DM erhält Deutschen Logistik-Preis 2020

Die Drogeriemarktkette hat unter anderem eine digitale Palettenplanung entwickelt. Sie kommt im hochautomatisierten Verteilzentrum bei Berlin zum Einsatz und erleichtert später die Filiallogistik. Zudem gibt es dieses Jahr einen Sonderpreis.

Bei der Preisverleihung (von links): Eike-Niklas Jung und Michael Sternbeck von DM mit dem Deutschen Logistik-Preis, Anja Kircher (DM), Christina Thurner (BVL/Loxxess), Matthias Wissmann (Juryvorsitzender), Logistik-Geschäftsführer Christian Bodi und Katrin Stiemer (beide DM) sowie der BVL-Vorstandsvorsitzende Prof. Thomas Wimmer. (Foto: Bublitz/BVL)

Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) hat am Mittwochabend die Drogeriemarktkette DM für ihr Projekt „Integrativ, intelligent, automatisiert“ mit dem Deutschen Logistik-Preis 2020 ausgezeichnet. Das Handelsunternehmen setzte sich am Ende gegen den Lebensmittelhersteller Barilla Deutschland, die Volkswagen Konzernlogistik und das Berufsbekleidungsunternehmen Engelbert Strauss durch.

Ausgangspunkt des DM-Konzepts war der Bau eines Verteilzentrums im Güterverkehrszentrum in Wustermark vor den Toren Berlins. Der zwölfte Distributionsstandort der Handelskette in Deutschland ist seit April in Betrieb. In die Anlage flossen nach Unternehmensangaben etwa 100 Mio. EUR. Von dem Standort in Brandenburg aus beliefert DM die Filialen von Nordbayern bis an die Ostsee. In den zwölf Verteilzentren werden Paletten zusammengestellt und nach der Lieferung an die Filialen von den DM-Mitarbeitern in die Regale eingeräumt.

Die neuartige Automated-Case-Picking-Lösung des Partners Swisslog für die vollautomatisierte Kommissionierung von Mischpaletten ist das Herz des neuen Verteilzentrums. Abgesehen von einem höheren Automatisierungsgrad unterscheidet sich das Lager von den übrigen DM-Anlagen vor allem durch die Möglichkeit zur individuellen, sequenzgenauen Kommissionierung anstelle einer durch Kommissionierplätze und -routen vorgegebenen Reihenfolge.

Digitaler Zwilling für 2.000 Filialen

Ein durchgängig datenbasierter Planungsprozess, der auf dem digitalen Zwilling jeder einzelnen Filiale basiert, bildet die Grundlage des Konzepts. Dazu wurden alle 2.000 DM-Märkte mit ihrer jeweiligen Regalarchitektur und den individuellen Artikelplatzierungen digitalisiert. Anhand des Zwillings werden die Artikel auf den Wareneingangspaletten aus Wustermark intelligent kombiniert, was schließlich die Filiallogistik für die Mitarbeiter erleichtert.

Auf Basis des digitalen Zwillings wird in einer eigens entwickelten Softwareanwendung zunächst festgelegt, welche Kolli gemeinsam auf welche Palette gepackt werden sollen. Das entscheidende Kriterium hierfür ist die räumliche Nähe der Produkte zueinander im Verkaufsregal in der jeweiligen Filiale. Innerhalb der Paletten wird anschließend nach demselben Kriterium sortiert. „Hierbei existiert jedoch ein Zielkonflikt zwischen der räumlichen Nähe, der Stabilität der einzelnen Einheiten und dem Gewicht“, sagt Eike-Niklas Jung, Bereichsleiter Technik bei DM. „Während Kommissionierer diese Aufgabe ad hoc denkerisch lösen, ist für die Kommissionierung per Roboter ein vorgeschalteter Planungsprozess notwendig.“

Kern ist hier ein Algorithmus. Er liefert zwar nicht das mathematische Optimum, verbessert jedoch schrittweise sein Ergebnis durch eine Parametervariation, bis die entsprechenden Zielwerte für die einzelnen Kriterien erreicht sind. Das Ergebnis ist ein digitales Abbild der Palette mit allen notwendigen Informationen, die der Roboter zur Platzierung der einzelnen Kolli benötigt.

Mit Hilfe dieses stark automatisierten Prozesses werden die auf sortenreinen Originalpaletten eintreffenden Artikel für die sieben Kommissionierroboter so aufgereiht und ihnen angedient, wie sie für den physischen Bau der Filialmischpaletten benötigt werden. Mit ihrem Mehrfachgriff aus vier einzelnen Fingern für jeweils ein einzelnes Kollo erzeugen die Roboter eine vergleichsweise hohe Kommissionierleistung, vor allem bei großen und schweren Produkten. Daraus ergibt sich ein weiterer ergonomischer Vorteil für die Mitarbeiter. Denn die nicht roboterfähigen Artikel, die noch manuell auf die Palette gepackt werden müssen, sind überwiegend kleinere und leichtere Einheiten.

