Leiharbeit in der Logistik: Was erlaubt ist und was nicht

Temporäre Beschäftigung ist beliebt in der  Logistikbranche. Oft werden Arbeitskräfte aus dem EU-Ausland oder Drittstaaten entliehen. Dabei gilt es für Logistikunternehmen, auf die rechtlichen Feinheiten zu achten. Andernfalls drohen empfindliche Strafen bis hin zum Freiheitsentzug.

(Foto: iStock)

Leiharbeit wird in der Logistikbranche schon lange nicht mehr nur dazu genutzt, um Spitzen im Nachfrageverhältnis abzudecken. Vielmehr hat sich diese Art des temporären Beschäftigungsverhältnisses fest im Sektor etabliert. Mehr als 30 Prozent aller Leiharbeiter waren 2020 in der Logistikbranche beschäftigt. Im Schnitt verdienen sie 40 Prozent weniger als Vollbeschäftigte, wie Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen. So lassen sich die Kosten senken und die Flexibilität erhöhen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht überwiegen also die Vorteile.

Dabei verlassen sich deutsche Logistikunternehmer allerdings nicht allein auf einheimische Leiharbeiter oder Leiharbeitsfirmen. Stattdessen werden Arbeitnehmerüberlassungen nicht selten mit Personaldienstleistern aus dem Ausland vereinbart. Innerhalb der EU ist das aufgrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit relativ problemlos möglich. Denn es bedarf keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) oder einer anderen Behörde.

Leiharbeit aus dem EU-Ausland

Nichtsdestotrotz ist ein entleihendes Unternehmen, das einen oder mehrere Leiharbeitnehmer von einem Verleiher mit Sitz im Ausland bei sich im Unternehmen beschäftigt, seit Januar 2017 per Gesetz zur Abgabe einer Anmeldung über das Meldeportal Mindestlohn verpflichtet. Im Jahr 2020 gingen dort insgesamt 22.780 Entleiher-Meldungen ein, wie die DVZ auf Anfrage bei der Generaldirektion des Zolls erfuhr. Davon entfielen mehr als ein Fünftel oder 4.800 Meldungen auf die Logistikbranche. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass eine Meldung auch mehrere Personen umfassen kann.

Nicht selten werden Drittstaatler jedoch von ausländischen Leiharbeitsfirmen angeworben und mit gefälschten Dokumenten, die vortäuschen, sie seien EU-Bürger, entsendet, um hierzulande illegal bei deutschen Logistikunternehmen beschäftigt zu werden, wie die jüngsten Fälle von Schwarzarbeit offenbarten (die DVZ berichtete). Aber unter welchen Bedingungen dürfen Drittstaatler denn überhaupt rechtlich legitimiert in Deutschland Leiharbeit ausüben?

Leiharbeit von Drittstaatlern

Die Möglichkeiten sind stark eingeschränkt. Denn Bürger aus Drittstaaten dürfen nur dann eine Beschäftigung im Bundesgebiet aufnehmen, wenn der Aufenthaltstitel sie dazu berechtigt. Innerhalb eines Aufenthaltsverfahrens wird die Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich zum Zwecke der Beschäftigung beteiligt, um dem Aufenthaltstitel zuzustimmen.

Im Jahr 2020 lehnte die Behörde bei rund 41.100 Fällen die Arbeitsaufnahme ab und stimmte rund 188.886 Anträgen zu. Davon fanden 13,6 Prozent oder 25.659 Drittstaatler eine Beschäftigung in der Verkehrs- und Logistikbranche. Nach Berufen in der Produktion, personenbezogenen Dienstleistung, im Gastgewerbe und Gesundheitssektor ist die Logistik das beliebteste Ziel von Drittstaatsangehörigen. Die meisten Aufenthaltsverfahren wurden von Menschen aus Bosnien-Herzegowina (16.219), Indien (15.309) und dem Kosovo (12.939) beantragt.

Ausnahmen von der Regel

Laut Aufenthaltsgesetz ist die Zustimmung dann zu versagen, wenn der Drittstaatsangehörige als Leiharbeitskraft nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz tätig werden will. Jedoch ist es der Bundesagentur für Arbeit vorbehalten, unter bestimmten Voraussetzungen von diesem Grundsatz abzuweichen und die Zustimmung zur Beschäftigung – auch in Leiharbeit – zu erteilen. Das ist zum Beispiel gegeben, wenn ein Drittstaatler seit drei Monaten eine Duldung oder eine Aufenthaltsgestattung besitzt.

Darüber hinaus gibt es Aufenthaltstitel zur Beschäftigung, für die es überhaupt keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf. Hierzu gehört die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen mit Aufenthaltserlaubnis, die zwei Jahre rechtmäßig eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Bundesgebiet ausgeübt haben. Auch nach einem ununterbrochenen dreijährigen erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt im Bundesgebiet bedarf es zur Ausübung jeglicher Beschäftigung – also auch als Leiharbeitskraft – keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Ebenfalls keiner Zustimmung zur Beschäftigung bedarf es, wenn Drittstaatsangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erteilt worden ist.

Pflichten für Ver- und Entleiher

Unabhängig davon ist Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis ist zum Beispiel zu versagen, wenn der Antragsteller, also das entleihende Unternehmen, unzuverlässig handelt und die Vorschriften über die Ausländerbeschäftigung nicht einhält. Ist eine Erlaubnis bereits erteilt, kann diese widerrufen werden. Zuständig für die Erlaubniserteilung und Prüfung der Erlaubnisinhaber ist die Bundesagentur für Arbeit. Ergeben sich für die Bundesagentur für Arbeit bei der Prüfung der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes Anhaltspunkte für eine illegale Beschäftigung von Ausländern oder für Verstöße gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, wird die für die Verfolgung zuständige Behörde unterrichtet.

Aber auch an den Entleiher stellt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verschiedene Anforderungen. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern, die von einem Verleiher ohne Verleiherlaubnis überlassen werden oder wenn diese über die Überlassungshöchstdauer hinaus im Unternehmen beschäftigt sind, gilt beispielsweise als Ordnungswidrigkeit. Speziell im Hinblick auf eine illegale Ausländerbeschäftigung muss der Entleiher mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro oder gar einer Freiheitsstrafe rechnen.

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