Der digitale Lieferschein kommt

Die BVL, GS1 Germany und T-Systems haben einen digitalen Lieferschein entworfen und vier Wochen lang in der Praxis erprobt. Der Test hat die Vorteile der standardisierten Lösung bestätigt, wie die Partner berichten. Bereits im nächsten Jahr könnte es erste konkrete Anwendungen geben.

Scan des QR-Codes zum Abruf des digitalen Lieferscheins im Wareneingang. (Foto: Rewe)

Die Bundesvereinigung Logistik (BVL), die Standardisierungsorganisation GS1 und der IT-Dienstleister T-Systems haben einen digitalen Lieferschein entworfen und vier Wochen lang in der Praxis erprobt. Der Test habe die Nutzenvorteile und Praktikabilität der standardisierten Lösung bestätigt, wie die Kooperationspartner mitteilen. Die Ergebnisse wurden am 6. Oktober auf dem digitalen Symposium „Paperless Logistics“ vorgestellt.

Bereits mehr als zwei Jahre tüfteln die BVL und GS1 daran, wie man den Lieferschein in der Konsumgüterindustrie ersetzen kann. Die Technik wurde nun vom 23. August bis zum 17. September bei 20 Händlern, Industrieunternehmen und Logistikern getestet. Mit eingebunden waren zum Beispiel die Konsumgüterhersteller Beiersdorf, Henkel und Eckes-Granini, Dienstleister wie Kühne & Nagel, DHL Freight, Baco Logistic und Dederich sowie als Empfänger vier Verteilzentren der Handelsketten DM, Rewe und Penny. Rund 160 Nutzer haben in den vier Wochen 156 sogenannte Lieferscheinmappen erstellt. Eine Mappe entspricht immer einem Transport eines Versenders über einen Spediteur an einen Empfänger. Sie kann dabei mehrere Lieferscheine enthalten. Letztlich konnten 228 Lieferscheine aus Papier eingespart werden.

Versenden Unternehmen Produkte, stellen sie einen Lieferschein auf Papier aus, der die Lieferung bis zum Wareneingang begleitet. Er wird manuell weitergereicht und bearbeitet. Das ist zeitaufwändig und fehleranfällig. Der digitale Lieferschein soll diese Probleme bald beheben.

Wegen des oft wechselnden Fahrpersonals musste eine Lösung her, die möglichst frei von technischen Hürden ist. So wurde auf den Einsatz einer App verzichtet. Der Fahrer muss sich weder anmelden noch etwas installieren. An solchen Apps seien bisher viele Projekte gescheitert, weil die Fahrer nicht bereit waren, diese zu installieren“, sagt Oliver Püthe, Leiter des Projekts bei GS1 Germany. Zudem galt es darauf zu verzichten, Lieferscheine auf mobilen Geräten zu speichern, damit sie nicht auf den privaten Telefonen der Fahrer landen.

Für den Test wurde eine zentrale Cloud-Umgebung verwendet. Der digitale Lieferschein wurde als Web-App in der Open Telekom Cloud nach europäischem Datenschutzrecht betrieben. „Perspektivisch ist uns klar, dass es bei solche einer zentralen Lösung nicht bleiben wird, sondern eine offene Infrastruktur entstehen muss“, so Püthe.

Und so funktioniert es: Jeder Beteiligte am Lieferprozess hat nach genau definierten Rechten Zugriff. Also nur Versender, Spediteur und Empfänger sehen die ihnen jeweils zugeordneten Lieferscheine. Zunächst hinterlegen die verladenden Unternehmen die Papiere digital. Damit das Dokument eindeutig der jeweiligen Lieferung zugeordnet werden kann, nutzen sie den GS1 Standard Global Document Type Identifier (GDTI). Beim Verladen scannt der Fahrer oder die Fahrerin einen QR-Code mit der Smartphone-Kamera und erhält so einen zeitlich begrenzten Zugriff auf den digitalen Lieferschein in der Cloud. Dieser enthält ebenfalls einen QR-Code. Er wird bei Anlieferung vorgezeigt. Der Empfänger scannt den QR-Code vom Handy des Fahrers und bestätigt elektronisch den Erhalt der Ware. Damit lassen sich die nachfolgenden Schritte, wie Erstellung von Ablieferbeleg und Abrechnungen an Händler und Spediteur, direkt anstoßen. Optional können über das System auch Ladungsträger-Tauschvorgänge erfasst werden.

