Kündigungen in der Start-up- und Tech-Szene: Wer ist noch betroffen?

Flexport und Forto sind keine Einzelfälle – auch bei anderen Logistik-Start-ups wird Personal abgebaut, zeigen DVZ-Recherchen. Die Kündigungswelle hat im Januar 2023 einen neuen Höchstwert erreicht. 

Flexport und Forto sind keine Einzelfälle – auch bei anderen Logistik-Start-ups wird Personal abgebaut, zeigen DVZ-Recherchen. (Foto: iStock)

Sie galten als „Gewinner“ der Corona-Pandemie. Doch nun rollt bereits seit Monaten eine Kündigungswelle durch die Tech-Szene, die im Januar 2023 mit rund 76.000 Entlassungen einen neuen Höhepunkt erreichen wird. 2022 betrug die Zahl der Kündigungen nach Angaben der Datenbank Layoffs.fyi um die 160.000, allein im vierten Quartal sollen es fast 80.000 gewesen sein (Stand: 30.1.2023). Besonders betroffen ist nach den Bereichen Retail und Consumer auch der Transportsektor (inklusive Personenverkehr) mit circa 16.000 Kündigungen im vergangenen Jahr.

Tausende Entlassungen

Neben Massenentlassungen bei US-Riesen wie Amazon, Alphabet, Meta oder Microsoft sind vor allem Start-ups zunehmend von Jobstreichungen betroffen – obgleich die Zahlen natürlich deutlich geringer ausfallen. Auch im Logistiksektor, den Layoffs.fyi vom Transportbereich abgrenzt, verzeichnet die Plattform mittlerweile über 3.636 abgebaute Stellen in 32 Unternehmen. Die tatsächliche Zahl dürfte allerdings noch deutlich höher liegen, da bei 10 der Unternehmen keine Angaben über die Anzahl der Kündigungen erfasst werden konnten.

Den größten Einschnitt verzeichnete die Digitalspedition Flexport mit der Entlassung von 600 Beschäftigten und damit rund 20 Prozent der Belegschaft. Das Berliner Start-up Forto hat bereits im November 2022 rund 10 Prozent der Belegschaft entlassen, bestätigt CEO und Co-Founder Michael Wax gegenüber der DVZ. Das entspricht in etwa 90 Mitarbeitenden.

Den jüngsten Einschnitt soll die Frachtenbörse Uber Freight mit 150 Entlassungen verzeichnet haben. Ebenfalls betroffen waren nach den Layoffs.fyi-Recherchen noch weitere Jungunternehmen wie Shippo, Four Kites und Project 44 mit jeweils rund 60 abgebauten Stellen. Gegenüber der DVZ hat bislang nur Four Kites den Abbau der rund 8 Prozent der Belegschaft bestätigt. Project 44 spricht von 9 Kündigungen in Deutschland, die Zahl auf globaler Ebene blieb unkommentiert.

Anzeichen im deutschen Markt

Bislang ist vor allem der amerikanische Raum von der Entlassungswelle in Start-ups betroffen; dennoch deuten Einschätzungen von Experten darauf hin, dass diese nun auch Deutschland bevorstehen könnte.

„Aktuell sehen wir hier noch keine großen Auswirkungen. Wir gehen davon aus, dass die Effekte bei vielen Start-ups zeitversetzt eintreten werden, da dies letztlich abhängig von der aktuellen Finanzierung ist“, prognostiziert Johannes Franke, Geschäftsführer von Startport.

„Ich glaube, es sollte hier keine Panik geschürt werden. Auch Kündigungen gehören zum betriebswirtschaftlichen Leben eines jeden Unternehmens dazu“, meint hingegen Johannes Berg, Geschäftsführer des Digital Hub Logistics Hamburg. Er befürchtet jedoch, dass die Zahl der Neugründungen noch weiter zurückgehen könnte: „Es sollte etwas dafür getan werden, dass aus dem derzeitigen Gründungskater keine allgemeine und langanhaltende Gründungsmüdigkeit wird.“

Um weitere Kündigungen zu verhindern, benötigen Jungunternehmen Franke zufolge Unterstützung in Form von Projekten mit etablierten Unternehmen, frischem Kapital oder Fördermitteln mit geringen Einstiegshürden. Hinzu kommt, dass Corona-Hilfsfonds Ende 2022 ausgelaufen sind, was sich in den kommenden Monaten zusätzlich im Markt bemerkbar machen könnte.

Schwierige Wirtschaftslage

Mitverantwortlich für die Kündigungswelle ist nach Aussagen der betroffenen Unternehmen vor allem die schwierige Weltwirtschaftslage. Ein weiterer Grund ist, dass sich das Finanzierungsumfeld von Start-ups in den vergangenen Monaten deutlich eingetrübt hat. Unternehmen zeigen sich zurückhaltend bezüglich neuer Digitalisierungs- und Innovationsprojekte, beobachtet Franke. Auch Investoren schauen genauer hin.

„Unternehmen, die noch nicht profitabel sind, müssen ihren finanziellen Spielraum über einen längeren Zeitraum strecken – und das gelingt mit weniger Personal, das man bezahlen muss“, erklärt Berg. Auch Forto wolle mit dem vorhandenen Kapital nun so umgehen, dass es über die bevorstehende Krisenperiode reichen wird, sagt Wax. Diese könne mindestens 18 bis 24 Monate andauern.

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