Rumänien: Infrastrukturmängel hemmen ukrainische Getreideexporte

Ukrainisches Getreide kann nicht im erhofften Ausmaß über Rumänien exportiert werden. Die Transport-Infrastruktur des Landes weist massive Schwachstellen auf.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat das benachbarte EU-Land Rumänien mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, als Ausweichroute für den Export von ukrainischem Getreide zu dienen. Wegen der mangelhaften Transport-Infrastruktur hat Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis jüngst dieses Problem als „logistische Herausforderung von epischem Ausmaß“ bezeichnet.

Mühsamer Transport nach Constanta

Florin Goidea, Generaldirektor des größten rumänischen Schwarzmeer-Hafens Constanta, sah im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur keine schnelle Lösung. Mühsam sind schon allein die Transportwege aus der Ukraine bis nach Constanta. „Mehr als 80 Prozent des ankommenden ukrainischen Getreides erreichen unseren Hafen auf kleinen Frachtschiffen über die Donau“, sagt Goidea.

Das Donaudelta bildet im Südosten die ukrainisch-rumänische Grenze. Diese Flußfrachter müssen donauaufwärts fahren, von den ukrainischen Donauhäfen Reni und Ismail aus - zunächst auf dem mäandernden Chilia-Arm des Deltas bis nach Cernavoda im Landesinneren und von dort auf dem Donau-Schwarzmeer-Kanal nach Constanta. Das sind von Ismail aus gut 320 Kilometer.

Probleme mit allen Verkehrsträgern

Der Weg per Lastwagen ist auch schwierig: Die Lkw aus der Ukraine müssen wegen der Formalitäten teils wochenlang an den Grenzübergängen warten. Im Hafen Constanta wiederum verursachen schon die täglich 20 bis 25 ankommenden ukrainischen Getreidelaster Gedränge, wie Goidea beklagt. Der Zugang auf Schienen ist so gut wie blockiert, weil die rumänische Staatseisenbahn CFR am Hafenbahnhof 700 schrottreife Waggons abgestellt hatte - von denen inzwischen allerdings mehr als die Hälfte entfernt wurden.

Hafenbahnhof nicht funktionsfähig

Der Hafenbahnhof ist nach drei Jahrzehnten Vernachlässigung sogar von Büschen und Bäumen überwuchert, berichtete der private rumänische Sender „ProTV“ am Samstagabend. Von den alten Waggons seien viele so verrostet, dass sie nicht mehr auf Schienen bewegt werden könnten. 35 Schienenstränge auf einer Strecke von 14 Kilometern müssten erneuert werden. Bis dieser Bahnhof wieder funktionsfähig sei, werde es etwa fünf Monate dauern. Die Regierung hat dafür 200 Millionen Lei (40,8 Mio. Euro) bewilligt.

Wohl gebe es ein Projekt der Regierung zur Erweiterung und Modernisierung des Hafens, doch sei dieses erst im Stadium von geplanten Machbarkeitsstudien, sagt Goidea. Es gehe unter anderem darum, die Zahl der Anlegestellen von derzeit 140 um 17 zu erhöhen und das Hafenbecken tiefer zu machen, um größere Schiffe zulassen zu können. Die Kosten schätzt der Hafendirektor auf eine halbe bis eine Milliarde Euro, über die Finanzierung seien Verhandlungen mit der Weltbank im Gange. Die Hafenverwaltung wolle dazu auch EU-Mittel beantragen.

Geringe Exportmengen

Seit Beginn des Ukraine-Krieges bis Anfang Juni hätten 15 Schiffe mit insgesamt 242.000 Tonnen ukrainischem Getreide Constanta verlassen, sagte Goidea. Das wären gerade einmal 1,21 Prozent der 20 Millionen Tonnen Getreide der Ernte aus dem Vorjahr, welche die Ukraine derzeit exportieren will. Im ganzen Jahr 2021 sind über Constanta 25 Millionen Tonnen Getreide aus rumänischer Produktion und aus Nachbarländern exportiert worden. Und die nächste Ernte steht in Kürze vor der Tür. (dpa/ab)

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