Gschwander: Mittelständler mit klarer E-Perspektive

Lkw-Antriebe sorgen nicht nur für Vortrieb, sie unterstützen auch manches Zubehör im Innern. Bei Silofahrzeugen treiben sie die Kipphydraulik der Auflieger an und sie unterstützen im Fahrzeug verbaute Kompressoren, die Druckluft für Ladevorgänge erzeugen. „Für Diesel-Lkw wird dieses Zubehör in Serie angefertigt“, sagt Simon Gschwander, Mitglied der Geschäftsleitung der Spedition Gschwander in Teningen. „Für elektrische Lkw müssen hingegen Sonderlösungen entwickelt werden.“ Mit solchen sind die vier eActros-Lastzüge ausgestattet, die das Unternehmen erst kürzlich in Betrieb genommen hat.
Dritte Generation steuert den Umstieg
Damit ist der Startschuss der Umstellung des Gschwander-Fuhrparks auf E-Mobilität gegeben – ein Projekt, für das der 27-jährige Simon Gschwander verantwortlich zeichnet. Jetzt wartet der Schüttgutlogistiker, der in zweiter und dritter Generation von Andreas August Gschwander und Andreas Gschwander geleitet wird, auf vier weitere E-Lkw, womit der erste große Schritt für den langfristigen Umstieg in Richtung umweltschonender Transporte vollzogen ist. Darüber hinaus werden fünf Standorte mit sieben Schnellladestationen ausgerüstet.
„Wir sehen uns als Familienunternehmen zur Nachhaltigkeit verpflichtet“, sagt Projektleiter Gschwander. Während der letzten Jahre haben die Südbadener, die rund 200 Mitarbeiter beschäftigen und 170 Lkw-Züge fahren, nahezu alle gängigen Umweltzertifikate erworben. Außerdem sei man früher als andere Branchenunternehmen auf Euro-6-Lkw umgestiegen und haben diese schon vor 2010 mit E10 betankt.
Trotzdem ist für das Familienunternehmen der Umstieg auf Elektromobilität ein besonderer Kraftakt. Nicht genug damit, dass E-Lkw wegen der hohen Preise für Batterien, elektronische Komponenten und Extra-Zubehör weiterhin kaum bezahlbar sind. Weil zudem in Süddeutschland, dem Haupteinsatzgebiet der Spedition, von einem flächendeckenden Netz an Lkw-Schnellladestationen keine Rede sein kann, müssen die Südbadener in eine interne Ladeinfrastruktur investieren. Am Stammsitz Teningen und in Dotternhausen auf der Schwäbischen Alb baut der Freiburger Energiedienstleister Badenova jeweils zwei, an drei anderen Standorten jeweils eine Schnellladestation.
Schnelles Laden im Depot
Bei einer Spitzenleistung von 400 Kilowatt kann jede Säule die Batterien eines eActros in 45 Minuten auf bis zu 50 Prozent aufladen. Mehr Zeit dürfen die Ladevorgänge nicht in Anspruch nehmen. Aus diesem Grund will Gschwander die acht E-Lkw, die laut Hersteller eine Reichweite von 500 Kilometern haben, im Nahverkehr, also auf Strecken von maximal 300 Kilometer, einsetzen. „Wir können so die Fahrzeuge ausschließlich an eigenen Säulen aufladen“, sagt Simon Gschwander, in Teningen wird dies in Zukunft mit eigenem Strom möglich sein. Auf dem Dach der Unternehmenszentrale baut der Schüttgutlogistiker eine Photovoltaikanlage, welche mit einer Maximalleistung von 800 Kilowatt Peak den für Standort und E-Flotte benötigten Strom produziert.
Die Südbadener haben die millionenschwere Investition mit rund 2,4 Millionen Euro an Fördergeldern gestemmt. Da zum Zeitpunkt der Beantragung noch das bundesweite Programm für Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur (KsNI) galt, wurden die Mehrkosten für E-Lkw mit 80 Prozent und die Investitionen für die E-Ladeinfrastruktur ebenfalls mit 80 Prozent bezuschusst. „Ohne die Förderung wären wir nicht bereits jetzt in die E-Mobilität eingestiegen“, räumt Gschwander ein.
Als Alternative haben das Familienunternehmen auch Wasserstoff-Lkw geprüft und wegen der noch höheren Anschaffungskosten wieder verworfen. Außerdem ist das Netz an Wasserstofftankstellen noch dünner als das für Ladeinfrastruktur und der weitere Ausbau ist ungewiss. „Für einen wirklich nachhaltigen Umstieg wäre nur grüner Wasserstoff infrage gekommen“, sagt Gschwander. In diesem Jahrzehnt sei dieser alternative Energieträger noch keine Option.
Warten auf neue Förderkulisse
Über den weiteren Ausbau der E-Flotte will Simon Gschwander aktuell keine Aussage machen. Die Beschaffungsplanung ab 2026 sei noch nicht abgeschlossen, heißt es. Viel hängt von der künftigen Förderung ab. Das KsNI -Programm ist zwischenzeitlich ausgelaufen und ein Nachfolger noch nicht in Sicht. Gut möglich, dass die Anschaffung weiterer E-Lkw sich hinziehen wird.
„Der Betrieb dieser Fahrzeuge muss wirtschaftlicher werden“, sagt Gschwander mit Blick auf die hohen Strompreise. Schließlich will der Schüttgutlogistiker E-Lkw auch in Fernverkehren einzusetzen, was externe Aufladungen voraussetzt. Gegenwärtig verbrauchen die Fahrzeuge laut Gschwander 120 bis 140 Kilowattstunden auf 100 Kilometern. „Das ist vor allem unter energetischen Gesichtspunkten sinnvoll“, sagt der Logistiker. (ben)