Tarifkonflikt in den Seehäfen: Verdi stimmt Tarifvertrag zu

Die Gefahr eines neuen Streiks in den deutschen Nordseehäfen ist gebannt. Am Montag, also knapp zwei Wochen nach einem Kompromiss mit dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), stimmte die Bundestarifkommission der Gewerkschaft Verdi dem neuen Tarifwerk zu.

(Foto: iStock)

Einer der längsten Tarifkonflikte in den deutschen Nordseehäfen ist beigelegt. Knapp zwei Wochen nach einem Kompromiss mit dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) stimmte die Bundestarifkommission der Gewerkschaft Verdi dem neuen Tarifwerk zu. "Damit tritt der Tarifvertrag in Kraft." Er enthält deutliche Entgelterhöhungen für die 12.000 Hafenarbeiter in diesem und im kommenden Jahr. Außerdem wurde eine Klausel für den Fall vereinbart, dass die Inflationsrate von fast acht Prozent auch im kommenden Jahr ausufern sollte.

"Unser Ziel war ein echter Inflationsausgleich, um die Beschäftigten nicht mit den Folgen der galoppierenden Preissteigerungen alleinzulassen", sagte die Verhandlungsführerin der Gewerkschaft, Maya Schwiegershausen-Güth. "Das ist uns für die allermeisten Betriebe gelungen." Die ZDS-Verhandlungsführerin Ulrike Riedel sagte: "In einer langen und harten Tarifauseinandersetzung sind die Unternehmen über ihre Belastungsgrenze gegangen, um zu einer Einigung zu kommen und die Zukunftsfähigkeit der deutschen Seehafenbetriebe nicht aufs Spiel zu setzen."

Vorausgegangen war eine Warnstreikserie, die im Juni und Juli die Abfertigung in den Häfen für insgesamt 80 Stunden lahmgelegt hatte. Verdi und der ZDS brauchten zehn Verhandlungsrunden für eine Tarifeinigung. Die Bundestarifkommission der Gewerkschaft hatte nach der letzten Runde schon mit großer Mehrheit die Annahme empfohlen. Die nun erfolgte endgültige Zustimmung sollte aber wegen des besonderen Charakters der Tarifrunde noch von der Meinung der Gewerkschaftsmitglieder in den betroffenen Betrieben abhängig gemacht werden.

Das Tarifergebnis ist kompliziert, weil es für einen Zeitraum von zwei Jahren und verschiedene Typen von Betrieben gilt und zudem Regeln für den Umgang mit einer möglicherweise anhaltend hohen Teuerung enthält. Vor allem um diese Regeln hatten die Tarifparteien heftig miteinander gerungen.

Verdi beziffert die Lohnerhöhungen für die Containerbetriebe (A-Betriebe) in diesem Jahr je nach Lohngruppe mit bis zu 9,4 Prozent. Für die konventionellen Betriebe (B-Betriebe) zum Beispiel im Auto- oder Stückgutumschlag werden bis zu 7,9 Prozent taxiert und für die wirtschaftlich angeschlagenen Betriebe (C-Betriebe) mit einem eigenen Sanierungstarifvertrag 3,5 Prozent.

Für das kommende Jahr sieht der Abschluss laut Verdi für C-Betriebe 2,5 Prozent sowie für A- und B-Betriebe 4,4 Prozent mehr Geld vor. Sollte die Inflation 2023 über diesen 4,4 Prozent liegen, gibt es bis zu einer Schwelle von 5,5 Prozent einen automatischen Ausgleich durch die Arbeitgeber. Bei einer Teuerung über 5,5 Prozent wird neu verhandelt, und es gibt unter Umständen ein Sonderkündigungsrecht.

"Mit einer solchen Inflationsklausel wird zumindest in Deutschland weitgehend tarifpolitisches Neuland betreten", urteilte der Leiter des Tarifarchivs beim Institut WSI der Hans-Böckler-Stiftung, Thorsten Schulten. Aber auch bei den Lohnerhöhungen könne sich der Abschluss sehen lassen, sagte Schulten in einem von Verdi veröffentlichten Interview. "Mehr noch: Er zeigt, dass auch unter schwierigen Bedingungen hohe Lohnzuwächse durchsetzbar sind." (dpa/fho)

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