Umfrage: Jumbo-Spediteure rollen durch die Talsohle

Die deutsche Wirtschaft schwächelt – und das macht sich vor allem in den wichtigsten Kundenbranchen der Volumentransporteure bemerkbar. Zudem haben die Unternehmen mit politischen Entscheidungen zu kämpfen, die zur Unzeit kommen. Ein Stimmungsbild.

Momentan beschäftigen die Volumentransporteure vor allem Themen wie die schwächelnde Konjunktur, die Maut und Umweltvorgaben. (Illustration: Björn Jagdmann)
(Foto: Südvolumen GmbH)

Bernd Kerpes, Geschäftsführer, Südvolumen GmbH

Anzahl der Standorte: 1

Mitarbeiterzahl: 50

Fahrzeugflotte: 45 Einheiten

Transportsegmente: Verpackungsindustrie, Dämmstoffe, Baustoffe, Automotive

Für das mittelständische Unternehmen aus Germersheim gestaltet sich die aktuelle Lage angesichts der sinkenden Transportvolumen eher schwierig. Südvolumen-Chef Bernd Kerpes führt das auf die rückläufigen Auftragseingänge in der Baubranche zurück – und eine Besserung für das Jahr 2024 ist nicht in Sicht. „Eine grundsätzliche Steigerung des Transportaufkommens ist wegen der gesamtwirtschaftlichen Situation nicht zu erwarten“, sagt Kerpes.

Positiv sieht Kerpes die Genehmigung des Biokraftstoffs HVO100: Der Umstieg sei kostengünstig und lasse sich aufgrund der besseren CO2- Bilanz auch gegenüber den Auftraggebern verargumentieren.

Sorge bereitet ihm die Verdoppelung der Maut: „Wir durchleuchten alle Linien und Kunden und sind gezwungen, die Maut auf den einzelnen Kunden umzulegen. Aufgrund der schwachen Konjunktur lässt es sich schwer durchsetzen, die kompletten Kosten für die Last- und Leerkilometer weiterzugeben“, sagt Kerpes. Hier hätte sich der Südvolumen-Chef eine längerfristig angelegte Planung sowie eine stufenweise Einführung gewünscht.

(Foto: Hans Ihro GmbH)

Kai Ihro, Geschäftsführer, Hans Ihro GmbH

Anzahl der Standorte: 7

Mitarbeiterzahl: 400

Fahrzeugflotte: 225 Einheiten

Transportsegmente: Bau, Automotive, Verpackung, Konsumgüter, Maschinenbau, Handel

Den konjunkturbedingten Einbruch auf dem Bausektor spürt auch die Hans Ihro GmbH aus Neuenstein. Zudem schwächeln bis auf den Bereich Konsumgüter auch alle anderen Transportsegmente. Laut Firmenchef Kai Ihro nimmt dadurch der Druck auf die Frachtraten zu. Er rechnet allerdings damit, dass sich der Markt auf niedrigem Niveau stabilisiert und zum Ende des ersten Quartals 2024 langsam erholt.

Positiv sieht Ihro die Entscheidung, den Einsatz von Lang-Lkw Typ 1 bis 2028 zu genehmigen. Allerdings stößt die Befristung bei ihm auf Unverständnis: Das erlaube es nicht, langfristig zu planen.

Die politische Agenda in Sachen alternative Kraftstoffe sieht Ihro kritisch. „Vor ein paar Jahren wurden die Spediteure mit dem Versprechen der Mautfreiheit dazu gebracht, in LNG-Lkw zu investieren. Nun wird für diese Fahrzeuge die volle CO2-Maut verlangt, was dem weiteren Betrieb die wirtschaftliche Grundlage entzieht“, sagt er. Generell werde der Einsatz von biogenen, umweltschonenden Kraftstoffen zu wenig gefördert.

(Foto: Schmitt Peterslahr)

Peter Schmitt, Geschäftsführer, Schmitt Peterslahr

Anzahl der Standorte: 4

Mitarbeiterzahl: 320

Fahrzeugflotte: 200 Einheiten

Transportsegmente: Verpackung, Handel, Maschinenbau

Laut dem Geschäftsführer des in Oberhonnefeld ansässigen Unternehmens hat der Markt für Volumentransporte im laufenden Jahr mit leichten Schwankungen immer weiter nachgegeben. Dabei wirkten sich die Mengenrückgänge im Hochbau direkt auf das Geschäft aus, während die Rückgänge in der Chemieindustrie sich indirekt in Form einer rückläufigen Behälter- und Palettenproduktion bemerkbar machten. Andere Standbeine des Unternehmens sind bislang weniger bis gar nicht betroffen. Schmitt rechnet damit, dass die Talsohle im Winter 2023/2024 erreicht ist. Verschiedene Frühindikatoren wie die Entwicklung des Außenhandels deuten seiner Ansicht nach darauf hin, dass sich die Lage im Volumenmarkt ab dem Frühjahr 2024 bessern wird.

