„Politische Risiken sind in der Transportversicherung immer ausgeschlossen“

Die operativen Auswirkungen des Ukraine-Krieges sind im Logistiksektor immer deutlicher spürbar. Neben stark gestiegenen Palettenpreisen und einem verschärften Fahrerengpass sorgen auch Haftungsfragen für massive Probleme. Das wurde bei einer Online-Diskussionsrunde von DVZ und BVL deutlich.

Die operativen Auswirkungen des Ukraine-Krieges sind im Logistiksektor immer deutlicher spürbar. Auch Hilfstransporte in die Ukraine gestalten sich im Rahmen der Haftungsfrage als sehr schwierig.(Foto: dpa/Panama Pictures/Christoph Hardt)

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine werden immer sichtbarer. Die Bundesregierung hat ihre Wirtschaftsprognose von 3,6 auf 2,2 Prozent gesenkt und das drohende Gasembargo gegen russische Energieträger bereitet der verladenden Wirtschaft große Sorgen.

Auch der Fahrerengpass hat sich infolge des Krieges weiter verschärft. Laut dem Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik (BGL) stammen rund 7 Prozent der in Deutschland eingesetzten Lkw-Fahrer aus der Ukraine. Dass diese nun wegfallen, ist im Markt deutlich spürbar, machte Tobias Rahmann, Prokurist bei der A.L.S. Allgemeine Land- und Seespedition, beim zweiten Teil der Ukraine-Krisenkonferenz von DVZ und Bundesvereinigung Logistik (BVL) am vergangenen Donnerstag deutlich. Schwerpunktmäßig ging es bei der Online-Diskussion um die operativen Auswirkungen des Krieges auf den Logistiksektor.

„Die Lage ist sehr, sehr angespannt“, bestätigte auch Anja Krüger, Managerin Ocean und Rail Import am Bremer Hauptsitz der Spedition Kopf & Lübben. Für die Schifffahrt sieht Krüger momentan jedoch die Corona-Beschränkungen in China als das größere Problem, die massive Schiffsverspätungen nach sich ziehen.

Ungeklärte Haftungsfragen

Der Krieg in der Ukraine stellt Speditionsunternehmen und Verlader aber auch vor zum Teil massive Probleme, was die Haftung von Transporten betrifft. In der Regel seien Kriege, Streit und Aufruhr sowie Beschlagnahmerisiken in der Versicherungsdeckung von Grund auf ausgeschlossen, sagte Urte Jessica Bölke, Abteilungsleiterin Transportversicherung und Verkehrshaftung bei Nordwest Assekuranzmakler. Auch Hilfstransporte in die Ukraine gestalten sich im Rahmen der Haftungsfrage wegen möglicher Schäden an der Ware sowie Lieferfristüberschreitungen als sehr schwierig.

„Die Kunden in der Transportversicherung haben jahrzehntelang Kriegs- und Minenzuschläge bezahlt. Aber sobald tatsächlich ein Krieg in der Nähe ausbricht, wird die Transportversicherung entzogen“, kritisierte Krüger. Auch Philipp Bartels, Head of Marine Cargo Underwriting bei der Lampe & Schwartze KG, bestätigte die Existenz eines Sonderkündigungsrechtes seitens der Versicherer, mit dem sogenannte politischen Risiken wie kriegsähnliche Ereignisse in der Warentransportversicherung rausgekündigt werden können.

„Da stellt sich natürlich die Frage der Fairness. Auf der anderen Seite ist die Versicherung immer für das unbekannte Ereignis da, das man vor Beginn eines Transportes noch nicht sieht“, erklärte Bartels. Beim andauernden Ukraine-Krieg sei dies nicht mehr der Fall.

DVZ-Chefredakteur Sebastian Reimann moderierte den zweiten Teil der Ukraine-Krisenkonferenz von DVZ und BVL. (Screenshot: DVZ)

Palettenpreise mehr als verdoppelt

Zusätzlich steht die Branche wegen Materialknappheit und infolgedessen stark angestiegenen Preisen für Palettenholz unter Druck, berichteten Bernd Dörre, CEO der European Pallet Association (EPAL), und Robert Holliger, Präsident der EPAL. Die Palettenpreise seien mittlerweile auf bis zu 24 Euro gestiegen – vor zwei Jahren lag der Preis noch bei 10 Euro.

 „Wir erleben im Grunde eine Wiederholung der Situation, die wir 2021 schon einmal in etwas geringerem Umfang hatten“, beobachtete Dörre. Auch dort stiegen die Palettenpreise deutlich über 20 Euro, als die Branche mit starken Holzexporten nach Amerika und China konfrontiert war.

„Wir kämpfen um das Holz“, beschrieb Holliger die momentane Lage. Nach aktuellem Stand können Paletten zwar noch produziert und geliefert werden; wie sich die Situation ab dem Sommer entwickelt, sei jedoch nicht absehbar.

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