COP26: Initiative für grüne Schiffskorridore gestartet

Bei der Klimakonferenz in Glasgow haben verschiedene Staaten Absichtserklärungen für nachhaltigeren See-, Luft- und Straßenverkehr unterzeichnet. Deutschland ist nicht überall dabei.

22 Staaten haben sich in Glasgow verpflichtet, sich für umweltverträglicheren Seeverkehr auf bestimmten Routen einzusetzen. (Foto: iStock)

Ein nachhaltigerer Luftverkehr, die Einrichtung „grüner“ Korridore für die internationale Schifffahrt und eine Abkehr vom Verbrennungsmotor im Straßenverkehr: Bei der UN-Klimaschutzkonferenz in Glasgow unterzeichneten wechselnde Gruppen von Teilnehmerstaaten verschiedene Absichtserklärungen. Deutschland ist nicht überall dabei.

Unterzeichnet hat die Bundesregierung zusammen mit 21 weiteren Nationen eine Erklärung, wonach bis 2025 weltweit mindestens sechs „grüne“ Schifffahrtsrouten eingerichtet werden sollen. Bis 2030 soll es dann „mehr Routen, längere Routen oder mehr Schiffe auf den gleichen Strecken geben“, heißt es in der Erklärung.

„Grüne“ Routen auch für konventionelle Schiffe offen

Die Unterzeichnerstaaten - darunter die USA, Australien, Japan und Dänemark – verpflichten sich, zusammen mit aufgeschlossenen Hafen- und Schiffsbetreibern auf eine Dekarbonisierung des Verkehrs auf den – nicht konkret benannten – Routen hinzuarbeiten. Gemeinsames Verständnis ist, dass der Einsatz nachhaltigerer Schiffstreibstoffe über deren gesamten Lebenszyklus hinweg nicht zu einer Erhöhung der Treibhausgasemissionen beiträgt.

Die Beteiligung an den „grünen“ Schifffahrtsrouten ist allerdings vollkommen freiwillig. „Um es deutlicher zu machen: Alle Schiffe, die auf ‚grünen‘ Korridoren unterwegs sind, werden nicht verpflichtet, emissionsfrei zu fahren oder sich an den Partnerschaften zu beteiligen“, heißt es in der Erklärung.

Absichtserklärung für nachhaltigere Luftfahrt

Ebenfalls weitgehend unverbindlich ist die von 22 anderen UN-Staaten unterzeichnete Initiative für einen nachhaltigeren Luftverkehr. Die Unterzeichner verpflichten sich, im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO deren Ziel zu unterstützen, die Netto-Emissionen der Luftfahrt bis 2050 auf null zu reduzieren. Dazu soll das ICAO-Klimaschutzinstrument „Corsia“ gestärkt werden, und die Arbeit an Technologien für nachhaltigere Flugzeuge sowie die Herstellung von emissionsärmeren Treibstoffen soll vorangetrieben werden. Dabei soll besonders darauf geachtet werden, dass es nicht zu Interessenskonflikten zwischen Treibstoff-  und Nahrungsmittelproduktion kommt, heißt es in der Erklärung.

„Diese Ankündigung ist voller Betrug wie Kompensationszahlungen und exzessiven Hoffnungen auf sogenannte nachhaltige Kraftstoffe und zukünftige Flugzeug-Designs“, sagte die für Verkehr zuständige Sprecherin der Umweltorganisation Greenpeace, Klara Maria Schenk.

Die geschäftsführende Bundesregierung hatte zunächst das Signal vermittelt, der Erklärung nicht beitreten zu wollen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur gab es noch Abstimmungsbedarf auf EU-Ebene. Später teilte das Bundesverkehrsministerium mit, Deutschland „begrüße“ die Initiative und Erklärung zur „International Aviation Climate Ambition Coalition“. Der Beitritt werde „innerhalb der üblichen Fristen“ nachgeholt, erklärte ein Sprecher des Ministeriums auf dpa-Anfrage. Wann genau das sein wird, sei aber noch unklar.

