Alexander Schuon: „Transportkapazitäten brechen weg“

Die Wirtschaftsflaute macht den Jumbo-Spediteuren zu schaffen. Im Thesencheck der DVZ ordnet der Chef des Logistikunternehmens Schuon die Nachfragesituation und die Rolle nachhaltiger Transporte bei den Verladern ein.

Seit 2015 steht Alexander Schuon seinem Vater Theo Schuon an der Spitze des gleichnamigen mittelständischen Transport- und Logistikunternehmens zur Seite. (Foto: Alfred Schuon GmbH)

These: Die Nachfrage nach Volumentransporten wird sich in absehbarer Zeit erholen.

Teilweise richtig: Mit Sicht auf die nächsten Monate erwarten wir mangels wirtschaftspolitischer Impulse ein stabiles Transportvolumen auf aktuellem Niveau – also keinen Anstieg. Allerdings nehmen wir verstärkt wahr, dass Transportkapazitäten am Markt wegbrechen. So müssen aus wirtschaftlichen Gründen oder mangels (Fahr-)Personal Kapazitäten abgebaut werden, oder Unternehmen den Betrieb einstellen. Dies führt zu einer Belebung der Nachfrage bei den verbliebenen Transportanbietern.

Die Transformation der Automobilbranche wird den Wettbewerb im Automotive-Transport massiv anheizen.

Falsch: Der Wettbewerb in der Automobilbranche ist traditionell immer sehr hoch. Die Automobilbranche steht derzeit nicht nur aufgrund der Transformation unter Druck, sondern auch aufgrund der weltweiten Verschiebung der wirtschaftlichen Machtverhältnisse – gerade auch in der Automobilindustrie. Es ist daher dringend angesagt, dass sowohl die deutsche als auch die europäische Politik die Rahmenbedingungen für die Automobilbranche (und andere produzierende Branchen) derart verändert, dass eine Produktion in Deutschland und Europa wirtschaftlich und wettbewerbsfähig erfolgen kann. Dann bin ich sehr zuversichtlich, dass die Transformation gelingt und damit auch weiterhin entsprechende Transportkapazitäten nachgefragt werden. Durch unseren umfangreichen Logistikservice rund um Fahrzeugbatterien sehen wir uns derzeit gut aufgestellt, auch im Rahmen der Transformation ein verlässlicher Transport- und Logistikdienstleister/Partner für die Automobilindustrie zu sein.

Das Jumbo-Segment ist aufgrund der vergleichsweise geringen Gewichtsauslastung der Fahrzeuge ideal für den Einsatz von E-Lkw geeignet.

Falsch: Jumbo-Gliederzüge sind eine Nische mit verhältnismäßig wenigen Fahrzeugstückzahlen für die Hersteller. Daher kommt diese Art von Fahrzeugen bei Innovationen immer erst sehr weit hinten in der Umsetzungskette – wenn überhaupt. Es stehen derzeit keine Jumbo-Fahrgestelle mit Batterieantrieb von den bekannten Herstellern zur Verfügung. Zudem bieten diese dann aufgrund der niedrigen Bauweise wenig Platz für Batterien und damit nur eine begrenzte Reichweite. Durch das verhältnismäßig hohe Gewicht der Batterien würde das Konzept unserer Ultra-Leicht-Jumbos vermutlich auch nicht mehr funktionieren. Eine weitere Restriktion ist, dass unsere Jumbos überwiegend im Tramp-Verkehr unterwegs sind, also auf unterschiedlichen Strecken und auch nicht getaktet. Das wiederum bedeutet, dass individuelle Ladepunkte angesteuert werden müssten – und das würde ich auf Basis des aktuell verfügbaren Ladesäulennetzes noch keinem unserer Fahrer oder Disponenten zumuten.

Obwohl die Preise für E-Lkw seit dem Wegfall der Förderung stark gesunken sind, ist der Umstieg nach wie vor ökonomisch nicht sinnvoll.

