Nagel-Group-CEO: „Wir haben derzeit über 400 Stellen nicht besetzt“

Carsten Taucke spricht im Interview mit der DVZ über die Probleme bei der Personalsuche, den Mangel an Lkw-Fahrern, die Schwierigkeit, regelmäßige Zeitfenster zur Anlieferung an den Zentrallägern des Handels zu bekommen, und das größte Modernisierungsvorhaben der Firmengeschichte.

Carsten Taucke, CEO der Nagel-Group: „Wir setzen gerade das größte Modernisierungsvorhaben der Firmengeschichte um.“ (Foto: Nagel-Group)

Carsten Taucke spricht im Interview mit der DVZ über die Probleme bei der Personalsuche, den Mangel an Lkw-Fahrern, die Schwierigkeit, regelmäßige Zeitfenster zur Anlieferung an den Zentrallägern des Handels zu bekommen, und das größte Modernisierungsvorhaben der Firmengeschichte.


DVZ: Herr Taucke, bei vielen Logistikdienstleistern dominieren derzeit eher die personellen als die konjunkturellen Sorgen. Wie stark und an welchen Stellen spüren Sie in Ihrem Unternehmen bereits den immer akuteren Fachkräftemangel?

Carsten Taucke: Wir haben derzeit über 400 Stellen nicht besetzt. An jedem Standort in ganz Deutschland würden wir gerne Menschen einstellen, im Lager oder auch im kaufmännischen Bereich. Wir bemerken in den Gesprächen, die wir führen, dass wir als Arbeitgeber durchaus attraktiv sind: Wir seien krisensicher und systemrelevant. Auch unsere großen Investitionsprogramme in die Digitalisierung und unser Standortnetzwerk werden von Bewerbern häufig genannt.

Große Probleme in der Lebensmittel-Lieferkette bereitet vor allem das Fehlen von Lkw-Fahrern. Welche Entwicklungen sehen Sie diesbezüglich auf die Branche zukommen?

Der Mangel an Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrern ist ein massives Problem für die Lieferketten. Und es wird stetig größer. Es fehlen aktuell 60.000 bis 80.000 Berufskraftfahrer. Jeder dritte Lkw-Fahrer ist bereits über 55 Jahre alt – jedes Jahr gehen 30.000 Berufskraftfahrer in Rente. Demgegenüber fehlt es an jungen Menschen, die diesen Beruf ergreifen wollen. Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer spielen nach wie vor eine Schlüsselrolle in der Wirtschaft. Sie sind die Stütze der Logistik und sichern unsere alltägliche Versorgung. Ich wünsche mir, dass dieser Berufsgruppe mehr Wertschätzung entgegengebracht wird.

Nagel-Group

Die auf Lebensmittellogistik spezialisierte und europaweit agierende Nagel-Group mit Sitz in Versmold (Nordrhein-Westfalen) beschäftigt an europaweit etwa 130 Standorten ungefähr 11.500 Mitarbeiter. Das Netzwerk in Deutschland besteht aus fast 60 Standorten, an denen 7.000 Menschen arbeiten. Zuletzt erwirtschaftete das Unternehmen einen Jahresumsatz von 2,1 Milliarden Euro. Täglich bewegt die Unternehmensgruppe Lebensmittel in allen Sendungsgrößen und Temperaturklassen.

„Leider unterstützen erst rund ein Viertel unserer Kunden aus dem Handel das Projekt Cloud4Log.“ Carsten Taucke, CEO der Nagel-Group

Ein Dauerproblem im Food-Logistikgeschäft ist die Rampenorganisation an den Handelslagern? Wie bewerten Sie die Lage derzeit?

Trotz kontinuierlicher Verbesserungen in den Abläufen ist die Situation an den Rampen der Lebensmittellager nach wie vor von den bekannten, grundsätzlichen Problemen geprägt: Es ist für uns weiterhin sehr schwierig, regelmäßige Zeitfenster zur Anlieferung an den Zentrallägern des Handels zu bekommen. Teilweise, vor allem im Bereich der Trockenrampe, ist dies sogar gar nicht möglich. Dazu kommen immer wieder sehr lange Standzeiten, und unsere Fahrer müssen, wenn sie eine Rampe zugewiesen bekommen, teilweise selbst entladen. Dies bindet wertvolle Ressourcen.

Hat sich denn hier wirklich gar nichts zum Besseren entwickelt?

Zwar werden individuell immer wieder kleine Prozessoptimierungen angestoßen, eine ganzheitliche Verbesserung, wie zum Beispiel durch den digitalen Lieferschein, wird aber leider nicht mit aller Konsequenz von allen Händlern mitgetragen. Dabei könnte hier viel Zeit eingespart werden. Leider unterstützen erst rund ein Viertel unserer Kunden aus dem Handel das Projekt Cloud4Log.

Apropos: Welche Projekte treibt Ihr Unternehmen derzeit am stärksten voran?

Wir setzen gerade das größte Modernisierungsvorhaben der Firmengeschichte um. Wir investieren mehr als 800 Millionen Euro binnen zehn Jahren in unser Standortnetzwerk, unsere IT-Infrastruktur, in unsere Flotte und in unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mehr als 400 Millionen Euro sind bereits in verschiedenen Projekten eingesetzt. In Bauprojekte, die Umstellung auf SAP S4/Hana oder in Pilotprojekte zu alternativen Antrieben bei unseren temperaturgeführten Transporten. Zudem haben wir ein umfangreiches Weiterbildungsprogramm für unsere Führungskräfte aufgesetzt, das wir in diesen Tagen flächendeckend ausrollen. So wollen wir eine Leadership-Kultur im Unternehmen über alle Standorte hinweg etablieren. Bereits im vergangenen Jahr ist der Nagel Online Campus vollständig ausgerollt worden. Hier haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit, sich fachlich weiterzubilden sowie auch zu Themen, die über ihren eigenen Bereich hinausgehen – während der Arbeitszeit wird hierfür Raum gegeben.

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