Was bringt das Mobilitätspaket? Ein Auszug.
Das EU-Gesetzespaket ändert Marktbedingungen im Straßengüterverkehr. Die DVZ hat vier Thesen formuliert zur weiteren Entwicklung formuliert und sie gegenchecken lassen. Hier ist eine davon. Den gesamten Thesen-Check lesen Sie hier.
These 2: Westeuropäische Transportunternehmen werden Marktanteile dazugewinnen. Der Anteil von Kabotagefahrten wird geringer.
Dettendorfer: Durch die vorübergehende künstliche Verknappung werden westeuropäische Unternehmen Marktanteile hinzugewinnen. Die Frage ist, ob man es schafft, die benötigten Kapazitäten aufzustellen. Das größte Problem hierbei ist der Fahrermangel.
Professor Klaus: Ich denke nicht, dass sich wesentliche Verschiebungen der Marktanteile ergeben werden. Die Fahrerproblematik in Deutschland und den nord- und westeuropäischen Ländern, verbunden mit geringen Profitabilitätserwartungen im Ladungstransportgeschäft, werden westliche Unternehmen kaum dazu bewegen, in größerem Stil wieder eigene Kapazitäten aufzubauen. Es kann sich die eine oder andere Umschichtung von Kabotagefahrten auf nationale Anbieter ergeben. Das absolute Volumen der Kabotage im Verhältnis zur Gesamtleistung der europäischen LKW-Transportwirtschaft wird weithin überschätzt.
Linava: Die Effizienz der EU-Straßengütertransporteure sinkt jetzt schon. Operateure aus Drittstaaten werden dafür dazugewinnen. Durch das Mobilitätspaket wird Transporteuren aus Drittstaaten ein großer Teil des EU-Frachtmarktes zufallen, denn die Vorschriften des Gesetzespakets werden bei ihnen nicht ausreichend durchgesetzt werden. Das wird auch mehr LKW mit hohem Schadstoffausstoß auf Europas Straßen bringen. Zum Beispiel nutzen russische Transporteure die steigende Zahl von Transportberechtigungen, die von westlichen EU-Staaten ausgegeben werden, um Unternehmen aus Litauen, Polen und anderen Ländern an der EU-Peripherie Marktanteile abzujagen.
TLP, Polen: Der Marktanteil legaler Kabotageoperationen geht in den hochindustrialisierten Ländern nicht über einige Prozent hinaus. Die Restriktionen, besonders die „Cooling-off-Periode“, werden die Möglichkeiten ausländischer Transportunternehmen für solche Fahrten verringern. Ich habe allerdings Zweifel, dass dies örtlichen Transportunternehmen helfen wird, einen erheblichen Teil an Kabotageaufträgen zurückzubekommen. Außerdem begünstigt Überregulierung einen „grauen Markt“, und das verdirbt immer den Markt und hat negative Folgen für alle Marktteilnehmer.
ESC: Wegen der Cooling-off-Periode gibt es die Chance für einheimische Anbieter, mehr Marktanteile zu gewinnen. Andererseits können auch westliche Transporteure weniger Kabotagefahrten im Ausland machen. Das geht auf Kosten eines flexiblen und effizienten Einsatzes von Fahrern in Europa. Daraus können für die Verlader schnell Kapazitätsengpässe entstehen.
Elvis AG: Ja, aber wie beschrieben wahrscheinlich nicht in einem signifikanten Maß. Insbesondere deutsche Firmen werden nach Überwindung der Coronakrise feststellen, dass der Fahrermangel eine echte Wachstumsbremse ist.
DSLV: Die geplante Cooling-off-Phase mit einer viertägigen Kabotagekarenzzeit schränkt den Spielraum ein. Ob diese Verkehre von heimischen Unternehmen bei anhaltendem Fahrermangel übernommen werden (können), lässt sich schwer prognostizieren. Besonders bei illegalen Kabotagepraktiken wird sich alleine durch neues Recht nichts ändern. Ordnungswidriges Parken wird schließlich nicht verhindert, indem ein eingeschränktes in ein absolutes Halteverbot geändert wird. Ohne effektive Kontrollen werden sich Marktanteile nicht in größerem Ausmaß zugunsten westeuropäischer Transporteure verschieben. Die Hoffnung auf effektive und flächendeckende Kontrollen mittels digitaler Tachographen neuester Generation muss man noch auf die Zukunft verschieben.
BGL, NLA, FNTR: Das ist nicht klar. Wenn Unternehmen aus dem Osten der EU sich nicht gut auf die neuen Regeln einstellen, werden Unternehmen aus Ländern mit viel Transportnachfrage vielleicht tatsächlich Marktanteile gewinnen. In der Folge könnte es weniger Kabotageaufträge für Unternehmen aus Ländern geben, die ihren Sitz weit weg von diesen Märkten haben. Ob es insgesamt weniger Kabotage gibt, bleibt auch abzuwarten. Hoffentlich wird am Ende Kabotage so genutzt, wie es im europäischen Recht vorgesehen ist: zur Optimierung von Transportdienstleistungen, aber nicht als Geschäftsmodell.