Manufaktur-Spedition Stickel will die Benchmark setzen

Diplom-Kaufmann Christian Stickel setzt in seinem Betrieb mit kalkuliertem Risiko auf höhere Margen. Zur Familienphilosophie des 1936 gegründeten Dienstleisters gehört seit jeher die eigene interne Wertschöpfungskette.

Diplom-Kaufmann Christian Stickel führt die Kombination aus Spedition und Transportunternehmen in der dritten Generation. Er hat die Familienphilosophie adaptiert und modernisiert. (Foto: Spedition Stickel)

Nordschwarzwald, Landkreis Calw, 50 Kilometer südwestlich von Stuttgart gelegen: Im 22.000-Einwohner-Städtchen Nagold hat die Spedition Stickel ihre Heimat. Dort führt Inhaber Christian Stickel das 1936 gegründete Unternehmen in der dritten Familiengeneration.

Der 49-Jährige wirkt heimatverbunden und bodenständig, blickt dabei aber gerne über den eigenen Tellerrand hinaus. „Ich bin kein gelernter Spediteur“, sagt er. In seinen Grundzügen weist das Familienunternehmen, das er seit 20 Jahren führt, noch die gleichen Strukturen auf, die sein Vater vor über 50 Jahren geschaffen hat. Die Spedition mit klassischem Transportunternehmen hat alles unter einem Dach: Lager und Umschlaganlage genauso wie Waschstraße, Werkstatt und Betriebstankstelle.

Seit zwölf Jahren hat der Dienstleister seinen Sitz in einem neu erbauten Gebäude im Gewerbegebiet am Rande der Stadt. Dort hat der Betrieb seine Umschlagfläche auf 3.000 Quadratmeter verdoppelt, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und die firmeneigene Werkstatt auf das Nachbargrundstück mitgenommen; auch die Verwaltung ist dort eingezogen. Die eigene Betriebstankstelle gibt monatlich rund 250.000 Liter Diesel ab, 150.000 davon an die eigene Flotte, den Rest an Partner.

Wertschöpfung im eigenen Betrieb

Stickel hat die Grundlagen des familiären Erfolgs adaptiert und modernisiert. „Bei uns bleibt die Wertschöpfung im eigenen Unternehmen“, erklärt er. Diese Philosophie hat der Diplom-Kaufmann, der Unternehmensführung und Controlling studierte und sich dabei auch mit Wirtschaftsinformatik für industrielle Anwendungssysteme befasste, nicht nur aus Tradition bewahrt. Als Stickel ins elterliche Unternehmen einstieg, war sein Ziel, die Firma langfristig wirtschaftlich zu führen. Die Eigenkapitalquote des mittelständischen Betriebs liegt bei über 70 Prozent, verrät er.

„Ich setze auf Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, die betriebswirtschaftliche Auswertung muss stimmen“, betont Stickel. Ein Blick in den „Bundesanzeiger“ bestätigt seinen Anspruch: Laut dem jüngsten dort veröffentlichten Bericht hat die Spedition im Jahr 2021 bei einem Umsatz von fast 11,2 Millionen Euro einen Jahresüberschuss von gut 1,1 Millionen Euro erzielt; das entspricht einer Umsatzmarge von 10,1 Prozent.

„Wir machen nur das, was wir gut können“, unterstreicht Stickel und fügt hinzu: „Mein Anspruch ist es, Benchmark zu sein, ich sehe uns als Manufaktur-Spedition.“ Damit meint er einerseits schlanke interne Abläufe und andererseits maßgeschneiderte Prozesse, die jeden individuellen Kundenwunsch erfüllen. Dazu gehören für den Firmenchef unter anderem das Lademittelmanagement sowie mitlaufende Begleitpapiere.

Wir machen nur das, was wir gut können. Christian Stickel, geschäftsführender Gesellschafter Spedition Stickel

Stickel übernimmt besonders gerne zeitkritische Transporte hochwertiger Güter, weil für diese ein höherer Transportpreis zu erzielen ist. Je kritischer die Aufgabe, desto höher der Ertrag, so die Rechnung. Die Spedition benötige aber auch einfache Aufträge mit großzügigen Lieferzeiten. „Das gibt uns die Flexibilität, die wir brauchen“, meint er.

