Ach wie hatten wir gehofft! Als Lkw durch Vororte rollten und die Menschen im Corona-Schock nicht meckerten, sondern klatschten. Beifall statt Bashing, dachten wir: geht doch! Endlich wird den Menschen mal klar, wie wichtig Logistik für ihren Alltag ist!
Leider war die Euphorie nur von kurzer Dauer. Jedenfalls aus Sicht von Fahrern, Fahrerinnen, Logistikunternehmerinnen und -unternehmern. Kaum waren die wichtigsten Regale gefüllt und ein Versorgungskollaps abgewendet, da stand Logistik schon wieder in der Schmuddelecke: Verschandelt die Landschaft mit riesigen Hallen, verstopft die Straßen, verdirbt die Klimabilanz, macht Krach und auch noch die Wege kaputt. Also alles zurück auf Anfang.
Das ist ausgesprochen schade. Denn ein schlechter Ruf schreckt dringend benötigte Nachwuchskräfte ab und macht Logistik-Neuansiedlungen oft genug zu einem zeitfressenden und nervtötenden Spießrutenlauf. Wie aber kann es gelingen, dieses Negativbild nachhaltig zu verändern?
Es geht jedenfalls nicht nur mit elementarer Logik. Logistik, könnte man argumentieren, vollzieht nur, was Verbraucher, Hersteller und Händler miteinander vereinbaren: Du bietest etwas an, ich will es haben. Also legen wir den Ort für die Übergabe fest und Fachleute sorgen dafür, dass es rechtzeitig dort ist. Logistiker helfen also, Versprechen anderer zu erfüllen. Sie dafür mit Ablehnung zu überschütten, ist wie den Boten erschlagen: Der kann ja auch nichts dafür, dass er seinen Kopf vor Ort hinhalten muss. Alles logisch. Nur: Diese Strategie ist schlecht zu verkaufen, weil sie zu sehr nach Fingerpointing riecht.
Es geht auch nicht nur damit, dass Logistiker mantrahaft die Botschaft verbreiten: „Wir sind die Guten! Wir mischen überall mit, für euch! Ohne uns geht nichts zusammen, aber mit uns alles besser!“ Das lässt sich zwar detailgenau nachweisen. Nur: So genau will gar keine(r) wissen, was alles passieren muss, damit die eigenen Wünsche erfüllt werden können. Wer also zu erklären versucht, erzeugt schnell ein schlechtes Gewissen – keine gute Basis, um mehr Verständnis für Logistik zu erzeugen.
Hoffnungslos wird es schließlich, wenn die dritte Stufe in dieser Richtung genommen wird: Menschen erklären zu wollen, sie müssten ihr Verhalten ändern, damit Dinge besser werden. Das haben schon die Grünen mit ihren Veggie-Tagen leidvoll erfahren müssen. Natürlich sähe die Klimabilanz des Verkehrs besser aus, würde mehr regional gekauft, auf Next- oder Same-day-Lieferung verzichtet oder öfter frisch gekocht statt in der Mikrowelle erhitzt. Aber wer will das schon hören – geschweige denn etwas verändern? So richtig die Argumentation sein mag: Man landet in der Besserwisser-Schublade – und da ist es düster und perspektivlos. Ziel verfehlt.
Ist also die Logistik dazu verdammt, dauerhaft den Paria zu spielen? Nein, ist sie nicht. Aber, so bitter das sein mag: Sie hat nur wenig mitzureden bei der Rollenbesetzung – darüber entscheiden vor allem andere.
Die Börsen beispielsweise, die sinkende CO2-Zahlen mit steigenden Aktienkursen belohnen – eine ausgezeichnete Motivation für Unternehmen, an ihrem ökologischen Fußabdruck zu arbeiten. Das wiederum landet als Anforderung auch bei den Logistikern, die sich nun mit nachhaltigen Lösungen profilieren können.
Die Politik, natürlich. Mit der CO2-Bepreisung befeuert sie den gleichen Effekt wie die Börsen. Eine ähnliche Logik kann sie auch bei anderen Umweltbelastungen anlegen – Stichwort: externe Kosten. Geld war schon immer magischer Treiber von Veränderungen und ein drohender Griff in den Geldbeutel ist es allemal.
Beide zusammen können auch die hartleibigsten Verladerbetriebe dazu bewegen, ihre Logistikabläufe stärker auf die Effizienz der gesamten Supply Chain auszurichten – und wieder profitieren die Logistiker: Sie können ihre Leistung zu einem nachhaltigeren Produkt weiterentwickeln.
Doch was kann die Logistikbranche selbst tun? Sie sollte mehr visualisieren, was sie tut und wer es tut. Also zeigen, wie offen, nachhaltig, modern und zugewandt sie ist. Ein hervorragender Weg zu einem positiveren Bild sind deshalb vorbildhafte Immobilien. Davon gibt es immer mehr, und das ist gut so.
Logistikbetriebe und ihre Mitarbeitenden gehören zudem unbedingt ins gesellschaftliche Leben ihrer Stadt oder Gemeinde. Spediteure, die man aus Gemeinderat oder Nachbarschaftsarbeit kennt, werden nicht pauschal verunglimpft. Auch soziales Engagement, wie es beispielsweise vor einigen Wochen der Fahrzeuglogistiker Jörg Mosolf mit seiner Stiftung öffentlich machte, prägt ein positives Bild. Und jeder Lkw mit Firmenaufschrift wird zur rollenden Reklametafel für die Logistik, wenn der Fahrer sich aufmerksam, freundlich und rücksichtsvoll durch den Straßenverkehr bewegt. Letztlich geht es darum, in einen positiven Dialog zu kommen. Klatschen müssen sie ja gar nicht, die Menschen. Das verhallt ohnehin zu schnell. (kl)
Heinrich Klotz ist Chef vom Dienst der DVZ in Hamburg.