Wie KI bessere Unternehmensentscheidungen trifft

Das Heidelberger Start-up Paretos will geschäftliche 
Entscheidungen nicht mehr Excel-Listen und dem Bauchgefühl der CEOs überlassen. Die Gründer sind überzeugt: Es gibt Dinge, die künstliche Intelligenz besser und schneller kann als der Mensch.

Dieser Artikel stammt aus dem DVZ-Themenheft „Digitalisierung“. Für die visuelle Darstellung kam ein auf Deep Learning basierender Text-zu-Bild-Generator zum Einsatz. (Illustration: KI-generiert: Stability.AI/DreamStudio/DVZ)

Wer ein Unternehmen führt, muss in der Lage sein, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Doch der manuelle Aufwand, um Risiken vorzubeugen, eine effiziente Lager- und Personalplanung zu realisieren oder das Potenzial neuer Märkte zu erkennen, ist in Logistikunternehmen nicht zuletzt aufgrund der Komplexität und Dynamik der Lieferketten immens. Auch der Einsatz von Excel oder ERP-Systemen stößt angesichts der Fülle an Daten, die täglich erfasst und ausgewertet werden müssen, zunehmend an seine Grenzen.

„Viele große Unternehmen scheitern daran, die vorhandenen Technologien richtig zu nutzen. Entweder liegt es an der Kommunikation zwischen den einzelnen Unternehmensbereichen oder an der Komplexität angesichts der hohen Auslastung in den Unternehmen“, beobachtet Thorsten Heilig, CEO und Mitgründer von Paretos. Das 2020 gegründete Start-up nutzt künstliche Intelligenz (KI), um Entscheidungsprozesse entlang der Supply Chain datenbasiert zu optimieren. Im Fachjargon heißt das „Decision Intelligence“.

„Unser Ziel war es, ein Produkt zu schaffen, das in jedem Fachbereich von den Logistikern selbst genutzt werden kann und nicht nur von IT-Experten“, erklärt der 42-Jährige. „Im Endeffekt ist unsere Lösung ein Meta-Modell wie ChatGPT, nur nicht für Sprache, sondern für Businessvorhersagen und -empfehlungen.“ Dazu wird die Software des Start-ups auf Basis der gesammelten Vergangenheitsdaten der Kunden trainiert und mit externen Daten wie Wettervorhersagen oder verkehrsrelevanten Informationen wie Schulferien angereichert. So lassen sich unter anderem Optimierungsmaßnahmen, Zukunftsszenarien oder bestimmte Muster wie Saisonalitäten oder Spitzentage skalierbar ermitteln.

Der Plattform die richtigen Fragen zu stellen, bleibt aber dem Menschen überlassen. „Wir sagen immer: Strategie und Kontext sind etwas, was der Mensch macht. Aber Muster in den Daten zu erkennen, die Daten zusammenzufassen und daraus gute Vorhersagen zu machen, das können Maschinen nun mal besser“, sagt Heilig.

Technologie ist die Grundvoraussetzung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Thorsten Heilig, CEO und Mitgründer von Paretos

Bedarfsplanung optimieren

Gerade in volatilen Märkten wie der Modeindustrie können präzise Prognosen einen entscheiden Wettbewerbsunterschied ausmachen. Als Paradebeispiel hierfür gilt der chinesische Fast-Fashion-Riese Shein. Der große Geschäftserfolg des Unternehmens basiert nicht zuletzt auf den Daten, die gesammelt werden, um Trends zu erkennen, die Nachfrage zu prognostizieren und die gewonnenen Erkenntnisse über die gesamte Lieferkette hinweg zu nutzen.

Auch Paretos ist mit seiner Technologie bereits in der Modebranche aktiv. Die KI-gesteuerte Software berücksichtigt dafür unter anderem die Nuancen von Farben und Größen, um die Nachfrage auf Artikelbasis möglichst genau vorherzusagen. Auf diese Weise können absatzschwache Produkte frühzeitig identifiziert und wesentlich präzisere Entscheidungen darüber getroffen werden, welche Produkte am Markt gefragt sind.

Das Kölner Modelabel Armedangels sieht darin die Chance, seine Überproduktion jährlich um mehr als 40.000 Teile zu reduzieren. „Das minimiert Umweltauswirkungen, optimiert Abläufe und setzt ein klares Zeichen für Innovation und Engagement in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft“, ist CEO Martin Höfeler überzeugt. Zudem können Unternehmen ihre Lagerbestände optimieren und Kosten senken.

Schneller als die Konkurrenz

Die Kunden des Start-ups kommen vor allem aus dem Mittelstand, aber auch für kleinere Unternehmen könne die Lösung hilfreich sein. „Grundvoraussetzung ist allerdings ein gewisser Grad an Digitalisierung, handschriftlich erfasste Daten können wir nicht in unsere Plattform integrieren“, sagt Heilig. Er und sein Mitgründer Fabian Rang starteten die Plattform im August 2021. Kurz darauf sammelten sie in einer Seed-Finanzierungsrunde bereits 3,5 Millionen Euro ein. Ein Jahr später erhöhte sich die Investitionssumme auf zehn Millionen Euro. Und auch für die kommenden Jahre sehen sich die Gründer mit ihrem Geschäftsmodell gut aufgestellt.

Es wird immer Ereignisse geben, die weder Mensch noch KI vorhersagen können. Thorsten Heilig, CEO und Mitgründer von Paretos

„Wir müssen Technologie einsetzen, wenn wir optimale Entscheidungen treffen wollen. Sie ist absolute Grundvoraussetzung, um auch als Wirtschaftsstandort wettbewerbsfähig zu bleiben“, ist Heilig überzeugt. „Zudem werden wir in den nächsten Jahren einen immer höheren Automatisierungsgrad im Bereich der Technologie erleben. Es wird selbstverständlicher sein, dass diese Art von Daten zur Verfügung stehen.“

Bis dahin stehen Unternehmen weiterhin vor der Herausforderung, aus künstlicher Intelligenz einen Mehrwert für das eigene Geschäft zu generieren. Doch auch hier gibt es Grenzen, derer sich Entscheider bewusst sein sollten. „Es wird immer Ereignisse wie politische Konflikte oder Großwetterlagen geben, die weder Menschen noch künstliche Intelligenz vorhersagen können“, weiß Heilig und fügt hinzu: „Die Frage, die sich Unternehmen stellen müssen, ist also vielmehr, wie schnell sie in der Lage sind, sich auf neue, unerwartete Rahmenbedingungen einzustellen und schneller als die Konkurrenz damit umzugehen.“

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