Urbane Logistik braucht Treiber und Entscheider

Mit den Herausforderungen der innerstädtischen Versorgung beschäftigte sich eine spannend besetzte Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Logistik-Kongress. Einig waren sich die Teilnehmer vor allem bei der künftigen Rolle der Kommunalverwaltungen.   

Auf dem Deutschen Logistik-Kongress wurde das Thema "Urbane Logistik" konstruktiv diskutiert. (Foto: Kruse)

Die nachhaltige Gestaltung innerstädtischer Lieferketten ist auf ein konstruktives Miteinander aller Beteiligten angewiesen. So lautete eine der wichtigen Kernaussagen der Diskussionsrunde „Urbane Logistik: Nachhaltig in die Zukunft“, die gestern das Programm der Fachsequenzen auf dem Deutschen Logistik-Kongress beschloss. Doch die interessenübergreifende Zusammenarbeit allein reicht nicht aus: Die jeweiligen Konzepte müssen an die spezifischen Voraussetzungen in den einzelnen Städten angepasst werden.

Keine Generallösung möglich

Warum gerade dieser Gedanke von entscheidender Bedeutung ist, erklärte André Kranke, seines Zeichens Head of Corporate Research & Development beim Logistikkonzern Dachser: „Keine Stadt gleicht der anderen. Sie unterscheiden sich zum Beispiel hinsichtlich der Topografie, der Straßenbreiten oder der geltenden politischen Rahmenbedingungen. Aus diesem Grund kann es keine einheitliche, von einer Zentrale vorgegebene Lösung geben“, erklärte Kranke, der seit 2016 die Forschung in Sachen Stadtlogistik bei seinem Unternehmen vorantreibt. Vor dem Hintergrund dieser einfachen Erkenntnis habe sich Dachser entschlossen, eine „Toolbox“ zu entwerfen, aus der sich die einzelnen regionalen Organisationen passende Lösungen zusammenstellen können.

Doch nicht nur die Eigenheiten der Städte gelten in Fachkreisen als kritische Faktoren. In seinem Impulsvortrag umriss Sebastian Stiehm, stellvertretender Leiter des Bereichs Public Management bei der Unternehmensberatung Agiplan, die Problemlage auf der letzten Meile mit sechs Thesen. Eine davon lautete, dass die urbane Logistik häufig in erster Linie mit KEP-Fahrzeugen in Verbindung gebracht werde. Die allerdings würden lediglich rund zehn Prozent des innerstädtischen Warenverkehrs bewältigen. Ein maßgeblicher Anteil der innerstädtischen Warenbewegungen geht auf den Transport von Handelswaren, Stückgut oder Handwerksbedarf zurück.

Hindernisse für Kooperationen

Stiehms zweite These bezog sich auf das Thema „Kostenvorteile durch Kooperation“. Hier stellte der Berater fest, dass sich White-Label-Depots nur schwer durchsetzen könnten, da bei den potenziellen Partnern sehr viele, und zum Teil sehr unterschiedliche Fahrzeugaufbauten und -konzepte zum Einsatz kämen. Eine funktionierende White-Label-Lösung sei auf eine Standardisierung der Transportfahrzeuge angewiesen.

Doch selbst wenn es hier zu einer Einigung käme und die Einrichtung von Mikrodepots käme, wäre das „noch kein Allheilmittel“, so der Berater. Es müsse im Einzelfall immer geprüft werden, welches logistische Konzept sich für den jeweiligen Übergabepunkt anbiete. Dies könnten neben Depots auch Packstationen, Haltebuchten für den Lieferverkehr oder sonstige Übergabepunkte sein.  

Welche Flächen bieten sich an?

Als kritischen Faktor definierte Stiehm auch die Flächenverfügbarkeit in den Städten. Hier müsse vor allem identifiziert werden, welche Flächen für die urbane Logistik aktiviert werden könnten. Während zum Beispiel private Parkhausbetreiber hier durchaus offen für Lösungen seien und diese sogar anbieten, sei das bei kommunalen Betreibern noch nicht der Fall. Hier müsse dringend etwas passieren, mahnte Stiehm, genauso, wie auf der regulatorischen Ebene. „Es fehlen immer noch wirklich gute Anreize, um die urbane Logistik zu verbessern“, sagte der Berater und verwies zum Schluss noch darauf, dass es dringend nötig sei, bei der Konzeption von urbanen Logistik-Konzepten über den Tellerrand hinauszublicken und zu lernen.

Kommunen gefragt

Wie so etwas aussehen kann, hat die Stadt Bremen bereits mit der Schaffung eines städtischen Referats für urbane Logistik unter Beweis gestellt. Dabei sieht sich der zuständige Referent, Karsten Hülsemann, nicht in der Rolle des Treibers, sondern in der des Enablers. „Es geht uns in Bremen darum, einen nachhaltigen Logistikplan für die Innenstadt zu entwerfen“, sagte Hülsemann. Dabei seien viele Behörden involviert.

Das Bremer Modell stieß vor allem bei Birgit Heitzer, Leiterin der Beschaffungslogistik und des Bereichs Logistik-Services bei Rewe, auf Zustimmung. „Es braucht in jeder Stadt einen verantwortlichen Menschen für die urbane Logistik – und die Logistikbeauftragten der Städte müssen die gleichen Kompetenzen haben“, sagte die Managerin. Dieser Ansicht ist auch Kranke: In der Praxis habe sich gezeigt, dass man überall dort, wo es einen festen Ansprechpartner für die urbane Logistik gäbe, gut vorankäme. Das halte er für eine ganz wichtige Voraussetzung.

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