Positiv sieht Schmitt die anstehende Erhöhung des Zuggesamtgewichts für E-Lkw-Kombinationen von 42 auf 44 Tonnen. Damit würden die Investitionen in emissionsfreie Lkw in Bereichen mit nutzlastsensiblen Verkehren schneller unabhängig von Subventionen – und das ist in seinen Augen ein sinnvoller Ansatz.

(Foto: Alfred Schuon GmbH)

Alexander Schuon, Geschäftsführer, Alfred Schuon GmbH

Anzahl der Standorte: 15

Mitarbeiterzahl: 630

Fahrzeugflotte: 330 Einheiten

Transportsegmente: Automotive, Dämmstoffe/ Bauindustrie, Verpackungsindustrie, Sonstige

Zwar hat sich die Nachfrage auf dem Markt für Volumentransporte Anfang Oktober wieder etwas erhöht, dennoch ist die Lage in den Augen des Geschäftsführers der Alfred Schuon GmbH sehr volatil. „Die Entwicklung variiert stark, abhängig von der jeweiligen Branche sowie den Kunden. „Aufgrund unseres breit aufgestellten Kundenportfolios und neuer Projekte konnten wir eine stabile Position aufrechterhalten“, erklärt Schuon. Die wirtschaftliche Rezession habe sich aber bei den Kunden in den Branchen Baugewerbe und Automotive bemerkbar gemacht.

Eine Besserung im kommenden Jahr sieht der Unternehmer nicht. Er geht davon aus, dass die Auslastung auf einem ähnlichen Niveau wie in 2023 bleibt. Allerdings werde der Kostendruck auch wegen der Erhöhung der Maut um die CO2-Komponente weiter zunehmen. „Davon sind nicht nur Spediteure und Logistiker, sondern auch Kunden und langfristig Endverbraucherinnen und -verbraucher betroffen“, sagt Schuon.

Dass der Einsatz von Lang-Lkw vom Typ 1 bis zum Jahr 2028 vom Bundesverkehrsministerium genehmigt wurde, hält Schuon für gut und richtig. Jedoch erschließe sich ihm nicht, dass nach den positiven Erfahrungen wieder eine Begrenzung der Laufzeit vereinbart wurde. Zudem sei es auch dringend notwendig, die überlangen Fahrzeuge für die Beförderung von ADR-Gütern sowie den Einsatz im grenzüberschreitenden Verkehr freizugeben. das ist für Schuon wichtiger als der Umstieg auf E-Lkw – zumal es derzeit noch so gut wie kein Angebot an geeigneten Lkw gebe.

Die Freigabe von HVO 100 für die Tankstellen ist für den Schuon-Chef eine längst überfällige Entscheidung. „Keine andere Kraftstofflösung erlaubt in kurzer Zeit eine so hohe CO2-Emissionsreduktion wie der Einsatz von Re-Fuels und Bio-LNG. In Ungarn fahren wir schon seit einigen Jahren mit HVO, erzielen positive Ergebnisse und entlasten die Umwelt“, erklärt er. In Deutschland könne man sofort loslegen und mit den biogenen Antriebsstoffen aktiven Klimaschutz betreiben.

Das hält Schuon für sinnvoller als die Einführung des CO2-Aufschlags für die Lkw-Maut. „Dabei wird de facto nämlich kein Gramm CO2 eingespart, sondern nur bepreist“, sagt er. Diese weitere Kostenkomponente bereitet ihm wie auch seinen Wettbewerbern Sorge: Die massive Kostensteigerung müsse unbedingt von den Verladern übernommen werden.

(Foto: Westfalia Intralog)

Dirk Schröder, Geschäftsführer, Westfalia Intralog

Anzahl der Standorte: 8

Mitarbeiterzahl: 82

Fahrzeugflotte: 170 Einheiten

Transportsegmente: Automotive, Industrieverpackungen, Glasverpackungen, Alttextilien

Der Geschäftsführer des Herforder Unternehmens beurteilt die Lage am Markt für Volumentransporte gegenwärtig als eher schlecht. Dazu tragen Einbrüche von 15 bis 20 Prozent beim Transportvolumen, der Fahrermangel, Kostensteigerungen und wenig positive Aussichten für die gesamtwirtschaftliche Situation bei. Laut Schröder werden Frachten, die man am Markt einkaufen muss, wieder zu Dumpingpreisen verramscht.

Bei Westfalia Intralog macht sich die schwache Konjunktur besonders im Transport von Industrieverpackungen für die chemische Industrie bemerkbar. Aber auch die anderen Bereiche liegen mit ihren Volumen hinter den Mengen der Vorjahre. Dennoch ist Schröder vorsichtig optimistisch, was das kommende Jahr anbelangt. Er rechnet damit, dass die Transportnachfrage am Markt wieder steigt.

