Digitale Rückladungen vermindern Leerkilometer

Im Charter- und Spotmarkt für Straßentransporte ist die Auslastung von Fahrzeugen nicht nur ein betriebswirtschaftlicher Anreiz, sondern eine zwingende Notwendigkeit. Denn jeder Rückweg ohne Fracht erzeugt Leerfahrten, verursacht Kosten und senkt die Marge. Die Rüdinger Spedition aus dem baden-württembergischen Krautheim hat sich im Fernverkehr auf Teil- und Komplettladungen spezialisiert und nutzt die Softwarelösung Neomatch des Anbieters Neocargo, um die Rückladungssuche zu beschleunigen.
„Früher habe ich einem Kollegen zugerufen: ‚Kannst du bitte eine Rückladung suchen?‘, und zwei Stunden später war immer noch nichts passiert“, erinnert sich Toni Vukelja, Teamleiter Fernverkehr bei Rüdinger. „Heute verpassen wir keine Ladung mehr“, beschreibt er die Veränderung zufrieden. Marc Müller, Teamleiter Fremdvergaben, hat die Einführung der Lösung für die Spedition gesteuert. Er beschreibt die wesentliche Änderung: „Das System arbeitet permanent im Hintergrund, so kommt die Rückladung praktisch automatisch ins E-Mail-Postfach.“
Im Fernverkehr starten die Fahrzeuge mit vorgeplanter Tour für die Hinfahrt, doch für einige Strecken fehlen der Spedition die passenden Ladungsangebote für die Rückfahrt. „Früher haben wir über fünf Plattformen gleichzeitig nach Frachten gesucht, heute bündelt Neomatch alles in einem System“, verrät Müller.
In der Praxis aktiviert der Disponent in den Sucheinstellungen der Plattform gezielt die Rückfahrregionen und startet dadurch den kontinuierlichen Abgleich mit mehreren Frachtenbörsen. „Wenn der Suchmodus aktiviert wird, prüft der Algorithmus kontinuierlich die Angebote. Sobald ein passendes Angebot erscheint, bekommen wir eine E-Mail, oft schon nach einer Minute“, erzählt Müller.
Rückladungen kommen per E-Mail
„Ich arbeite ohnehin mit meinem TMS und meinem E-Mail-Postfach, in das die Benachrichtigungen aus Neomatch hineinkommen, das kann ich mir nicht einfacher vorstellen“, erklärt Vukelja. Die Lösung erlaube sowohl Einzel- als auch Sammelbenachrichtigungen, die sich je nach Angebotslage automatisch einstellen. Ein integriertes Feedbacksystem verbessere das Matching fortlaufend. „Wenn ein Angebot nicht passt, etwa weil es Gefahrgut betrifft, das wir nicht fahren, melden wir das zurück, um den Algorithmus zu verbessern“, berichtet Müller.
Zu den Konfigurationsmöglichkeiten gehört auch, individuelle Prioritäten zu setzen: „Ich kann nach Tageslage auswählen, ob ich eine möglichst hohe Kilometerauslastung oder lieber ein höheres Frachtentgelt erreichen will“, unterstreicht der Teamleiter Fremdvergaben. In der Nutzeroberfläche von der Anwendung lassen sind Parameter wie Regionen, Frachttypen, Fahrzeugtyp oder Gefahrgutstatus individuell bestimmen.
„Zum Start mit der Lösung haben wir bewusst eher breit gesucht, um Erfahrungswerte zu sammeln“, erinnert sich Müller. „Inzwischen schränken wir die möglichen Treffer je nach Bedarfslage gezielt ein“, fügt er hinzu. Wenn die passende Fracht gefunden ist, meldet sich die Spedition per E-Mail oder mit einem Anruf beim Anbieter.
Die Zeitersparnis durch das System ist messbar. „Allein bei der Rückladungssuche sparen wir locker eine halbe Stunde pro Tag“, bilanziert Vukelja. Doch der Vorteil geht über die reine Planungszeit hinaus. „Wenn der Fahrer direkt nach der Zustellung seinen nächsten Auftrag hat, entsteht kein Leerlauf. Das steigert die Effizienz erheblich“, betont er.
Auch der Vertrieb profitiere: „Wenn wir mit sicheren Rückladungen kalkulieren können, ist es auch möglich, die Hintour günstiger anzubieten. Das hilft unserem Vertrieb gerade bei regelmäßigen Fahrten“, erklärt Vukelja. Welche Verlader in der Zielregion auch regelmäßig Frachten in den Krautheimer Umkreis anbieten, muss sich die Spedition derzeit allerdings noch selbst notieren. Deshalb prüft sie zurzeit, wie sie diese wiederkehrenden Relationen softwaregestützt identifizieren kann, um eine feste Beziehung zum Verlader aufzubauen, inklusive fester Preise und definierter Auslastung.
Integration ins TMS geplant
Langfristig sollen auch die Auftragsdaten automatisch aus der Plattform in das Transportmanagementsystem (TMS) übernommen werden. „Wir arbeiten an einer KI-Erfassung für die Auftragsübernahme, das wird der nächste Schritt“, deutet Müller an. Auch für die Trefferqualität sieht er noch Weiterentwicklungspotenzial: „Je mehr Echtzeitdaten in den Matching-Prozess einfließen, desto besser werden die Ergebnisse. Dann wird selbst ein Ladungstausch mit anderen Speditionen realistisch.“
Auch die Preisentwicklung soll künftig transparenter werden. „Eine integrierte Preishistorie könnte zeigen, ob ein Angebot eher marktgerecht oder unterdurchschnittlich ist, das ist gerade in volatilen Märkten und für weniger erfahrene Disponenten ein großer Vorteil“, meint Vukelja.
Gleichzeitig bleiben die Einstiegshürden niedrig. „Neomatch muss ich einem Disponenten nicht erklären, die wenigen Klicks versteht er sofort“, verdeutlicht der Teamleiter Disposition. So seien auch neue Kollegen schnell arbeitsfähig. Die Plattform sorge durch die fest eingestellten Abläufe zudem dafür, dass der Rückladungsprozess nicht nur digitalisiert, sondern auch dauerhaft im Alltag verankert sei.