Teilweise richtig: Ob ein Umstieg ökonomisch sinnvoll ist oder nicht, hängt unter anderem von der Fahrleistung ab – insbesondere auf mautpflichtigen Strecken und den Kosten für die Ladeinfrastruktur. Ebenso spielt es eine Rolle, wie viele Fahrzeuge die Ladeinfrastruktur nutzen und wie hoch der Strompreis ist, zu dem geladen werden kann. Unter optimalen Bedingungen gibt es durchaus Möglichkeiten schon heute ökonomisch sinnvoll E-Lkw einzusetzen – dann muss aber vieles passen. Dies ist unserer Erfahrung nach derzeit allerdings nur selten gegeben.

Alexander Schuon

Seit 2015 steht er seinem Vater Theo Schuon an der Spitze des gleichnamigen mittelständischen Transport- und Logistikunternehmens zur Seite. Nach dem Abitur am Wirtschaftsgymnasium in Calw absolvierte Alexander Schuon ein duales Wirtschaftsstudium mit Ausbildung zum Diplombetriebswirt (BA) bei der Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg. Im Anschluss daran arbeitete er bei seinem Ausbildungsbetrieb im Firmenkundenbereich. Parallel dazu absolvierte er eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer und den Lehrgang für die Berechtigung zur Führung eines Güterkraftverkehrsunternehmens. Nach einem einjährigen Praktikum im Logistikunternehmen Südkraft in München wechselte er 2006 in die familieneigene Spedition.

Der Einsatz von HVO100 und Bio-LNG ist keine Brückenlösung, sondern langfristig notwendig.

Richtig: Ich denke – Stand heute – tatsächlich, dass beide Kraftstoffe Teil des Gesamtpakets an Lösungen zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors sein werden. Zumindest sind es keine kurz-, sondern mittel- bis längerfristige Brückenlösungen für die nächsten Jahre.

Die Auftraggeber sind bereit, Aufpreise für besonders nachhaltige Volumentransporte zu zahlen.

Teilweise richtig: Überwiegend hätte ich auch mit Falsch antworten können. Es gibt aber durchaus auch Kunden bei denen Nachhaltigkeit kein Lippenbekenntnis bleibt, sondern auch Taten folgen – auch wenn das mit Mehrkosten verbunden ist. Erfreulicherweise haben auch wir Kunden, die mit uns entsprechende Konzepte umsetzen. Jüngstes Beispiel ist die Abwicklung sämtlicher Transporte mit HVO für unseren Kunden Saint Gobain.

Bei neuen Tendern im Volumensegment zählt die Qualität der Leistung mehr als der Preis.

Falsch: Aktuell würde ich sagen, wird die Qualität als gegeben unterstellt oder vorausgesetzt und am Ende zählt der Preis. Das war vor zwei Jahren noch etwas anders, als die Kapazitäten sehr begrenzt waren (aktuell sind sie „nur“ begrenzt). Damals waren Qualität und Verfügbarkeit den Kunden auch etwas wert.

Familiär geführte Unternehmen haben im Wettbewerb um die besten Fahrer Vorteile.

Teilweise richtig: Ich glaube, dass ein enges, vertrauensvolles Verhältnis zu den Fahrern sehr wichtig ist, und die Unterstützung weit über die eigentliche Arbeit hinausgehen muss. Begleitung bei Behördengängen oder Arztbesuchen, Unterstützung bei Formularen oder bei der Wohnungssuche und mehr: All das sind wichtige Themen, welche die Bindung stärken. Das können große Unternehmen genauso, wenn sie wollen. Ich glaube aber, dass die Unterstützung in kleineren, familiengeführten Unternehmen flexibler, individueller und schneller ist und es daher einen kleinen Vorteil für die Familienunternehmen gibt.

Ihr Feedback
Teilen
Drucken

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ, DVZ-Brief oder DVZ plus 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt 4 Wochen kostenlos testen

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ, DVZ-Brief oder DVZ plus 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt 4 Wochen kostenlos testen

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Nach oben