Deutschland setzt auf E-Fuels in Verbrennermotoren

Nicht mittragen wird Deutschland allerdings die Erklärung der Weltklimakonferenz zum Aus für Verbrennungsmotoren im Straßenverkehr. Sie sieht vor, dass der Verkauf von Verbrennerautos oder -Vans in führenden Märkten bis spätestens 2035 enden soll, weltweit soll das bis 2040 geschehen. Darauf sollten die unterzeichnenden Regierungen „hinarbeiten“, wie es in der Erklärung heißt.

Deutschland verweigert aber die Mitarbeit, die 31 andere Staaten, darunter Indien und die Türkei, zugesagt haben. Grund für das Veto ist, wie das Bundesumweltministerium mitteilt, dass die Erklärung den Einsatz synthetischer Kraftstoffe, sogenannter E-Fuels, in Verbrennungsmotoren unmöglich mache. Eine „unnütze Hürde“ der Briten sei das, wetterte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth. Die Bundesregierung hätte nach seinen Angaben unterschreiben können, wenn es diese Fußnote, die E-Fuels unmöglich mache, nicht gebe.

Und das, obwohl das geschäftsführende Umweltministerium (BMU) selbst angibt, E-Fuels in Verbrennungsmotoren für den falschen Weg zu halten: „Das BMU hält E-Fuels in Pkw mit Blick auf Verfügbarkeit und Effizienz genau wie die Unterzeichnerstaaten nicht für zielführend“, schrieb das Ministerium noch am Morgen. Mit anderen Worten: Wir hätten als Ministerium zugestimmt, konnten aber innerhalb der geschäftsführenden Bundesregierung keinen Konsens finden.

Denn durchgesetzt hat sich an dieser Stelle unter anderem der noch amtierende Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Kurz nach Veröffentlichung der Erklärung in Glasgow bekräftigte Scheuer die Einigkeit der Bundesregierung in der Verbrennungsmotor-Frage und hielt auf Twitter fest: „Wir wollen saubere & klimaneutrale Mobilität, aber eben technologieoffen. Der FOSSILE Verbrenner muss 2035 auslaufen! Was in der Glasgow-Erklärung fehlt? – E-Fuels aus erneuerbaren Energien in Verbrennungsmotoren zu nutzen.“

Aber genau das sehen Experten kritisch, weil für die Herstellung von E-Fuels auf Basis von grünem Wasserstoff eine Menge Ökostrom nötig ist, der auch anderswo für die Verkehrswende gebraucht wird. Nicht nur Scheuer ist davon überzeugt, dass dies keine unüberwindbare Hürde darstellt. Auch die an den Koalitionsverhandlungen in Berlin beteiligten Parteien setzen auf E-Fuels und hatten dies auch schon ausdrücklich in ihrem Sondierungspapier verankert.

Auch Konzerne haben unterzeichnet

Auch elf Automobilkonzerne und Dutzende Regionen und Städte gehören zu den Unterzeichnern der Erklärung von Glasgow. Große deutsche Player wie VW oder BMW aber fehlten in der Liste der insgesamt 100 Akteure, die die Initiative zum Ende von Verbrennern unterstützt haben. Flottenbesitzer wie Siemens oder Unilever sind auch unter den Unterstützern. Sie verpflichten sich als Flottenbesitzer laut Erklärungstext sogar, darauf hinzuarbeiten, dass 100 Prozent der Pkw und Vans bis zum Jahr 2030 oder früher, wo es die Märkte zulassen, emissionsfrei sind. Im Falle von Siemens gibt es noch ein interessantes Detail: Der Konzern baut derzeit zusammen mit dem Autohersteller Porsche in Chile eine Fabrik für E-Fuels.

Greenpeace-Chef Martin Kaiser bezeichnete die deutsche Positionierung zum Verbrennungsmotor als „sehr peinlich“. Deutschland sei eine der führenden Automobilnationen und hätte an dieser Stelle ein Zeichen setzen müssen, sagte Kaiser. Er kritisierte aber auch die Erklärung an sich: Wichtige Akteure wie China oder die USA hätten auch nicht unterschrieben. Außerdem wäre aus Kaisers Sicht ein Verbot von Verbrenner-Neuzulassungen schon ab 2030 richtiger gewesen. (fh/dpa)

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