Zugang zu künstlicher Intelligenz

Je komplexer die Zusammenhänge sind, desto mehr kann KI helfen, lautet ein immer wieder zitierter Satz. Fraunhofer-Wissenschaftler untermauern dies mit immer neuen Lösungen, die die Effizienz von Prozessen steigern und deren Kosten senken können. Die Entwicklungen der Fraunhofer-Institute (Halle B1, Gemeinschaftsstand 501/602) decken mittlerweile das ganze Spektrum der Logistik ab, bereits die Abläufe auf dem Betriebshof lassen sich mit KI optimieren. Mit „Yard Lense on Edge“ präsentiert das Dortmunder Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (IML) eine Lösung für Positionsbestimmungen von Lkw. Das System zeichnet auf, welches Fahrzeug zu welcher Zeit auf welchem Stellplatz abgestellt wird, und kann Fehler wie das Andocken am falschen Tor sofort korrigieren.
Solche Lösungen macht die „Machine Learning“ (ML)-Toolbox möglich. Für immer wiederkehrende Aufgaben entwickeln die Fraunhofer-Wissenschaftler auf Basis von ML-Modulen eine Bildverarbeitungssoftware, die auf unterschiedliche Anwendungsfälle zugeschnitten werden kann. Bei „Yard Lense on Edge“ muss die KI Lkw und ihre Kennzeichen erkennen und auswerten.
Eine weitere Toolbox nennt sich Omnistics (siehe auch Seite 23). Sie macht modulare und barrierefreie KI-Anwendungen in der Logistik möglich und wurde für Unternehmen ohne umfangreiche IT-Infrastruktur entwickelt. Mit Omnistics-Tools können sie ohne hohe Anfangsinvestitionen einfache Lösungen für Disposition, Tourenplanung und andere Prozesse entwickeln.
Dauerbrenner Dekarbonisierung
Mit „Skala“ haben die IML-Experten ein skalierbares KI- und Blockchain-Produkt entwickelt, das Wertschöpfungsnetzwerke aller Art weiter automatisiert. Messebesucher erleben Lösungen, welche die Glaubwürdigkeit von Lieferantendaten untermauern, Preisfindungen und Rechnungsstellungen erleichtern und papierne oder eingescannte Transportdokumente digitalisieren und maschinenlesbar machen. Weitere KI-basierte Lösungen sollen die optimale Beladung von Lkw-Ladeflächen und die Kontrolle von Güterwaggons erleichtern.
Der Dauerbrenner Dekarbonisierung ist weiter präsent: Die IML-Wissenschaftler haben unter anderem einen Produktpass für grünen Wasserstoff entwickelt, der Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette verspricht und den Einsatz dieses Energieträgers als Ersatz für fossile Brennstoffe deutlich erleichtern könnte. Mit dem „REff Tool“ gibt es auch eine Lösung für das Ermitteln von Treibhausgasemissionen von Logistikketten und Logistikstandorten. Es arbeitet auf Basis der vom Fraunhofer IML mit entwickelten Norm ISO 14083.
Energieeffiziente Logistikzentren
Wenn möglich sollte ein Logistikzentrum nicht nur bei den Prozessen, sondern auch beim Bau durch Nachhaltigkeit und Energieeffizienz überzeugen. Weil vor allem bei Bestandsgebäuden wichtige Daten unvollständig sind oder fehlen, bleiben sie weit hinter den Möglichkeiten zurück, die moderne Gebäudetechnik eröffnet. Abhilfe verspricht das Forschungsprojekt „Granergize“ des Bereichs Suppy Chains Services (SCS) des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS) in Nürnberg. Ein interdisziplinäres Team entwickelt einen graphenbasierten Datenraum, also ein digitales Schaubild, das Objekte und deren Wechselbeziehungen visualisiert. Der Datenraum soll über den Wärme- und Stromverbrauch hinaus alle hausinternen Daten erfassen und außerdem Klima- und Umweltdaten der unmittelbaren Umgebung berücksichtigen.
Jetzt arbeiten die Wissenschaftler an Algorithmen, welche wechselseitige Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Werten ermitteln und die tatsächliche Energieeffizienz einigermaßen realistisch abbilden. Von den Ergebnissen kann jeder Entwickler und Vermieter profitieren, der Logistikstandorte energieeffizient machen will. Der Wettbewerb ist unverändert intensiv, wie die interaktive Plattform L.Immo online zeigt. Sie analysiert mit flächendeckenden Indizes, wie aufgeschlossen einzelne Regionen in Deutschland für Logistikansiedlungen sind und wie viele Flächen und Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Im Fokus stehen die 23 Regionen, die die Fraunhofer-SCS-Wissenschaftler als Logistikhochburgen einstufen. Jetzt können sie mit KI-basierten Daten- und Textanalysen wirtschaftliche Zusammenhänge noch besser erfassen und mit Hilfe von Geodaten und Satellitenbildern weitere logistikrelevante Strukturen identifizieren.
Containerprozesse optimieren
An Lösungen für bessere Containerzuläufe arbeitet das Fraunhofer Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML). Im Forschungsprojekt Flexiking entwickeln die Hamburger Wissenschaftler ein Zeitfensterbuchungssystem, das aktuelle Veränderungen in Schiff-, Bahn- und Lkw-Zuläufen in Echtzeit berücksichtigt. Per KI passt diese die vorhandenen Buchungen an und ermittelt die optimalen Zeitfenster für alle Teilnehmer, was Wartezeiten verkürzt und Umschlagkapazitäten besser auslastet. Außerdem arbeitet das CML-Team an einem KI-gestützten Prognosewerkzeug, das die voraussichtlichen Ankunftszeiten weiter präzisiert.
Ebenfalls mit KI arbeitet das CML-System Smart-Stack, das den Containerumschlag in Terminals optimiert. Rund 20 Prozent der Containerbewegungen gelten als unproduktiv. Die CML-Experten haben eine Schnittstelle entwickelt, die die Auftragsdaten der Logistikdienstleister automatisch an das Terminal weiterleitet. Für die meisten Container kann Smart-Stack einen präzisen Abholzeitpunkt ermitteln. Wenn keine Informationen vorliegen, springt KI ein und prognostiziert den optimalen Termin. Weitere Module haben optimale Stellplätze für Container zum Gegenstand, ohne dass Umstapelungen notwendig werden.
Allenfalls am Rande spielt autonomes Fahren, ebenfalls ein Trendthema der vergangenen Jahre, auf der Leitmesse in München eine Rolle. Das 2023 vom Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (Halle B4, Stand 213/314) mit weiteren wissenschaftlichen Partnern gestartete EU-Projekt Seamless untersucht organisatorische und technologische Rahmenbedingungen für autonome Fahrlösungen in Shortsea- und Binnenschifffahrtsverkehren. Parallel läuft das Projekt Rain, das Binnenhäfen auf die autonome und automatisierte Schifffahrt vorbereitet. (cs)