Luftfahrtbranche vor wichtigen Investitionsentscheidungen

Airlines, Airports, Flugzeughersteller und Flugverkehrsmanager haben eine Strategie entwickelt, wie der Luftverkehr bis 2050 treibhausgasneutral werden kann. Wie sie umgesetzt werden kann, haben Branchenvertreter nun mit EU-Politikern diskutiert.

Nachhaltiger Treibstoff gilt als wichtiges Element beim Klimaschutz im Flugverkehr. (Foto: Istock)

Für einen emissionsfreien Flugverkehr sind nach Ansicht der Branche vor allem bessere Technologien und nachhaltigere Treibstoffe notwendig. Das erfordert gewaltige Investitionen, die wegen der Folgen der Coronapandemie besonders schwer zu stemmen sind, sagten mehrere Teilnehmer einer Veranstaltung der europäischen Luftfahrtindustrie. Dabei wurde deren kürzlich vorgestellte Klimaschutzstrategie „Destination 2050“ mit EU-Politikern diskutiert.

„Die Branche kämpft ums Überleben“, sagte Easyjet-Chef Johan Lundgren, der auch für den EU-Verband Airlines for Europe (A4E) sprach. „Deshalb muss man sich sicher sein, dass Investitionen nicht verloren sind.“ Um 2050 einen Flugverkehr ohne Netto-Treibhausgasemissionen zu erreichen, setzen Airlines, Airports, Flugzeughersteller und Flugverkehrsmanager auf eine Strategie mit mehreren Säulen:

  • Bessere Flugzeug- und Motorentechnologie soll 37 Prozent der CO2-Emissionen vermeiden.
  • Durch nachhaltig erzeugte Treibstoffe (Sustainable Aviation Fuels – SAF) sollen 34 Prozent eingespart werden.
  • „Markwirtschaftliche Werkzeuge“, etwa EU-Emissionshandel oder das UN-System Corsia sollen 8 Prozent Einsparungen bringen.
  • Ein effizienteres Flugroutenmanagement soll weitere 6 Prozent bringen.
  • Der Rest der Einsparungen soll erreicht werden, weil das Verkehrsaufkommen durch die vorher genannten Maßnahmen sinkt.

„Die Pandemie wird den Wandel beschleunigen, sagte Dick Benschop, CEO der Royal Schiphol Group. Die Privatwirtschaft werde sehr viel in die nötigen Innovationen investieren, es sei aber auch viel öffentliche Unterstützung nötig. Der Europaabgeordnete Pascal Canfin (Liberale), Vorsitzender des EP-Umweltausschusses, forderte von der Branche konkrete Angaben, welche finanziellen Hilfen gebraucht werden. Sonst könnten die richtigen politischen Weichen nicht gestellt werden. EU-Verkehrskommissarin Adina Valean sagte, die EU müsse eine weltweit führende Rolle beim nachhaltigen Fliegen spielen, und die EU werde etwa bei der Entwicklung nachhaltiger Treibstoffe helfen.

Bedarf an erneuerbarer Energie muss gedeckt werden

Nach Ansicht von Pete Harrison, Direktor für EU-Politik bei der European Climate Foundation, haben die EU-Gesetzgeber noch viel Arbeit vor sich. Die derzeit erwogene Beimischungsquote für nachhaltiges Flugbenzin dürfe zunächst nicht zu hoch sein, um keine Treibstoffe zu pushen, die sich später als doch nicht nachhaltig entpuppten. Außerdem hielten weder er noch führende Airlines die aktuelle EU-Richtlinie für erneuerbare Energie für geeignet, um ausreichend nachhaltigen Flugzeugtreibstoff herzustellen.

Auch der rumänische Europaabgeordnete Marian-Jean Marinescu (EVP) sprach sich für eine Reform der Richtlinie aus. Es sei wichtig, frühzeitig zu wissen, wie viel erneuerbare Energie in Zukunft für den Verkehr gebraucht werde, und wie und wo sie erzeugt werden könne, sagte er.

Steuerungsinstrumente kontrovers diskutiert

Viel diskutiert werden dürfte noch über die geeignete politische Steuerung des Klimaschutzes im Luftverkehr. Harrison und Marinescu waren sich einig darüber, dass vom EU-Emissionshandel keine nennenswerte CO2-Reduzierung zu erwarten sei. Während Marinescu aber auf das CO2-Kompensationsprogramm „Corsia“ der UN-Luftfahrtorganisation ICAO setzt, sagte Harrison: „Keiner glaubt, dass Corsia etwas verbessern wird.“ Johan Lundgren wiederum sprach sich gegen eine Nachfragelenkung durch Steuern aus. Das werde nur zu sozialer Ungerechtigkeit führen, weil wohlhabende Menschen weiter fliegen würden, andere aber verzichten müssten.

Harrison sagte, die Branche müsse sich darauf einstellen, dass die Nachfrage nach der Pandemie möglicherweise nicht mehr das Vorkrisenniveau erreichen werde. Davon wollten die Industrievertreter Lundgren und Benschop nichts wissen. Verkehrskommissarin Valean sagte, die Verkehrsunternehmen müssten weiter ihre Aufgaben wie bisher erfüllen, aber mit besserer Umweltbilanz. „Der de-karbonisierte Luftverkehr kann Realität werden“, betonte sie.

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