Industrie: Kein Aufschwung in Sicht
Die Versorgung der Industriebetriebe mit Material und Rohstoffen funktioniert offenbar zunehmend reibungsloser. So hat der Druck auf die Lieferketten laut Global Supply Chain Pressure Index (GSCPI) der New York Fed im April bereits den vierten Monat in Folge abgenommen und liegt inzwischen deutlich unter dem historischen Durchschnitt. Der jüngste Abwärtstrend des GSCPI ist den Analysten zufolge vor allem auf verbesserte Lieferzeiten im Euroraum zurückzuführen. Der Index zeigt, wie angespannt (größer 0) oder entspannt (kleiner 0) die Lage in den globalen Lieferketten ist. Er kombiniert Daten zu Transportkosten mit Komponenten der Einkaufsmanagerindizes (EMI) von großen Volkswirtschaften.
Mit Blick auf die EMI-Daten für die deutsche Industrie zeigt sich: Zum wiederholten Mal wurde der Hauptindex vom Teilindex Lieferzeiten nach unten gezogen. Denn verkürzte Lieferzeiten werden normalerweise mit sinkender Nachfrage in Verbindung gebracht. Angesichts der zahlreichen Lieferengpässe der Vergangenheit kann der Rückgang der Lieferzeiten allerdings durchaus zur Angebotsausweitung führen, da die Hersteller nun zunehmend in der Lage sind, ihre hohen Auftragsbestände abzubauen. Zudem sind die Hersteller bemüht, ihre Pufferbestände zu reduzieren.
Hersteller produzieren im März deutlich weniger
So war die Produktion im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland im Januar und Februar gegenüber dem jeweiligen Vormonat gestiegen. Im März hat die deutsche Industrie nach Daten des Statistische Bundesamts (Destatis) jedoch wieder deutlich weniger produziert. „Die Produktion hat einen deutlichen Dämpfer erhalten“, kommentierte DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen die Zahlen. „Der Industrie droht eher Stillstand statt der erhofften Erholung.“ Selbst abnehmende Materialengpässe und gesunkene Energiepreise könnten die getrübte Weltkonjunktur und schleppende Nachfrage im Inland nicht ausgleichen.
Lkw-Aufkommen stagniert im April
Im April deutet sich in der Tat zunächst eine Stagnation an, wie sich aus dem Maut-Index ablesen lässt. Die Lkw-Fahrleistung auf Autobahnen ist im April gegenüber März minimal um 0,1 Prozent gestiegen, wie das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) und Destatis am Dienstag mitteilten. Den Statistikern zufolge besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Maut-Index und dem Produktionsindex, der erst etwa einen Monat später verfügbar ist. Die Kapazitätsauslastung der Werke in Deutschland stieg laut Ifo Institut zuletzt leicht von 84,3 im Januar auf 84,5 Prozent im April und liegt damit oberhalb des langfristigen Mittelwerts von 83,6 Prozent. Im April 2022 betrug der Nutzungsgrad der Produktionsanlagen allerdings noch 85,2 Prozent.
Ordereinbruch im März
Mit Blick auf die kommenden Monate geben die aktuellsten amtlichen Daten für den Auftragseingang Anlass zur Sorge. Denn demnach ist das Neuauftragsvolumen im März regelrecht eingebrochen. Es sank um 10,7 Prozent zum Vormonat und damit so stark wie seit dem pandemiebedingten Einbruch im April 2020 nicht mehr. Während die Auslandsnachfrage gegenüber dem Vormonat um 13,3 Prozent einbrach, gingen die Bestellungen aus dem Inland um 6,8 Prozent zurück. Angesichts der schwächelnden Nachfrage wäre ein weiterer Rückgang der Produktion demnächst also keine Überraschung.