Vorschlag: Auf NOK-Abgaben ganz verzichten

Die temporäre Aussetzung der Befahrensabgaben auf dem Nord-Ostsee-Kanal (NOK) wird im ganzen Markt begrüßt. Jens Knudsen, Vorsitzender der Initiative Kiel-Canal, denkt schon einen Schritt weiter und fragt sich, ob eine dauerhafte Aussetzung nicht sogar die bessere Lösung darstellen würde.

Die temporäre Aussetzung der Befahrensabgaben auf dem Nord-Ostsee-Kanal wird im ganzen Markt begrüßt. (Foto: Istock)

Die nun auch durch den Bundestag formell besiegelte Aussetzung der Befahrensabgaben auf dem Nord-Ostsee-Kanal (NOK) wird durch den Markt begrüßt.

So stellt Jens B. Knudsen, Vorsitzender der Initiative Kiel-Canal (IKC), gegenüber der DVZ-Schwesterpublikation „THB“ unter anderem fest, dass diese Entscheidung grundsätzlich „ein wichtiger Schritt ist, um die Wettbewerbsfähigkeit des Nord-Ostsee-Kanals wiederherzustellen“. Damit würdigten Parlament und auch Bundesregierung die hohe volkswirtschaftliche Bedeutung der verkehrsreichsten, künstlichen Wasserstraße der Welt. Knudsen weiter: „Der NOK sichert zudem über 3.000 Arbeitsplätze in der Region und allein im Hamburger Hafen rund 51 Mio. t an dessen Gesamtumschlag.“ Zur Einordnung: Deutschlands größter Universalhafen, zugleich die Nummer drei innerhalb der Hamburg-Le Havre-Range, fertigte 2019 rund 136,6 Mio. t Ladung ab.

Schon vor Corona in kritischer Lage

Für den erfolgreichen Kieler Unternehmer und ausgewiesenen maritimen Experten hat die Coronapandemie dem Kiel Canal in einer bereits zuvor bestehenden kritischen Wettbewerbslage noch zusätzlich zugesetzt. Zur Präzision: Der NOK-Betrieb wurde belastet durch wiederholte, längere Systemausfälle der Schleusen in Brunsbüttel und Kiel-Holtenau, vor allem ausgelöst durch Havarien. Zudem zieht sich die Umsetzung wichtiger Modernisierungs- und Ausbauvorhaben im NOK hin, zum Beispiel der Ausbau der Oststrecke. Und: Dauerhaft niedrige Bunkerkosten aufgrund des niedrigen Rohölpreises strahlten negativ auf die Verkehrsmengenentwicklung der künstlichen Wasserstraße aus. Als direkte Folge der Coronakrise stehe jedenfalls „die maritime Wirtschaft unter massivem Kostendruck“. Der NOK erlebe einen so noch nicht dagewesenen Rückgang bei den Verkehrsmengen“, führte Knudsen weiter aus.

Dass Berlin zu dieser aktuellen Entscheidung zugunsten des NOK bewegt werden konnte, ist für Knudsen auch dem „beharrlichen Einsatz“ der Initiative Kiel-Canal, dem Zentralverband Deutscher Schiffsmakler (ZVDS) sowie der Politik gerade in den fünf norddeutschen Bundesländern zu verdanken. Ein Schulterschluss, der aber ganz Deutschland diene. Knudsen weist ergänzend darauf hin, dass der NOK nämlich nicht nur eine norddeutsche Angelegenheit sei, sondern dass sein Nutzwert die ganze Bundesrepublik abdecke. Er denke hier besonders an die mit stark exportorientierten Wirtschaften ausgestatteten Bundesländer wie Baden-Württemberg oder Bayern. Deren Industrie, Handels- und Logistikunternehmen seien natürlich auf einen gut funktionierenden NOK und damit im weiteren Verlauf auch auf einen starken Hamburger Hafen angewiesen.

Dauerhafte Aussetzung

Auch wenn jetzt der erste Schritt zur Attraktivitätssteigerung des NOK vollzogen sei, gibt Knudsen schon jetzt diesen Denkanstoß in Richtung Berlin und der norddeutschen Landesregierungen: „Es sollte geprüft werden, ob das zeitlich befristete Aussetzen der Abgaben ausreicht oder ob eine dauerhafte Aussetzung gesamtwirtschaftlich nicht die bessere Lösung darstellen würde.“

Für Knudsen würde damit keinesfalls eine Art „Lex NOK“ geschaffen. Er verweist in diesem Zusammenhang vielmehr darauf, dass der Bund 2019 zwecks Wettbewerbsstärkung der alternativen Verkehrsträger Bahn und Binnenschifffahrt dauerhaft auf hohe Einnahmen verzichtet habe. Konkret: jährlich 350 Mio. EUR bei der Bahn und 35 Mio. EUR bei den Schifffahrtsabgaben für die süddeutschen und norddeutschen Binnenwasserstraßen. Ausgenommen wurden in diesem Entscheidungsprozess „nur der NOK und die Mosel“.

Auch bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Kiel findet die Entscheidung Anklang. „Dieses Signal aus Berlin hat der Nord-Ostsee-Kanal dringend gebraucht.“ Die Kammer freue sich jedenfalls sehr „dass die Politik das SOS aus der schleswig-holsteinischen Wirtschaft erhört hat“, kommentiert Klaus-Hinrich Vater, Präsident der IHK zu Kiel. Denn der Erfolg des NOK stehe und falle mit dessen Nutzwert: „Bricht der wirtschaftliche Anreiz für die Reeder weg, den kurzen Weg durch Schleswig-Holstein zu nehmen, leiden nicht nur die Häfen, sondern auch der Tourismus, die maritimen Unternehmen im Umfeld und nicht zuletzt die Umwelt“, umreißt Vater den Gesamtzusammenhang. Und er ergänzt: „Die Aussetzung der Befahrensabgabe kann die negativen Auswirkungen für den Schifffahrts- und Hafenstandort Deutschland nicht komplett abfangen, aber zumindest abfedern.“

Unterstützung für die Lotsen

Zufrieden ist der IHK-Chef auch damit, dass ebenfalls die unter den Folgen von Corona leidenden Lotsen gewissermaßen einen Platz unter dem staatlichen Rettungsschirm finden. „Die Unterstützung des Bundes für die Lotsen ist ein weiteres positives Signal und hilft dieser systemrelevanten und hochqualifizierten Berufsgruppe durch die Krise. Dadurch bleibt jetzt und auch in Zukunft die sichere Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal gewährleistet.“

Die guten Nachrichten aus Berlin verfehlen auch bei der Bundeslotsenkammer in Hamburg ihre Wirkung nicht. Kapitän Erik Dalege, Vorsitzender der Bundeslotsenkammer, teilte dem „THB“ auf Anfrage mit: „Es ist selbstverständlich, dass die Lotsen, wie viele andere auch, Einbußen bei ihren Einkommen hinzunehmen haben. Die Coronakrise jedoch hat für einige Seelotsreviere, in denen vor allem Fahrzeuge verschifft werden oder die stark von der Passagierschifffahrt abhängen, allerdings existenzbedrohende Ausmaße angenommen.“

Der nun beschlossene Schutzschirm garantiere damit den Erhalt dieser Lotsenorganisationen und somit auch die ständige Verfügbarkeit des Lotswesens, wie es kraft Gesetzes gefordert werde.

Der NOK wurde vor 125 Jahren eingeweiht und steht in den kommenden Jahren vor einer umfassenden technischen Modernisierung.  (eha/ds)

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