Nachhaltig entwickelte Softwarelösungen

Revolution in der Logistik: Haltung und Technologie ermöglichen digitale Geschäftsmodelle, mit denen die Unternehmen ihre Verantwortung wahrnehmen. Ein Gastbeitrag von Tim Brühn.

Mit Haltung und Technologie können
Logistikunternehmen Verantwortung
wahrnehmen und zukunftsweisende
Geschäftsmodelle entwickeln. (Illustration: Björn Jagdmann)

Die Zeit ist reif für eine nachhaltige Revolution in der Transport- und Logistikindustrie. Wir tragen Verantwortung, die Erwärmung unseres Planeten auf unter zwei Grad zu begrenzen, ohne dabei soziale Verwerfungen zu erzeugen. Und wir wissen, was dafür benötigt wird: Es braucht Haltung, Werte und Normen. Es bedarf aber ebenso des Einsatzes von nutzerzentrierten Geschäftsmodellen und modernen Technologien. Beides sind Voraussetzungen für innovative Lösungen, die ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit in ihrem Kern vereinen.

So viel zum Pathos. In der Lebensrealität schleichen sich Konjunktive ein: Man müsste, sollte, könnte nachhaltig handeln. Im Privaten beobachte ich sowohl ein Ringen um die individuelle Haltung zur Nachhaltigkeit als auch einen Kampf mit der Komplexität der Aufgaben. Ich selbst arbeite mich manchmal kleinlich an den Entscheidungen und Verhaltensweisen derjenigen ab, die in unserer Gesellschaft nach vorne treten und konkrete Maßnahmen für eine nachhaltigere Zukunft herbeiführen wollen.

Nachhaltige Zukunft

Im Beruflichen ist das anders. Hier ist sehr klar, was Beitrag und Verpflichtung ist. Gemeinsam sind wir verpflichtet, Leuchttürme für eine nachhaltige Zukunft unserer Industrie zu errichten – mit Strahlkraft innerhalb und außerhalb der Branche. Ein probates Mittel ist es, einen Schulterschluss zwischen Vordenkern in etablierten Logistikunternehmen und technologieaffinen Start-ups herzustellen.

Die Voraussetzungen für eine nachhaltige Veränderung unserer Industrie stehen gut. Wir arbeiten in einer hochgradig vernetzten und vielfältigen Branche mit einer Menge ungenutzter Kapazitäten. Wenn wir sie besser auslasten, produzieren wir energieeffizienter, reduzieren den CO₂-Ausstoß und erhöhen die Rendite der beteiligten Firmen. Das unterscheidet unsere Branche von vielen anderen, in denen ökologische Verbesserungen durch einen Verzicht auf Wirtschaftlichkeit erkauft werden müssen. Wir erreichen wirtschaftliche als auch ökologische Nachhaltigkeitsziele über dieselben Hebel. Der Markt ist geprägt von klein- und mittelständischen Firmen und durch engagiertes Unternehmertum. Die Entscheidungsträger haben eine klare Vorstellung von den Vorteilen der Zusammenarbeit. Denn schon heute schaffen sie gemeinsam in Kooperationen Mehrwerte für ihre Kunden – über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus.

Parallel erleben wir einen enormen Technologieschub in den Bereichen Big Data, künstliche Intelligenz (KI) und Algorithmen. Dieser wird getrieben durch einen permanenten Austausch in der Entwickler-Community und durch Technologien wie ChatGPT. Zukunftstechnologie wird zugänglicher für spezialisierte Entwickler von Transport- und Logistiklösungen. In dieser Konstellation ermöglichen es digitale Geschäftsmodelle, ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit miteinander in Einklang zu bringen.

Nutzerzentrierte Webanwendungen und Schnittstellen erschließen digitale Kundenzugänge. Sie reduzieren Transaktionskosten in der Administration von Transporten und Lagerung drastisch. Die gezielte Analyse großer Datenmengen sowie der Einsatz von KI und Algorithmen erlauben nicht nur eine effiziente und lernfähige Allokation von Gütern und Warenströmen. Sie stellen den Auftraggebern auch einen nie dagewesenen Grad an Steuerungs- und Optimierungsmöglichkeiten über zentral verwaltete Dashboards bereit.

