Das sind die Gewinner und Verlierer des Luftfrachtjahres 2022

Rein betriebswirtschaftlich mag die deutsche Luftfrachtbranche ein Rekordjahr erlebt haben. Der Blick auf die Ladungsentwicklung zeichnet jedoch ein anderes Bild. Die DVZ untersucht, wie sich Luftfrachtgesellschaften, Speditionen und Frachtflughäfen im vergangenen Jahr geschlagen haben, und sagt, wer top war und wer ein Flop.

Rein betriebswirtschaftlich mag die deutsche Luftfrachtbranche 2022 ein Rekordjahr erlebt haben. Der Blick auf die Ladungsentwicklung zeichnet jedoch ein anderes Bild. Die DVZ untersucht, wie sich Luftfrachtgesellschaften, Speditionen und Frachtflughäfen im vergangenen Jahr geschlagen haben und sagt, wer top war und wer ein Flop. (Foto: DVZ)

Die durchweg hohen betriebswirtschaftlichen Gewinne von Luftfrachtgesellschaften und Speditionen im vergangenen Jahr verdecken eine für die Branche unbequeme Wahrheit: Die große Luftfracht-Party der vergangenen zwei Jahre war, nach Tonnage, eigentlich bereits im März 2022 vorbei.

Ab diesem Zeitpunkt begann laut einer aktuellen Analyse des Marktforschers Xeneta die weltweit geflogene Ladungsmenge monatlich um bis zu 10 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat zu sinken; dank hoher Raten konnte die Branche mit dieser Erosion dieser härtesten Währung der Luftfracht allerdings gut leben.

Doch wie ist das Jahr für die Marktteilnehmer eigentlich hierzulande gelaufen? Wie haben sich die Top 10 der Luftfrachtspediteure geschlagen, wie erging es den Frachtfluggesellschaften? Und welche Effekte hatten die schrumpfenden Frachtmengen auf die Fracht-relevanten deutschen Flughäfen?

Speditionen: DSV und Schenker vorn

DB Schenker und DSV Air & Sea sind unter den vier großen Speditionen des deutschen Luftfrachtmarkts die Gewinner des Jahres 2022. Das ergibt die Auswertung der nicht öffentlichen Luftfracht-Exportdaten des IATA-Abrechnungssystems CASS. Die DVZ fasst hierbei die Tonnagen der von CASS getrennt veranlagten Schenker Jetcargo International und Schenker Deutschland AG zusammen.

Sowohl DSV (Aufkommen: rund 67.200 Tonnen) als auch Schenker (rund 172.000 Tonnen) gewinnen 2022 trotz eines um 3,5 Prozent schrumpfenden Gesamtmarkts im Vergleich zum Vorjahr Ladung hinzu (DSV: 1,8 Prozent; Schenker: 1,1 Prozent) und belegen im Ranking Rang 4 und Rang 2. Kühne + Nagel (rund 200.000 Tonnen) ist unter den am deutschen Markt agierenden Luftfrachtspeditionen weiterhin klarer Spitzenreiter, verliert gegenüber 2021 allerdings mit einem Minus von 4,1 Prozent mehr Tonnage, als es der durchschnittlichen negativen Marktentwicklung entspricht. Den größten Tonnagezuwachs in den Top 10 verbucht die vergleichsweise kleine Luftfrachtspedition Karl Heinz Dietrich (Aufkommen: rund 36.600 Tonnen; plus 10,6 Prozent). Das familiengeführte Unternehmen ist in der Riege der Konzerne eine bemerkenswerte Ausnahme und springt in der Rangliste gegenüber 2021 um zwei Plätze nach oben auf Rang 5 und lässt dabei Dachser hinter sich. Der große Verlierer des Jahres ist die global operierende US-Luftfrachtspedition Expeditors mit einem Ladungsverlust von 26,5 Prozent.

Airlines: Ils sont forts, ces Français!

Air France ist im vergangenen Jahr unter den auf dem deutschen Markt operierenden Carriern nach Ladungsentwicklung zweifelsohne der auffälligste. Die Frachtfluggesellschaft gehört nicht nur zu den Airlines, die bei schrumpfendem Markt bei der Tonnage zulegen, sondern sie wächst auch in bemerkenswertem Umfang. So kommt der Carrier mit einer Tonnage von rund 63.000 Tonnen gegenüber dem Vorjahr auf einen Zuwachs von 23 Prozent und springt in den Top 10 von Rang 7 auf Rang 4. Neben den Franzosen weisen auch Turkish Cargo (Aufkommen: rund 46.000 Tonnen; Rang 8) mit einem Ladungszuwachs von 13,3 Prozent sowie United Airlines (rund 61.600 Tonnen; Rang 5) mit einem Plus von 12,5 Prozent eine starke Ladungsentwicklung auf.

