Azubis: Logistik ist besser als ihr Ruf

Die Transportbranche leidet darunter, dass sich immer weniger Menschen für eine Ausbildung entscheiden. Doch welchen Ruf genießen Logistik-Arbeitgeber unter dem Fach-Nachwuchs? Eine Bestandsaufnahme.

(Illustration: iStock/Sadeugra)

Die Zahlen der Deutschen Industrie- und Handelskammer dürften in jedem Transport- und Logistikunternehmen die Alarmglocken schrillen lassen: Nicht einmal jeder zweite Ausbildungsplatz konnte 2021 besetzt werden, die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge sank gemessen am Stand von 2018 um 20 Prozent.

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Prozent der Ausbildungsstellen in der Logistik blieben 2021 unbesetzt.uelle: DIHK

Besonders dramatisch ist die Lage beim Fahrpersonal: Hier sind im vergangenen Jahr noch 2.825 Auszubildende an den Start gegangen, während es 2018 noch 3.689 Jung-Fahrer waren. Das macht eines klar: Der heutige Mangel an Ausbildungswilligen wird den morgigen Mangel an Fachkräften weiter verschärfen.

Doch wo liegen die Ursachen dafür, dass die Ausbildungsplätze in der Logistik so wenig attraktiv erscheinen? Das wollte die Logistikinitiative Hamburg genau wissen und hat sich gemeinsam mit der Bremischen Logistik- und Hafenvertretung (BHV), der NBS Northern Business School und den Logistik Lotsen unter Logistik-Auszubildenden umgehört. An der Umfrage haben sich 130 angehende Logistikfachleute beteiligt – und ein deutlich positiveres Bild von dem Ausbildungsklima der Branche gezeichnet als allgemein angenommen wird.

Sicht von Innen

Hier zeigt sich allerdings auch ein Schwachpunkt der Auswertung, denn es geht um die reine Innensicht. Wie die Branche von Jugendlichen gesehen wird, die noch nicht mit den Themen Transport und Logistik in Berührung gekommen sind, ist nicht nachvollziehbar. Dennoch lassen sich durchaus einige Empfehlungen für den Umgang mit dem potenziellen Branchennachwuchs ableiten.

So zeigt sich, dass drei Faktoren einen besonders hohen Stellenwert bei der Entscheidung für eine Ausbildung in der Logistik haben. Für knapp 46 Prozent der Befragten war die Zukunftsfestigkeit der Logistik dafür ausschlaggebend, dass sie sich für die Branche entschieden haben. Gut 41 Prozent gaben an, dass der Rat von Eltern und Freunden wesentlichen Einfluss gehabt habe, und für fast 39 Prozent war die Aussicht, international arbeiten zu können, wichtig. Auch die Vielfalt der Arbeitsmöglichkeiten (24,4 Prozent) sowie das Angebot weitreichender Entwicklungschancen (26 Prozent) zählen zu den Pluspunkten, die für das Personalmarketing genutzt werden könnten.

Das Image ist gut

„Für die aktuelle Generation Z und die nachfolgende Generation Alpha sind andere Kriterien bei der Wahl eines Ausbildungsunternehmens relevant als früher. Darauf müssen sich die Unternehmen einstellen, um weiterhin als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden“, erläutert Michael Appich, Projektmanager Personal & Qualifizierung bei der Logistik-Initiative Hamburg, dazu. Allerdings scheint zumindest in den Augen der Auszubildenden das bisher immer wieder monierte Imageproblem der Logistik weniger groß zu sein, als angenommen. Fast 69 Prozent der Befragten stimmten der Behauptung zu, dass die Logistik in der breiten Öffentlichkeit ein gutes Image habe.

Eine ebenso gute Einschätzung gab es bei der Frage, ob das eigene Unternehmen die unterschiedlichen Kommunikationskanäle erfolgreich nutze, um junge Menschen zu erreichen. Hier sehen ebenfalls 69 Prozent der Befragten die Branche auf einem guten Weg. Doch wie genau und über welche Kanäle können und sollen Unternehmen der Transport- und Logistikbranche den potenziellen beruflichen Nachwuchs ansprechen? Knapp 90 Prozent gaben als wichtigen Kanal Instagram an.

DVZ Der Podcast

Dass die Logistik in Deutschland ein massives Fachkräfteproblem hat, ist bekannt. Vor allem den dringend benötigten Nachwuchs zieht es offenbar in andere Wirtschaftsbereiche. Welche Herausforderungen damit verbunden sind und wie die Branche gegensteuern kann, darüber spricht Sven Eisfeld, Deutschland-Chef bei Hellmann Worldwide Logistics, mit DVZ-Redakteur Sven Bennühr. Jetzt reinhören!

Der richtige Kanal macht es

Fast 49 Prozent halten die Kommunikation via Youtube für sinnvoll, und gut 47 Prozent gaben TikTok als geeigneten Weg an. Das Profi-Netzwerk LinkedIn dagegen schnitt mit einer Quote von knapp 34 Prozent deutlich schwächer ab, ebenso wie Facebook, das nur noch rund 25 Prozent der Befragten als relevant ansehen. Diesen Wandel in der Wahl der Kommunikationswege gilt es demnach, bei künftigen Kampagnen zu berücksichtigen.

Ein ebenso wichtiger Punkt für die jüngeren Generationen ist, wie sehr die Transportbranche sich mit relevanten, gesellschaftlichen Aspekten auseinandersetzt. Auch hier erteilten die Befragten ihren Unternehmen gute Noten: So sind rund 85 Prozent davon überzeugt, dass das Thema Nachhaltigkeit angemessen berücksichtigt und vorangebracht wird. Über 73 Prozent sind darüber hinaus davon überzeugt, dass wichtige Zukunftsthemen umfassend in den Berufsschulen behandelt werden.

Mehr Fitness für die Zukunft

„Für die individuellen Karrierewege wird es immer wichtiger werden, wesentliche technische Entwicklungen grundlegend und vorausschauend zu verstehen sowie deren Potenzial für die Logistik beurteilen zu können“, sagt Sven Hermann, Mitinitiator der Befragung und Professor für Logistik und Supply Chain Management an der NBS Northern Business School. Digital Leadership werde zunehmend die Zukunftsfähigkeit der Logistikunternehmen bestimmen und auch im Wettbewerb um Nachwuchskräfte zum zentralen Kriterium werden.

Kein Wunder, dass also die kommenden Generationen der Logistikfachleute besonders großen Wert auf sogenannte Future Skills legt. So sehen es 42 Prozent aller Befragten als essenziell an, dass die Berufsschulen mehr technologische Kompetenzen vermitteln sollten. Über 57 Prozent wünschen sich eine intensivere Vermittlung von digitalen Schlüsselkompetenzen, und gut 36 Prozent sehen den stärkeren Aufbau transformativer Kompetenzen als wichtig an.

Die Vertiefung der „klassischen“ Kompetenzen wie Lösungsfähigkeit und Resilienz ist hingegen noch für 42 Prozent der Befragten entscheidend. Eine neue, zeitgemäße Zusammenstellung der Lerninhalte scheint also mittlerweile angebracht.

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