Amazon Global Logistics: „Nicht auf die Margen angewiesen“

Der E-Commerce-Riese erweitert sein logistisches Angebot um See- und Luftfrachttransporte. Von der DVZ befragte Branchenexperten sind davon nicht überrascht. Es sei eine konsequente strategische Weiterentwicklung und zugleich eine Gefahr für andere Marktteilnehmer.

Der diese Woche bekannt gewordene Vorstoß von Amazon in die See- und Luftfrachtspedition wird bei zahlreichen Marktakteuren erst einmal dazu geführt haben, dass ihnen die Luft weggeblieben ist. Eine echte Überraschung ist es aus Sicht von Branchenkennern, die die DVZ befragt hat, indes nicht. „Es war zu erwarten“, sagt beispielsweise Andreas Janetzko, Geschäftsführer der Kölner Spedition MBS Logistics. Er spricht davon, dass es eine logische strategische Weiterentwicklung des Amazon-Angebots sei.

Das neue Angebot Amazon Global Logistics (AGL) richtet sich an die Teilnehmer des Services Fulfillment by Amazon, also an all jene Händler auf der Plattform, die auch weitere Logistikdienstleistungen des Konzerns in Anspruch nehmen. Neben Luftfracht und Standard-Seefracht für FCL- und LCL-Sendungen bietet der Konzern dabei auch einen Express-Seefrachtservice. Die Kunden können Waren aus Asien in die USA, Europa, Japan und UK versenden. Das „Handelsblatt“ hatte als Erstes über den Vorstoß berichtet.

Für Amazon ist es der logische nächste Schritt

Amazon sei grundsätzlich stark effizienzgetrieben, sagt Prof. Christian Kille, Logistikexperte von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt. Wenn eine Lücke bei den eigenen Transporten auffalle, suche der Konzern nach Wegen, diese zu füllen. Dies sei auch in diesem Fall geschehen. Hinzu komme, dass Amazon im Zuge von AGL seinen Marktplatz-Kunden einen Mehrwert bieten könne, indem es ihnen Frachtkapazitäten anbieten könne, ohne dabei selbst einen Nachteil zu haben. Faktisch also eine Win-win-Situation für die Amerikaner.

Amazon hat seine logistische Leistungspalette in den vergangenen Jahren konsequent ausgebaut und dabei auch schon die Grundlagen für die Global-Logistics-Offerte gelegt. So wurde schon vor einigen Jahren eine Lizenz als NVOCC erworben, die zumindest im US-Verkehr notwendig ist. Außerdem hat der Konzern bekanntermaßen konsequent in den Aufbau eines großen Netzes von Fulfillment-Zentren und in die letzte Meile investiert. Und mit seinem Freight-Partner-Programm baut Amazon ein Subunternehmer-Netz im Landverkehr auf.

Amazon kann günstiger anbieten als andere Marktteilnehmer

Laut „Handelsblatt“ unterbietet Amazon mit seinem neuen Seefrachtangebot gerade mittelständische Spediteure, die bisher den Großteil der Sendungen für die vielen kleinen Marktplatz-Händler abwickeln dürften, massiv. Es ist die Rede von etwa 7.000 US-Dollar pro FEU für die Verbindung Ningbo-Rotterdam, während der Spotpreis derzeit bei etwa 14.000 Dollar liege. Diese Werte werden beispielsweise auch auf der Plattform Sellerforum.de genannt.

Experte Kille zufolge kann Amazon so günstig anbieten, weil der Onlineriese nicht darauf angewiesen sei, im reinen Transportgeschäft entsprechende Margen zu verdienen. Kille: „Die werden woanders erzielt.“ Mit dem neuen Angebot mache Amazon indes zusätzlichen Umsatz durch externe Marktplatz-Unternehmen. Verlierer seien hingegen in dem Geschäft tätige Spediteure, vermutet er, da sie zusätzlich unter Preisdruck kämen.

Hans J. Willam, geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens Worldwide Consultants in Logistics (WCL), sieht das ganz ähnlich, glaubt aber, dass nicht nur Spediteure betroffen sind. Er geht davon aus, dass einige Marktplatz-Händler mittlerweile so groß sind, dass sie als BCOs direkte Frachtkontrakte mit Reedereien haben. Sollte Amazon Global Logistics für diese Verlader attraktiv genug sein, müssten somit auch einige Carrier um bisher direkt kontrahierte Volumen fürchten.

Möglicher Schub für den internationalen E-Commerce

Experte Kille kann an dem neuen Angebot indes auch etwas Positives ausmachen. Wenn gerade die  kleineren auf Amazon Marketplace tätigen E-Commerce-Unternehmen künftig zu niedrigeren Preisen ihre Waren versenden könnten, sei das für sie eine gute Möglichkeit der Internationalisierung, ohne Bestände in anderen Ländern aufbauen zu müssen. Perspektivisch könne damit der interkontinentale E-Commerce stark wachsen, meint Kille. (rok/sr)

Ihr Feedback
Teilen
Drucken

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen kostenlos testen

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen kostenlos testen

Nach oben