Verlagerungswillige Spediteure fordern Unterstützung

Die Akteure in Österreich erwarten stärkere Anreize für eine Verlagerung von Transporten auf die Schiene. Doch die neue Regierung kürzt erstmal die Gelder für das Schienennetz.

In Österreich spielt der Güterverkehr auf der Schiene eine spürbar wichtigere Rolle als in Deutschland. (Foto: iStock)

Österreich zählt zusammen mit der Schweiz in Europa zu den Vorbildern einer erfolgreichen Verlagerungspolitik. 2023 betrug der Anteil des Schienengüterverkehrs am Modal Split 26,4 Prozent. In Deutschland liegt er bei nur 19,9 Prozent.

„Österreich punktete in der Vergangenheit mit einem klaren Bekenntnis zur Verlagerung und für eine starke Schiene“, beurteilt Ruby van der Sluis, Geschäftsführerin der Güterbahn Lokomotion, die bisherige Entwicklung positiv. Doch dabei darf es ihrer Ansicht nach nicht bleiben: „Die bestehenden Förderungen wie das Investitionsförderprogramm Kombinierter Güterverkehr (IKV) und das Anschlussbahn- und Terminalförderprogramm (ATF) sollten fortgeführt, ausgeweitet und administrativ vereinfacht werden.“

Denn zur Wahrheit gehört auch: Der Modal Split der Schiene betrug 2022 in Österreich noch 27,5 Prozent, hat sich also verschlechtert. Deshalb regt van der Sluis zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des KV eine Befreiung von der Lkw-Maut im Vor- und Nachlauf zu den KV-Terminals an. „Das schlägt ja auch die EU-Kommission in ihrer Revision der Richtlinie zum Kombinierten Verkehr vor“, sagt sie.

Ruf nach fairem Wettbewerb

Auch Maria Magdalena Pavitsich sieht die Politik gefordert. „Zwischen Straße und Schiene herrscht in Europa immer noch ein unfairer Wettbewerb“, kritisiert die Sprecherin der ÖBB Rail Cargo Group (RCG). Die steuerliche Begünstigung für Diesel erzeuge Wettbewerbsverzerrungen zulasten der Schiene. Auch müsse die EU-Entsenderichtlinie im Straßentransport konsequent eingehalten und überprüft werden, um soziale Ungleichheiten und Dumpingpraktiken zu verhindern.

Die finanziellen Hilfen auf dem Stand des Jahres 2019 würden die tatsächlichen Kosten im Einzelwagenverkehr, bei der Rollenden Landstraße und im KV nicht mehr abdecken. „Wir plädieren daher für ein Beihilfemodell, das eine Anpassung an die realen Produktionskosten durch Indexierung der Beihilfen ermöglicht“, schlägt Pavitsich vor.

Auch für Oliver Wagner, Geschäftsführer des Zentralverbandes Spedition & Logistik spielt die öffentliche Hand eine wesentliche Rolle für die Verlagerung: Bei einer direkten Fördermittelvergabe für Schienentransporte an die Spediteure könnte so ein Anreiz für eine Verlagerung auf die Schiene geschaffen werden.

Darüber hinaus fordern Branchenvertreter in Österreich ein stärkeres finanzielles Engagement des Staates in Verbindung mit privatem Kapital: „Dieses Vermögen soll über privatwirtschaftlich gemanagte Infrastrukturfonds in neuartige Terminals investiert werden“, regt Alexander Klacska, Bundesspartenobmann Transport & Verkehr bei der Wirtschaftskammer Österreich an: „Dadurch entstünde gleichzeitig eine stabile Anlagemöglichkeit für private und institutionelle Investoren, der KV würde massiv gestärkt und die angespannte Budgetsituation entlastet.“

Defizite bei der Digitalisierung

Wenn Österreich auch bei Modal Split Vorreiter ist: Bei der Digitalisierung gibt es wie in Deutschland Nachhohlbedarf. „Wir brauchen deutlich schlankere und vor allem digitale Prozesse – sowohl bei der Trassenvergabe als auch beim Informationsaustausch mit allen in den Transport involvierten Personen und Behörden“, heißt es beim Operateur Roland Spedition.

Die beiden Geschäftsführer Christian Gutjahr und Nikolaus Hirnschall fordern, den Fokus stärker auf die Umsetzung zu richten: „Es reicht nicht, den Kombinierten Verkehr auf dem Papier zu loben – wir brauchen konkrete Maßnahmen, die in der täglichen Praxis Wirkung zeigen.“ Dazu gehören ihrer Ansicht nach passgenaue Förderprogramme und der Ausbau bestehender KV-Terminals, um Kapazitäten zu erhöhen und die Vernetzung zu verbessern.

Aber die beiden sehen auch Defizite bei den Akteuren selbst: „Ein zentraler Punkt ist die Digitalisierung der letzten Meile. Solange viele Akteure an eigenen, nicht aufeinander abgestimmten Insellösungen arbeiten, verlieren wir gemeinsam Zeit und Potenzial.“

Kritik von Lkw Walter

Ein Schwergewicht im europäischen KV ist Lkw Walter. Täglich mehr als 300 Abfahrten auf über 250 Short-Sea- und Bahnrouten bietet das Unternehmen an. Die Spedition mahnt Verbesserungen bei den politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen an. So fordern die Österreicher eine EU-weit einheitliche Lokführersprache, einheitliche EU-Standards für Fahrzeuge, Systeme und Prozesse und auch einen einheitlichen EU-Rechtsrahmen für den Vor- und Nachlauf. Die Trassenkosten sollten wettbewerbsfähig sein und sie plädieren für eine Abschaffung des „Förderdschungels“, wie sie es bezeichnen.

Eine bessere Koordination von Baustellen und des Umleitungsverkehrs sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene: So lautet die Forderung der Wiener Lokalbahnen Cargo. Außerdem plädiert das Unternehmen für Ausgleichszahlungen für den damit verbundenen zusätzlichen Aufwand der Güterbahnen. „Nur so können Mehrbelastungen abgefedert werden“, sagt Geschäftsführerin Judith Fiala.

Nicht so viele Hindernisse durch Baustellen in Österreich könnten sich auch deshalb ergeben, weil künftig weniger im österreichischen Schienennetz gebaut wird. Denn die neue Regierung muss sparen. Folglich wurde das Budget des neuen ÖBB-Rahmenplanes 2025 bis 2030 auf 19,7 Milliarden Euro abgesenkt, nach 21,1 Milliarden Euro für den Vorgängerplan 2024 bis 2029. Es müssen zwar keine Projekte, die bereits begonnen wurden, gestrichen werden. Aber Baumaßnahmen sollen verschoben werden. So soll der Brenner-Nordzulauf auf österreichischem Gebiet (viergleisiger Ausbau) erst 2039 fertig werden – und nicht wie ursprünglich geplant bereits 2037. (cd)

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