Zufriedenheit und Herausforderungen

„Spediteure sparen sich den gesamten Aufwand der Dokumentation von Lieferscheinen – vom Einscannen übers Archivieren bis zur Auskunftspflicht“, sagt Püthe. Etwa zwei Drittel (68 Prozent) der von den Projektpartnern befragten Anwender würden die standardisierte Branchenlösung zur digitalen Abwicklung von Lieferscheinen gerne weiternutzen. Im Projektverlauf gefielen den Teilnehmenden besonders die kontaktlose Übergabe des Dokuments mithilfe des QR-Code-Scans, die digitale Unterschrift sowie die Einsparung des Lieferscheindrucks. Sie begrüßten zudem, dass die Qualität des Belegs nicht durch mehrere manuelle Durchläufe leidet. Zu den Vorteilen zählt ihrer Meinung nach auch die zeitnahe und vollständige Verfügbarkeit von Abliefernachweisen inklusive der gut lesbaren Informationen zu Anlieferdifferenzen.

Der Praxistest habe sehr gut funktioniert, „es gibt aber noch durchaus Handlungsbedarf und Möglichkeiten der Weiterentwicklung“, führt Ludger Vennewald aus. Er ist bei T-Systems zuständig für den Vertrieb in den Bereichen Mobilität und Logistik und engagiert sich im BVL-Themenkreis „Digitalisierung der Transportlogistik“. Eine Herausforderung besteht zum Beispiel noch darin, dass nicht alle Fahrer über ein Smartphone verfügen. „Damit müssen wir natürlich umgehen können“, merkt er an. Ein Offline-Zugriff werde deshalb getestet. Weitere Themen sind das Ablegen beziehungsweise Hochladen des Lieferscheins als PDF auf dem Computer im Wareneingang und die Archivierung. Zudem wurden bisher nur Komplettladungen getestet, Stückgut wurde also nicht berücksichtigt.

Der Handel will die Lieferscheine über die Bestellnummer identifizieren. Hier sieht Vennewald mehrere Möglichkeiten. Als weitere Herausforderung nennt er die Nachtabholung. Das größte Thema seien letztlich aber die Schnittstellen, fügt er hinzu.

Weitere Pilotprojekte sind möglich und aktuell schon in der Abstimmung, berichtet Püthe. Nach der Auswertung, auch der mehr als 50 gesammelten Verbesserungsvorschläge, wird der digitale Lieferschein weiterentwickelt. Zudem ist eine GS1-Anwendungsempfehlung in Planung. Bereits 2022 könnte es erste konkrete Anwendungen geben, wie es heißt.

„Der digitale Lieferschein ist ein wichtiger Baustein für durchgängig digitale Geschäftsprozesse in der Transportlogistik“, sagt Christian Grotemeier, Geschäftsführer der BVL. In Zukunft soll jeder Partner in der Lieferkette digital auf seine Lieferscheine zugreifen, sie kommentieren und mit einer Unterschrift quittieren können.

Live-Demo auf dem Deutschen Logistik-Kongress

Ludger Vennewald präsentiert am 21. Oktober ab 10.30 Uhr auf dem Deutschen Logistik-Kongress das Projekt zum digitalen Lieferschein. Die Teilnehmer vor Ort können am Ausstellungsstand von GS1 (direkt bei der BVL-Lounge) den Lieferschein zudem in Live-Demos erleben und Fragen mit dem Entwicklungsteam diskutieren. Die BVL richtet den Branchentreff in diesem Jahr als hybride Veranstaltung aus. Für die Teilnahme vor Ort in Berlin beziehungsweise am digitalen Event bedarf es jeweils einer separaten Anmeldung. Alle Informationen, auch zum Programm, finden Sie hier.

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