Schröder begrüßt, dass der Lang-Lkw vom Typ 1 bis 2028 eingesetzt werden darf, und auch die Freigabe von HVO100 für die Tankstellen hält er für richtig. Dies sei eine schnell umzusetzende und einfache Lösung, um die CO2-Emissionen deutlich zu senken. Selbst wenn damit eine Kostensteigerung verbunden wäre, könnte man dies den Kunden besser erklären, so Schröder.

Doch zuerst müsse die Verdoppelung der Maut gestemmt werden. Welche Konsequenzen sich dadurch für Westfalia Intralog ergeben, kann Schröder noch nicht vollständig absehen. „Ich gehe auch davon aus, dass wir Geschäfte überdenken werden, wenn der Kunde nicht bereit ist, die Maut zu 100 Prozent zu zahlen“, sagt er.

(Foto: Kottmeyer GmbH & Co. KG)

Horst Kottmeyer, Geschäftsführer, Kottmeyer GmbH & Co.KG

Anzahl der Standorte: 15

Mitarbeiterzahl: 360

Fahrzeugflotte: 200 Einheiten

Transportsegmente: Bau, Automotive, Verpackung, Dämmstoffe, Teilladungen, GB-Verkehre, Lagerlogistik

Der Unternehmer aus Bad Oeynhausen sieht zwei gegenläufige Entwicklungen. Während das Mengenaufkommen im Baustoffbereich deutlich reduziert ist, ist die Auslastung im Automotive-Geschäft gut. Für das kommende Jahr erwartet Kottmeyer, dass sich die Gesamtauslastung wieder verbessert, da einige Unternehmen, besonders in Polen, ihre Flotten verkleinern werden.

Dass die Gewichte für Lastzüge überarbeitet und eine weitere Auflastung von E-Zugmaschinen von 42 auf 44 Tonnen kommen soll, ist laut Kottmeyer im Volumenbereich nicht so entscheidend. Viel wichtiger wäre für das Jumbo-Segment die Förderung für batterieelektrische Lkw (BEV) und Ladeinfrastruktur. Zudem sollte der verlängerte Sattelauflieger als Standardfahrzeug klassifiziert und aus der Lang-Lkw-Verordnung gestrichen werden. Seine Begründung: „Der Lang-Lkw Typ 1 ist die einfachste und wirtschaftlichste Möglichkeit, CO2 -Emissionen zu senken.“

Sorgen bereitet Kottmeyer die Mauterhöhung. Um die Mehrkosten zu 100 Prozent weiterbelasten zu können, seien viele Gespräche mit den Auftraggebern notwendig. Für Lkw, die CO2-arm mit Bio-LNG oder HVO100 betrieben werden, fordert er eine Mautreduzierung.

(Foto: Reining Transport)

Gerrit Hes, Geschäftsführer, Reining Transport

Anzahl der Standorte: 4

Mitarbeiterzahl: 450

Fahrzeugflotte: 350 Einheiten

Transportsegmente: Bau, Automotive, Verpackung, Hygiene, Events

Der Chef von Reining Transport sieht eine allgemeine Abkühlung der Marktlage in 2023 und ist überzeugt, dass die Branche 2024 nach einem neuen Gleichgewicht auf dem Markt suchen muss. Angebot und Nachfrage werden sich wieder angleichen müssen, und einige Branchen werden vielleicht das gewünschte Niveau nur über Jahre erreichen, so Hes. Die deutsche Mauterhöhung wirke als Störfaktor in diesem Prozess.

Die Abschwächung der Wirtschaft gilt für fast alle Branchen und das Baugewerbe, sticht dabei laut Hes negativ hervor. Der Markt muss sich an die gestiegenen Baustoffpreise und Zinsen gewöhnen. Einen großen Einfluss auf die deutsche Industrie wird zudem der geschrumpfte China-Handel haben. Doch das könnte laut Hes vorübergehend gut sein, denn so könnte sich die Situation rund um den Personalmangel entspannen.

Den Umstieg auf E-Lkw sieht der Reining-Chef durchaus ziemlich kritisch: „Die neue Technik ist für Jumbo-Gliederzüge oder -Zugmaschinen noch kaum verfügbar, und die Reichweite ist zu gering. Von der völlig unzureichenden Ladeinfrastruktur in Deutschland und den Niederlanden reden wir gar nicht erst.“

Dass die Lang-Lkw Typ 1 nun bis zum Jahr 2028 in Deutschland fahren dürfen, ist für Hes ebenfalls keine optimale Lösung. Die Verlängerung um vier Jahre berücksichtigt die Investitionszyklen der Unternehmen nicht richtig. Zudem wünscht Hes sich eine Ausweitung des Lang-Lkw-Positivnetzes für alle erdenklichen Typen. Zu den aktuellen Marktbedingungen passt die Mautverdoppelung. „Die Mautgebühren steigen in unverantwortlicher Weise“, kommentiert Hes.

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