich sind Karten im Zahlenbereich 1 bis 10.

April

Die erste Hitzewelle trifft die Binnenschifffahrt und sorgt wieder für niedrige Pegel. Experten der Universität Gagastedt an der Marmel entwickeln daraufhin das System Bubbles gegen Trouble. Es ist ein Blasenbad, das den Schiffen Auftrieb gibt. Einmal über Bord gekippt bildet sich unter dem Schiffsrumpf ein Teppich aus Luftblasen, der das Schiff anhebt und über die kritischen Pegelstände wie Kaub am Rhein hinweghebt. Die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) erwägt, Bubbles gegen Trouble als bordseitige Ausrüstung vorzuschreiben.

Mai

Auf die Forderung Oliver Krischers (grüner Verkehrsminister in NRW) nach mehr Tempo bei der Sanierung von Brücken in Deutschland reagiert das Bundesverkehrsministerium. Es legt eine CD auf mit den bekanntesten Musiktiteln zum Thema Brücken. Käufer kommen in den Genuss von Werken wie „Über sieben Brücken musst du gehen“, „Bridge over troubled water“ oder „Sur le pont d´Avignon“, gesungen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Straßenmeistereien und der Autobahn GmbH des Bundes. Der Erlös fließt in die Erhaltung und den Neubau von Brücken. Bundesverkehrsminister Volker Wissing: „Mit dieser Initiative kommen wir beim Thema Brücken einen entscheidenden Schritt voran und sichern die Bauwerke, bevor es heißt, ‚der Klügere gibt nach‘.“

Juni

Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ seilen sich von der Rader Hochbrücke ab, um sich aus Protest gegen die Emissionen der Schifffahrt auf dem Nord-Ostsee-Kanal festzukleben. Da Wasser bekanntlich keine Balken hat, endet die Aktion in einer großen Planscherei und mit dem Einsatz der Seenotrettung.

Juli

Wegen des Fachkräftemangels sehen sich immer mehr Logistikunternehmen in der Gamer-Szene nach geeigneten Kandidaten um. Im E-Sport komme es auf taktisches Geschick, Reaktionsschnelligkeit und auf Teambildung an, lautet das Argument in den HR-Abteilungen. Wer ein Aufbauspiel beherrscht, kommt auch als Mitarbeiter in der Abteilung für Geschäftsentwicklung infrage. Meister der Genres wie „Mafia 3“ gelten vor diesem Hintergrund als durchsetzungsfähig. Für Spieler, die Erfahrungen mit Simulationen im Lkw- oder Flugzeugbereich gemacht haben, ist der Wechsel auf den Fahrersitz oder ins Cockpit nur der logische Schritt.

August

Die zweite Hitzewelle mit Trockenheit legt sich über Deutschland. Weil sich die Entwicklung von Bubbles gegen Trouble wegen Störungen in der Lieferkette noch hinzieht, greifen die Binnenschiffer zu anderen Maßnahmen, um abrutschende Pegel zu überwinden. Rutschen ist dabei das Stichwort. Die Nachfrage nach Schmierprodukten steigt rasant an, weil jeder Schiffseigner seinen Pott unter dem Kiel mit einer dicken Schicht Fett oder ähnlichem einstreicht. Der Gleiteffekt über den Grund hilft, die mindestfahrbare Wassertiefe noch ein wenig auszureizen.

September

Die angespannte Liefersituation beim Dieselzusatz Adblue führt zu einer Exklusivvereinbarung mit der Popsängerin Donna Summer. Sie textet ihren Hit „I need some hot stuff, baby, tonight“ um in „I need some Harnstoff“. Von jeder verkauften Single fließt ein Teil des Erlöses in die Förderung zur Produktion der Harnstofflösung Adblue, die für die Abgasnachbehandlung von Dieselmotoren wichtig ist.

Oktober

Nachdem sie sich lange geziert hat, stimmt die FDP doch noch für ein Tempolimit von 130 auf Autobahnen. Der Kompromiss sieht vor, dass die Beschränkung dort gelten soll, wo die Distanz zwischen den Städten rund 130 Kilometer (Hin- und Rückweg) beträgt. Als erste Teststrecke wird die A1 zwischen Hamburg und Lübeck ausgewählt. Das Bundesverkehrsministerium ist sich sicher, dass für diese Regelung auch bundesweit ausreichend Verkehrsschilder vorhanden sein werden.

November

Die Versorgung Deutschlands mit LNG ist durch die drei Terminals in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin ausreichend abgesichert. Dennoch besteht die Gefahr, dass mit Fake-Gas dubiose Geschäfte gemacht werden. Vor allem heiße Luft lasse sich gut verkaufen, warnt die Bundesnetzagentur.

Dezember

Die geschlechtergerechte Sprache, in der nicht nur Männer explizit genannt werden, sorgt weiter für Diskussionsstoff. Beim Gendern haben wir uns inzwischen an die Vorständin gewöhnt. Aber: Sind dann mehrere weibliche Führungskräfte Vorstände oder Vorständinnen? Ist RegenrInnen eine Genderversion von Regener? Und wie erkläre ich der im Gendern sonst sicheren Verkäuferin im Baumarkt den Begriff Wandfarbe innen? Sachdienliche Hinweise bitte an die Redaktion.

 

 

 

 

 

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