Die bereitgestellten Kolli werden zunächst vermessen, anschließend bringt sie ein Drehroboter in die richtige Ausrichtung. So entstehen Reihen von bis zu vier Kolli, auf die dann der Kommissionierroboter zugreifen kann. Die Packstücke werden von zwei Seiten auf der Palette abgelegt. Um die volle Leistung zu erreichen, senkt sich während des nächsten Greifvorgangs die Palette ab, sodass der Roboter zeitsparend immer in einem begrenzten Höhenfenster arbeiten kann. Mit fortschreitendem Packvorgang sichert ein Wickel-Stretcher die Kolli für den Weitertransport auf der Palette. Eine Elektrohängebahn mit 39 Fahrzeugen transportiert sämtliche Paletten innerhalb des Lagers; in einem Rundlauf verbindet sie alle Funktionsbereiche.

Die Mitarbeiter der Filialen wurden mit insgesamt etwa 30.000 Smartphones ausgestattet, die ihnen beispielsweise helfen, die Laufwege zum Befüllen der Regale zu optimieren. In einer App wird dazu der digitale Filialzwilling dargestellt. Außerdem können die Mitarbeiter die Zuordnung der Produkte auf die Regale – zum Beispiel bei Umbauten – direkt im digitalen Ladenplan aktuell halten.

Im Ergebnis kann DM den Aufwand in der Logistik jährlich um mehrere Millionen Euro senken. Die Einsparungen resultieren unter anderem aus geringeren Kosten pro Kollo durch den hohen Automatisierungsgrad, aus einem um mehrere 10.000 Stunden reduzierten Zeitaufwand in den Filialen und aus dem um fast 2 Mio. km verringerten LKW-Transportaufkommen. „Wir vollziehen mit diesem Projekt einen Generationswechsel in der Technologie unserer DM-Verteilzentren“, sagt DM-Technikchef Jung.

Ausschlaggebend für die 17-köpfige Fachjury unter Vorsitz von Matthias Wissmann war die Konsequenz, mit der das DM-Projekt auf- und umgesetzt wurde. „Ausgehend vom Menschen, von den Kunden und von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, wurde ein Logistiksystem (weiter)entwickelt, das den Menschen Erleichterung bringt. Gleichzeitig erhöht es die Kommissionierleistung und senkt die Kosten pro Kollo. So trägt es zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens bei und ermöglicht es, rund 1.500 t CO2 allein im LKW-Transport einzusparen“, fasst der Juryvorsitzende die Ergebnisse zusammen.

Sonderpreis geht an Volkswagen

In diesem Jahr hat die BVL einen Sonderpreis „Digitalisierung der Logistik“ verliehen. Er geht an die Volkswagen Konzernlogistik für ihr Projekt „Der digitale Blick“. Dahinter verbirgt sich kein klassisches Logistikprojekt, sondern eine interne Kampagne für eine stärker digitalisierte Arbeit. „Das die Mitarbeiter mitnehmende, hoch motivierende Konzept, logistische Expertise und Digitalisierung zusammenzubringen, verdient eine Auszeichnung“, meinte die Jury und schlug einen Sonderpreis vor. Der Vorstand der BVL folgte der Empfehlung.

„Um digitale Entwicklungspotenziale für den eigenen Arbeits- und Fachprozess zu identifizieren und nutzen zu können, braucht es neben Hintergrundwissen und Praxiserfahrung auch eine offene Einstellung gegenüber der Digitalisierung“, sagt Thomas Zernechel, Leiter der Volkswagen Konzernlogistik, gegenüber der DVZ und fügt hinzu: „Den Zugang zur Digitalisierung ermöglichen wir bei uns, indem wir nicht zuerst über die Digitalisierung unserer Geschäftsprozesse sprechen. Stattdessen zeigen wir zunächst auf der persönlichen Ebene die Vorteile der Digitalisierung für Selbstorganisation und Zusammenarbeit und ermöglichen so den Mitarbeitern einen Einstieg in das Thema mit einer geringen Hemmschwelle aber vielen motivierenden Erfolgserlebnissen.“

Bleiben Sie ganz nah am Kongressgeschehen und verfolgen Sie unsere zeitnahe Berichterstattung über den Deutschen Logistik-Kongress 2020 auf unserer Sonderseite. (bo/cs)

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