Klimafreundlich handeln – jetzt!

Für die Klimakrise gilt das Gleiche wie für die Coronakrise: Das 
Wichtigste ist, sich darüber im Klaren zu sein, dass schnell etwas passieren muss. Denn ein Zögern kann fatale Folgen haben. Ein Kommentar von Claudius Semmann.

Für die Logistikwirtschaft gibt es derzeit drei große Herausforderungen: die Coronakrise, die Digitalisierung und den Klimawandel. Das Virus ist gefährlich, lässt sich in den nächsten Jahren aber wahrscheinlich mit einem Impfstoff in Schach halten. Die Digitalisierung sorgt für Probleme, die gelöst werden müssen. Sie sollte jedoch nicht als Bedrohung gesehen werden, sondern als Hoffnungsträger. Die Krisenmonate haben gezeigt, welchen Nutzen digitale Werkzeuge stiften können. Der Klimawandel, der nach aktuellem Stand wohl unumkehrbar ist, wird die Welt allerdings mit großer Wucht treffen. Die Erde hat sich seit der vorindustriellen Zeit um etwa 1 °C erwärmt. Jedes weitere Grad hätte katastrophale Folgen.

Das Motto des Deutschen Logistik-Kongresses, der ab heute coronabedingt rein digital stattfindet, lautet „Nachhaltig gestalten“. Ist es in Zeiten zunehmender Risiken für die Gesundheit und die Konjunktur überhaupt der richtige Zeitpunkt, über Nachhaltigkeit zu reden? Unbedingt.

Die Klimakrise macht keine Pause. Auch hier ist die Lage zwar nicht katastrophal, aber ernst. Das Katastrophenszenario lässt sich größtenteils noch vermeiden. Die Zeit ist allerdings knapp, denn Emissionen lassen sich nicht schnell senken. Nirgendwo sieht man das besser als im Verkehrssektor, in dem die Treibhausgasemissionen in Deutschland in den vergangenen 30 Jahren auf hohem Niveau nahezu stagniert haben.

Das Fatale der Coronakrise ist, dass die Klimaschutzbemühungen nun noch weiter verzögert werden. Noch ist offen, wie viel Geld verloren geht, das für Investitionen und Förderungen fehlen wird. Das Virus hat aber auch die Ängste stärker ins Bewusstsein gerückt. Corona zeigt die Verwundbarkeit der Menschen – und auch der Lieferketten. Die Klimakrise wird greifbarer. Sie hatte auch deshalb nie Priorität, weil sie etwas sehr Abstraktes war. Nun ist das Thema so präsent, dass es auch in Coronazeiten nicht verschwindet.

Die Hoffnung liegt in der Mischung der Maßnahmen: Verkehr vermeiden und verlagern, die Effizienz verbessern und fossile Energiequellen ersetzen. Am wenigsten bringt mehr Effizienz, was viele Unternehmen gern als „nachhaltig“ verkaufen. Zu beachten sind hier die Bumerangeffekte, die Effizienzgewinne zu einem ordentlichen Teil zunichtemachen. So könnten energieeffizientere Fahrzeuge dazu führen, dass mehr gefahren wird.

Für das Vermeiden, Verlagern und Ersetzen muss klar sein: In jeder Lösung steckt auch ein Widerspruch, weshalb sie aber nicht sofort verworfen werden sollte. Auch Übergangstechnik wird gebraucht, weil eben zum Beispiel der Umstieg auf alternative Energiequellen ein sehr langer Prozess ist. Ein Warten auf die perfekte Lösung ist zu gefährlich. Denn wenn es eine Lehre aus der Pandemie gibt, dann die, dass alles schnell ins Negative kippen kann.

Die Vergangenheit hat allerdings gezeigt: Mit kleinen Schritten wird man im Verkehrssektor nichts erreichen. Und ob die größeren gelingen, liegt zuallererst in den Händen der Politik. Sie muss die Rahmenbedingungen schaffen und ambitionierte Ziele setzen. Es müssen jetzt die Entscheidungen für die Welt in 10, 20 und 30 Jahren getroffen werden. Nicht alle werden sofort richtig sein. Und nicht alle Unternehmen werden diesen Wandel überstehen. Trotzdem muss von allen verlangt werden, Klimaschutz ernst zu nehmen.

Das Kongressmotto „Nachhaltig gestalten“ ist richtig gewählt, angesichts der Dringlichkeit nur zu zaghaft formuliert. Dem Veranstalter, der Bundesvereinigung Logistik (BVL), ist wichtig, auch das Soziale und Ökonomische aufzunehmen. Doch beide Aspekte werden künftig stark von der ökologischen Komponente beeinflusst. „Klimafreundlich handeln – jetzt!“ müsste es heißen. Doch Worte allein reichen sowieso nicht. In den kommenden Tagen, Monaten und Jahren wird sich zeigen, wie ernst Politik, Unternehmen und Menschen den Klimaschutz nehmen.

Ihr Feedback
Teilen
Drucken

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen kostenlos testen

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen kostenlos testen

Nach oben