Secure System: Aus der Vergangenheit lernen

Das Münchener Start-up Secure System setzt auf das Potenzial von digitaler Transparenz. Auch der Versicherungsmarkt soll nun profitieren.

IoT-Geräte können innerhalb weniger Sekunden am Container angebracht werden, um sicherheitsrelevante Daten sowie Umgebungsdaten zu ermitteln. (Foto: Secure System GmbH)

Die Terroranschläge vom 11. September 2001 gehören für viele Menschen zu den Momenten, die sich ins Gedächtnis eingebrannt haben. In der Logistikbranche haben jene Ereignisse zu einem Umdenken geführt, weiß Oliver Toma, COO des Münchener Start-ups Secure System, das mit Hilfe des Internets der Dinge (Internet of Things, IoT) die Sicherheit und Transparenz von Containertransporten gewährleistet.

Die Basistechnik dafür wurde bereits 2010 von Airbus Defence and Space als späte Reaktion auf den 11. September entwickelt, als Begriffe wie IoT noch Fremdwörter für die Logistik waren. Subventioniert wurde das Projekt damals vom Bremer Senat.

„Es ging darum, die Integrität für Warensendungen in die USA aus Angst vor einer Bombe oder Ähnlichem transparent zu machen“, erklärt Toma. 2017 wurde Secure System als eigenständiges Unternehmen ausgegründet und verfügt heute über zehn Mitarbeitende sowie Standorte in München, Bremen, Washington D.C. und Tokio. Denn die Relevanz von Lieferkettentransparenz gewinnt mit Blick auf aktuelle Krisen wie der Corona-Pandemie oder dem Krieg in der Ukraine weiterhin an Relevanz.

„Containertransporte sind die am wenigsten kontrollierte und überwachte Art des Gütertransports“, sagt CCO Heinz Klein. Das Problem: fehlende Ressourcen der Zollbehörden, auch in Handelsregionen wie Europa und Nordamerika. So könne immer nur ein Bruchteil der Container inspiziert werden, so Klein. „Damit besteht gegebenenfalls der Anreiz, diesen Zustand zu missbrauchen.“

Containertransporte werden am wenigsten kontrolliert. Heinz Klein, CCO des Start-ups Secure System

Montage in 30 Sekunden

Die Lösung des Start-ups basiert auf IoT-Geräten, die an Containern angebracht werden. Erfasst werden dabei zwei Arten von Daten: Umgebungsdaten, die den Zustand der Fracht im Container beeinflussen können, darunter Messwerte wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Erschütterung oder Luftdruck. Werden dabei zuvor selbst festgelegte Grenzwerte überschritten, wird ein Echtzeit-Alarm ausgelöst und übermittelt. Zusätzlich werden sicherheitsrelevante Daten wie Türöffnungen, Lichteinfall, Bewegungen im Innenraum des Containers sowie Informationen zum Montagestatus des IoT-Geräts dokumentiert.

„Das Gerät kann in weniger als 30 Sekunden und ohne Werkzeuge am Container angebracht und aktiviert werden – gleiches gilt für die Demontage am Ende des Transports“, erklärt Klein. Ab diesem Moment werden Daten und Auswertungen selbstständig an eine digitale Plattform übermittelt. Auch die Auswahl des Kommunikationskanals (Satelliten- oder Mobilfunkverbindung) erfolgt automatisch.

Zugang erhalten Nutzer über das Cloud-basierte Interface oder über eine Schnittstelle zum eigenen TMS des jeweiligen Kunden. Zusätzlich können Drittparteien wie Versicherungen oder Sicherheitsdienste angebunden werden. Auch für die Überwachung von diplomatischer Fracht in Europa und Nordamerika wird die Lösung des Start-ups nach eigener Aussage herangezogen.

Transparenz für Versicherungen

Kürzlich hat das Jungunternehmen darüber hinaus eine Kooperation mit dem Versicherungsmakler Funk in Hamburg abgeschlossen. Das Ziel: den Versicherungsmarkt im Containerbereich zu digitalisieren und Transporte abzusichern, zu denen bislang noch zu wenig Informationen vorlagen, so dass sie nicht versicherbar waren.

„Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Transport-Versicherungsbranche neue Technik nutzt, um Prozesse zur Schadenverhütung weiter zu verbessern“, sagt Alexander Skorna, Leiter Business Development und Risk Consulting bei Funk. Ein besonderes Augenmerkt liegt auf der Nutzung von Echtzeitdaten in Bezug auf sich verändernde Risiken wie dem Klimawandel und Änderungen in der Regulatorik, zum Beispiel mit Blick auf das Lieferkettensorgfaltsgesetz.

Doch die Visionen des Jungunternehmens gehen noch weit darüber hinaus. „Stellen Sie sich vor, Sie liefern Ihre Ware im Container an Ihren Kunden. Bis heute werden meist Lieferscheine in Papierform zugestellt, mal mehr mal weniger akkurat ausgefüllt und gegengezeichnet. Wir können durch eine eindeutige Identifizierung des Empfängers den Moment des Eigentums- oder Risikoübergangs dokumentieren und in Echtzeit übermitteln“, erläutert Klein.

So ließen sich auch Transaktionen wie der Beginn der Prüffristen, Übergang der Versicherungspflicht, oder Zahlungsläufe automatisieren. Das Potenzial der digitalen Transparenz ist groß. Am Ende geht es darum, sich inmitten des Spektrums an digitalen Lösungen am Markt durchzusetzen.

Heinz Klein

Der 37-jährige Unternehmer ist Chief Commercial Officer (CCO) beim Münchener Start-up Secure System. Zuvor sammelte er unter anderem als Associate Partner bei McKinsey & Company umfangreiche Erfahrungen und leitete dort Projekte in den Bereichen Strategie, Supply Chain, Industrial IoT und Digitalisierung in der Logistik-, Automobil-, Elektronik- und Halbleiterindustrie. Abseits der Arbeit ist er ein leidenschaftlicher Bergsteiger und Kletterer und liebt es, mit seiner Familie neue Länder und Regionen zu erkunden.

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