Handel mit China: Bundesregierung sucht nach der richtigen Balance

Vor allem die große Abhängigkeit von Rohstoffen wie Seltenen Erden bereitet der Politik Sorgen. Im März will die Bundesregierung eine Strategie vorlegen, in der sie Nähe und Distanz zu China auslotet.

Probeflaschen mit Seltenen Erden, Lanthan (LA), Yttrium (Y), Cerium (CE), Neodynium (ND), Europium (EU) und Samarium (SM). (Foto: dpa/JOKER/Alexander Stein)

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, Chinas Drohgebärden in Richtung Taiwan und Menschenrechtsverletzungen gegen die Uiguren, einer Minderheit im chinesischen autonomen Gebiet Xinjiang: Die heutige Welt sieht nicht so aus, als würde Vertrauen großgeschrieben.

Das Schlagwort dieser Tage lautet Diversifizierung. Wenn die Partner von einst wegfallen, müssen sich Unternehmen umorientieren. Die Politik versucht, dies mit diversen Strategien zu flankieren. Zu China kursieren in Berlin gerade zwei Papiere, eines aus dem Auswärtigen Amt und ein zweites aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, mit Leitlinien, wie künftig die Handelsbeziehungen mit China aussehen sollen. Eine Gesamtstrategie der Bundesregierung soll im März 2023 vorliegen, wie die DVZ aus dem Bundestag erfuhr.

Wichtiger Handelspartner und Konkurrent

China ist für Deutschland ein wichtiger Handelspartner und zugleich ein starker Konkurrent in Schlüsseltechnologien. Deshalb sind Leitlinien für eine künftige China-Wirtschaftspolitik immens wichtig, um Nähe und Distanz zu dem asiatischen Staat gut auszuloten. Vor allem die Drohgebärden der chinesischen Regierung in Richtung Taiwan bereiten deutschen Politikern Sorge. Sie fürchten, dass sich das Szenario in der Ukraine wiederholen könnte.

Die Chinesen sind bei der Durchsetzung ihrer Interessen nicht zimperlich. Die Politik will gegensteuern, wie die beiden China-Papiere zeigen. Sie schreibt über Diversifizierung in den Handelsbeziehungen, Investitionskontrollen und den Schutz kritischer Infrastrukturen. Bei den Investitionen hat die Bundesregierung bereits reagiert. Im November hatte sie beschlossen, die staatlichen Investitions- und Exportgarantien zu reformieren. So deckelte sie die Exportgarantien bei 3 Milliarden Euro pro Land und Unternehmen. Außerdem verteuerte sie die Investitionsgarantien für China von 0,5 auf 0,55 Prozent. „Damit wollen wir den Unternehmen sagen, dass sie selbst für ihre Investitionen in China verantwortlich sind“, sagte Dieter Janecek, Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Bundestages. Nicht eine Entkopplung von China sei der Weg, sondern eine breitere Risikostreuung. Vor allem der Mittelstand sei vorsichtiger geworden, so Janecek.

Eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) von Ende Dezember zeigt, dass Unternehmen mit Hochdruck neue Lieferanten suchen, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Jedes dritte Unternehmen habe bereits neue oder zusätzliche Lieferanten für benötigte Rohstoffe, Vorprodukte oder Waren gefunden. Weitere 30 Prozent seien noch auf der Suche.

Die Regierung will darüber hinaus ausländische Direktinvestitionen stärker prüfen. So beschränkte sie die Beteiligung der chinesischen Reederei Cosco am Hamburger Terminal Tollerort. Und Anfang November untersagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Chinesen die Übernahme des Dortmunder Chipherstellers Elmos. Teil der Leitlinien für die künftigen Handelsbeziehungen sollen zudem China-Stresstests und Mitteilungspflichten von geopolitischen „Klumpenrisiken“ für besonders exponierte deutsche Unternehmen sein.

Präsenz auf chinesischem Markt wichtig

In den Leitlinien geht es auch darum, die Präsenz auf dem chinesischen Markt und „deutschen Unternehmen die Teilhabe am chinesischen Innovationspotenzial“ zu ermöglichen. Zudem will die Regierung weiter mit China beispielsweise an Passagierflugverbindungen arbeiten, um sie auf das alte Niveau von vor der Corona-Pandemie anzuheben. „Zur Sicherstellung der offenen und fairen Gestaltung der Luft- und Seeverkehrsverbindungen inklusive Kabotagedienstleistungen wollen wir den verkehrspolitischen Fachaustausch vertiefen“, heißt es weiter.

Trotz auch milderer Töne stehen die zu großen Abhängigkeiten von Rohstofflieferungen aus China im Vordergrund der Strategiepapiere. Das asiatische Land ist einer der Hauptlieferanten von Metallen und Seltenen Erden. Bei letzteren beläuft sich die Abhängigkeit auf etwa 60 Prozent, bei Batteriezellen auf 73 Prozent, bei Anoden und Kathoden auf 66 Prozent und bei Photovoltaikmodulen auf 80 Prozent. China liefert zudem Textilien, Elektronik und Halbleiter.

Parallel zur Rohstoffstrategie, die das Bundeswirtschaftsministerium derzeit weiterentwickelt, will Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) im Frühjahr 2023 einen Dialog mit Wirtschaft und Wissenschaft starten, um eine nationale Kreislaufwirtschafts-Strategie zu entwickeln. Ziel ist es zu ermitteln, wie Rohstoffe effizienter genutzt und recycelt werden können.

Respekt vor China

„Die Abhängigkeit ist in den vergangenen zehn Jahren immer weiter gestiegen“, warnte Janecek. Es gehe darum, aus den Erfahrungen mit Russland zu lernen. „China ist allerdings eine ganz andere Hausnummer“, so Janecek. Wenn es zu einem Taiwan-Szenario käme, hätte die deutsche Wirtschaft noch stärkere Einbrüche zu befürchten als die aufgrund der Sanktionen im Russland-Geschäft entstandenen. Deshalb müsse Deutschland Wertschöpfung im eigenen Land und weltweit erschließen. Im Rheingraben gebe es beispielsweise Lithiumvorkommen. Es sei jedoch davon auszugehen, dass bestimmte Produkte teurer werden. „Wir sollten bereit sein, das zu akzeptieren. Sonst sind wir zu einseitig abhängig.“

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