Außenhandel: Russland zunehmend isoliert

Russland ist zunehmend vom Handel mit dem Westen abgekoppelt, wie verschiedene Daten zeigen. An den drei größten Häfen des Landes, St. Petersburg, Wladiwostok und Novorossiysk, ist der Containerverkehr demnach im Vorjahresvergleich bereits um die Hälfte eingebrochen.

(Foto: ffikretow/iStock)

Russland ist zunehmend vom Handel mit dem Westen abgekoppelt. Das zeigt die Auswertung von Schiffspositionsdaten durch das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Russlands Isolation spiegelt sich demnach in einem abrupten Rückgang der an- und ablegenden Containerschiffe in den dortigen Häfen wider. An den drei größten Häfen des Landes, St. Petersburg, Wladiwostok und Novorossiysk, ist der Containerverkehr im Vorjahresvergleich bereits um die Hälfte eingebrochen.

Die Analyse zeigt zudem, dass die Ukraine praktisch vom internationalen Seehandel abgeschnitten ist. Den wichtigsten Hafen des Landes, Odessa am Schwarzen Meer, hat seit Kriegsausbruch kein großes Containerschiff mehr angelaufen.

„Die Sanktionen des Westens zeigen ganz offenbar Wirkung, und die russische Bevölkerung sieht sich einem immer knapper werdenden Warenangebot gegenüber“, kommentiert IfW-Ökonom Vincent Stamer die Ergebnisse mit Blick auf Russland und fügt hinzu: „Europas Unternehmen und Reedereien schränken offensichtlich den Transport über den Seeweg ein. Gleiches dürfte für den Handel über den wichtigeren Straßenverkehr gelten, was den starken Rückgang bei Russlands Importen erklärt“, sagt Stamer.

Die tagesaktuellen Schiffsbewegungsdaten stellt die Rostocker Firma Fleetmon bereit. Ein am IfW programmierter Algorithmus wertet diese aus und übersetzt sie in preis- und saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber dem Vormonat. Für Russland weist der sogenannte Kiel Trade Indicator weiter fallende Handelsdaten aus.

Auch insgesamt treten die negativen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine für den globalen Handel nun deutlich zutage. „Die angespannte Lage in der Weltwirtschaft und zunehmende Schwankungen im Containerschiffsnetzwerk werden im Kiel Trade Indicator durch fast ausschließlich negative Vorzeichen sichtbar“, kommentiert Stamer. Öl- und Gaslieferungen werden von dem Frühindikator nicht erfasst, ausschließlich der maritime Handel über Container.

Der US-amerikanische Supply-Chain-Plattformanbieter Fourkites hat ebenfalls neue Daten zu den Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Lieferketten veröffentlicht.

Demnach gehen weiterhin viele Lieferungen in Länder, die an Russland und/oder die Ukraine grenzen, weil die Verlader möglicherweise immer noch Waren umleiten. Der 7-Tagedurchschnitt des Liefervolumens in diese Länder – einschließlich Finnland, Lettland, Estland, Polen und andere – liegt derzeit etwa 50 Prozent höher als zum 21. Februar, während die Lieferungen in die Ukraine und nach Russland im gleichen Zeitraum um 58 Prozent gesunken sind.

Den Daten zufolge ist die von Russland importierte Ladungsmenge in der Woche vom 28. bis 3. April im Vergleich zur Vorwoche um 7 Prozent gefallen und liegt damit nun 54 Prozent unter dem Niveau vom 14. bis 20. Februar, der Woche vor der russischen Invasion.

In der Ukraine sind die Einfuhrmengen zur Vorwoche erneut gestiegen, sind im Vergleich zur Vorkriegswoche aber um 76 Prozent reduziert.

Im Vergleich zu der Zeit vor der Invasion sind die Verspätungen bei den Teilladungen weiterhin erhöht. Der Prozentsatz der verspäteten Ladungen nach Osteuropa ist im Vergleich zu Mitte Februar um 8 Prozent gestiegen.

Die Verweilzeiten in den Nordseehäfen haben sich im Vergleich zur Zeit vor der Invasion erhöht, da neue Beschränkungen im Zusammenhang mit den Sanktionen gegen Russland die Abfertigungszeiten verlängert haben. In den Nordrange-Häfen von Rotterdam, Antwerpen und Bremerhaven erreichte der 4-Wochendurchschnitt bei der Verweildauer im Seeverkehr für Exporte am 3. März mit 11 Tagen einen Höchststand. Seitdem hat sich die Verweildauer bei den Ausfuhren stabilisiert, liegt aber immer noch deutlich über dem Wert von Anfang Februar.

Auslaufende Schiffe mit Exportladung in europäischen Häfen verzeichneten zuletzt eine erhöhte Verweildauer. Beim Import sind die Wartezeiten weiterhin niedrig. Transshipmentverkehre kommen im Vergleich zu Mitte Februar auf eine um 29 Prozent längere Wartezeit in den Häfen.

Die Verweilzeiten im Seeverkehr für Nordeuropa stiegen in der vergangenen Woche deutlich an, und zwar um 45 Prozent gegenüber der Vorwoche. Damit liegen sie 40 Prozent über denen von Mitte Februar. Die Verweildauer in Westeuropa stieg dagegen langsamer an, und zwar um 10 Prozent gegenüber der Vorwoche. Sie lag damit 26 Prozent über der von Mitte Februar. (cs)

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