Was zur Marktfähigkeit und -relevanz nachhaltiger Geschäftsmodelle fehlt, ist vielfach Vertrauen in Integrität und Qualität – sowohl zwischen den etablierten Partnern auf Nutzerseite als auch zu den aufstrebenden Start-ups, denn die Lösungen erscheinen auf den ersten Blick häufig nicht neutral.

Kultur prägt das Miteinander

Die Gründe dafür liegen mitunter in einer Distanz zwischen den Kulturen. Während der Erfolg der etablierten Mittelständler oft auf einer jahrzehntelangen persönlichen Verwurzelung in der regionalen Wirtschaft und mit regionalen Dienstleistern basiert, streben Start-ups danach, persönliche Beziehungen und manuelle Arbeit durch Standardisierung, Automatisierung und Digitalisierung teilweise obsolet zu machen.

Digitalunternehmen wie Cargo Digital World (CDW) arbeiten kontinuierlich daran, diese gefühlte Unvereinbarkeit zwischen beiden Welten aufzulösen und die Potenziale aus dem technologischen Fortschritt in wechselseitige Vorteile umzumünzen. Zwei Handlungsfelder möchte ich kurz skizzieren.

Im Ladungsverkehr stehen wir aufgrund steigender Mautgebühren und des Fahrermangels vor großen Herausforderungen. Hier können digitale Geschäftsmodelle die Auslastung von Laderaum optimieren. Als Basis dafür dient eine umfassende Analyse der geografischen Verteilung von Teil- und Komplettladungen sowie der verfügbaren Kapazitäten auf den Lkw. Daraus können automatisierte Tourenvorschläge erstellt werden, die an Speditionen und Fuhrunternehmen gehen. Der Einsatz solcher Technologien ermöglicht es ebenso, die Komplexität dieser Aufgabe unter Wahrung des gesetzlichen Regelwerks zu Lenkzeiten und Kabotagevorschriften handhabbar zu machen. Das trägt gleichzeitig zu mehr sozialer Nachhaltigkeit in der Transportorganisation bei. Abseits der technischen Komponente muss solch ein Ansatz Vertrauen, Qualität und Integrität in den Mittelpunkt des Geschäftsmodells stellen. Bei uns geschieht dies über den Aufbau eines Quality Clubs durch die Auswahl von Partnern nach transparenten Qualitätskriterien. Diese Prämisse erlaubt auch eine Öffnung abseits etablierter Partnerlandschaften, sichert dabei trotzdem Verlässlichkeit und Akzeptanz. Wenn wir nachweisen, dass Standardisierung, Automatisierung und Digitalisierung nicht Selbstzweck sind, sondern das Qualitätslevel in der Branche steigern, erfüllen wir unsere eigenen Nachhaltigkeitsansprüche.

Zentrale Steuerung ist nachhaltig

Auch in der Lagerlogistik steigt die Bedeutung von Plattformlösungen, etwa durch die zentrale Steuerung regional gelagerter Bestände. Diese Art von Geschäftsmodell bietet Großkunden wirtschaftliche und strategische Vorteile, weil sie betriebliche und kundenseitige Anforderungen an Logistik und Fulfillment mit großer Transparenz umsetzen können. Solche Plattformen senken administrative Kosten und ermöglichen den Auftraggebern eine flexible Steuerung und Skalierung des Geschäfts.

Der Effekt ökologischer Nachhaltigkeit liegt auf der Hand, weil Güter in geografischer Nähe zum Empfänger einen geringeren ökologischen Fußabdruck erzeugen als zentral gelagerte Waren, die über lange Strecken transportiert werden müssen – vor allem durch die Vermeidung von Transportkilometern. Modellrechnungen zeigen auch, dass die Transportkosten um mindestens 15 Prozent sinken. Die meisten mittelständischen Logistikpartner setzen durch ihre Unternehmenskultur und Prägung höhere Standards bei den Arbeitsbedingungen.

Die Branche schickt sich an, digitale und ressourcenschonende Geschäftsmodelle nicht nur zu entwickeln, sondern umfänglich zu etablieren. Durch stärkere Vernetzung schaffen wir Marktrelevanz für nachhaltige Angebote und tragen zur Zukunftsfähigkeit des Mittelstandes bei. Der richtige Zeitpunkt für Lösungsansätze mit Leuchtturmcharakter ist genau jetzt. (loe)

Tim Brühn ist Vorstand von Cargo Digital World (CDW). Das 2021 gegründete Unternehmen treibt digitale Geschäftsmodelle für den Stückgutverbund Cargoline voran.

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