Flexibilität für hohe Auslastung

Dabei geht es ihm insbesondere um die Einsatzplanung: „Bei rund 40 Prozent Personalkostenanteil ist es das A und O, eine hohe Auslastung hinzubekommen, deshalb machen wir 98 Prozent unserer Fahrten selbst.“ Dafür variiere das Unternehmen bei allen seinen Fahrern längere Touren und kurze Strecken. „Unsere Fahrer sind alle zwei Tage wieder bei uns am Standort“, erzählt Stickel. Dort führt der Transporteur mehrmals täglich kurze Fahrten im Werksverkehr für einen Automobilhersteller und die Möbelproduktion durch. Zwei Nachtexpress-Linien führen die Stickel-Fahrer zu zwölf Autohäusern.

Darüber hinaus erledigt der Dienstleister auch Beschaffungslogistik und Stückguttransporte sowie Fahrten mit Teil- und Komplettladungen innerhalb Baden-Württembergs. Weiter weg führen die regelmäßigen Touren in das Ruhrgebiet, die Rhein-Main-Region und das Allgäu. Einige davon stehen nur einmal pro Woche an, zu Zeitpunkten, die Stickel relativ frei selbst bestimmen kann. „Darüber können wir unseren Bedarf steuern und halten gleichzeitig Ressourcen für Unvorhergesehenes vor“, verdeutlicht der Diplom-Kaufmann.

Spedition Stickel

  • 1936 gegründet
  • Familienunternehmen in der dritten Generation
  • Geschäftsführer: Christian Stickel
  • Firmensitz: Nagold
  • 111 Mitarbeiter:
    85 Berufskraftfahrer
    12 Disposition/Verwaltung
    11 Fachkräfte für Lagerlogistik
    3 Mechatroniker
  • 65 eigene Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen
  • Umsatz:
    2021: 11,157 Millionen Euro
    2022: 15,5 Millionen Euro
    2024 (geplant): 17 Millionen Euro
  • Jahresüberschuss 2021 (laut „Bundesanzeiger“):
    1,127 Millionen Euro
    Umsatzmarge 10,1 Prozent

Individuell ausgelegte Lang-Lkw

Er achte darauf, dass sich alle Mitarbeiter gegenseitig vertreten können, auch für Fahrten mit einem der sieben Lang-Lkw. „Ursprünglich hatten wir sogar neun davon, aber zwei sind inzwischen stillgelegt. Wir sind der zweitgrößte Lang-Lkw-Typ3-Betreiber in Deutschland“, erzählt er stolz. Für ihren Einsatz hat er mit seinem Kunden einen Fünf-Jahres-Vertrag abgeschlossen und sogar Spezialequipment angeschafft: „Das Projekt ist inklusive aller Kosten langfristig durchkalkuliert.“

In seiner Anfangszeit als Geschäftsführer habe er alle Entscheidungen rein zahlenbasiert gefällt, „inzwischen entscheide ich mehr aus dem Bauch, zum Beispiel wenn ein Kunde der Firma guttun könnte.“ Damit meint Stickel sowohl die Chance auf paarige Verkehre als auch die Reputation. Auf seiner Kundenliste finden sich große Namen der regionalen Industrie: der Möbelhersteller Rolf Benz, die Automotive-Sparte von Bosch, Automobilhersteller Daimler, der Hausgerätefabrikant Liebherr.

Besonders anspruchsvoll seien die zeitkritischen Aufträge aus der Automobilindustrie, allerdings aus einem anderen Grund: „Dafür mussten wir uns zertifizieren lassen.“ Wirklich schwierig sei das nicht gewesen, „weil wir die Prozesse schon hatten, sie waren nur nicht dokumentiert.“

Nur mit Elektro-Lkw will er sich nicht anfreunden. „Meine Berechnungen haben klar ergeben, dass Elektro-Lkw mit Strom aus Photovoltaik ab sechs Fahrzeugen wirtschaftlich wären“, gibt er zu, aber „das Geld in die Ladeinfrastruktur investiere ich erst, wenn ich die Garantie habe, dass selbst erzeugter Strom in den nächsten zehn Jahren nicht besteuert wird.“

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