Ein Jahr des Rückschritts

Die aus Deutschland 2022 exportierte Frachtmenge (1,3 Millionen Tonnen) schrumpfte um rund 3,5 Prozent gegenüber 2021. Damit liegt die Branche sogar 8,5 Prozent unter dem Aufkommen des Vor-Corona-Jahres 2019 von 1,42 Millionen Tonnen. Sah es 2021 mit einer Tonnage von 1,42 Millionen so aus, als komme das Vor-Corona-Niveau wieder in Reichweite, so hat sich diese Hoffnung, zumindest für das vergangene Jahr, zerschlagen.

Der Spitzenreiter Lufthansa Cargo (Aufkommen: rund 260.000 Tonnen, Marktanteil 19,9 Prozent) schlägt den Markt ebenfalls und legt im Vergleich zum Vorjahr bei der Ladungsentwicklung um 4,2 Prozent zu. Diese Performance sowie die im vergangenen Jahr hohen Raten sind das Fundament für die kürzlich präsentierten höchsten Geschäftsergebnisse der Unternehmensgeschichte.

Doch nicht allen Carriern gelang es, die Marktbedingungen zu ihren Gunsten zu gestalten. Bemerkenswert und überraschend gleichzeitig ist der Einbruch der in den vergangenen Jahren erfolgsverwöhnten Luftfrachtgesellschaft Cargolux (Aufkommen: rund 144.000 Tonnen; Marktanteil 11 Prozent, Rang 2). Der Carrier verzeichnet von allen Airlines innerhalb der Top 10 die schlechteste Ladungsentwicklung mit einem Minus von 16,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Luxemburger, die sich in den vergangenen Jahren Stück für Stück an den bislang unangefochten auf Rang 1 thronenden Carrier Lufthansa Cargo heranmachten, verlieren Marktanteil und nun wieder den Anschluss an die Spitzenposition: Im Jahr 2021 betrug der Vorsprung der deutschen Airline 5,75 Prozentpunkte, im vergangenen Jahr lag Lufthansa Cargo 8,93 Prozentpunkte vor Cargolux.

Flughäfen: Das Comeback von München

Unter den Top 5 kam es im vergangenen Jahr zu bemerkenswerten Verschiebungen. Der große Gewinner ist zweifelsohne der Frachtflughafen München, der als von der Passagierluftfahrt abhängiger Airport während der Pandemie durch eine harte Zeit gegangen war. 2022 steigert München das Aufkommen um 51 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf rund 275.000 Tonnen.

Damit ist der Flughafen nicht nur der einzige, der im vergangenen Jahr ein Plus vorweisen kann, sondern nimmt auch wieder Rang 4 ein, den der bayerische Standort im Zuge der Pandemie 2020 und 2021 an Hahn verloren hatte. Trotz der Entwicklung des Münchner Airports bleibt festzuhalten, dass er noch ein ganzes Stück entfernt vom Vor-Corona-Niveau ist. Im Jahr 2019 kam München auf einen Umschlag von rund 357.000 Tonnen, dürfte mit der weiter zulegenden Passagierluftfahrt und der verstärkten Rückkehr der Beiladungsfracht allerdings gute Aussichten auf Wachstum haben.

Die Verantwortlichen des Frachtflughafens Leipzig-Halle wiederum werden sich sicher erst an das Gefühl gewöhnen müssen, weniger Aufkommen als im Vorjahr zu verzeichnen. Mit einem Minus von 5,1 Prozent wird überhaupt zum ersten Mal seit Bestehen des Flughafens weniger Ladung umgeschlagen als im Vorjahr.

Im Rückwärtsgang

Die deutschen Frachtflughäfen verzeichneten 2022 beim Umschlag gegenüber 2021 zwar Rückgänge, doch in der Gesamtbetrachtung halten sich diese eher in Grenzen. Mit Ausnahme von Frankfurt am Main (minus 13,7 Prozent) schrumpften die Aufkommen an den anderen Standorten vergleichsweise moderat. Zudem profitierte der stark von der Passagierluftfahrt abhängige Frachtflughafen München von der Rückkehr der Beiladungsfracht.

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