Digitalisierung gerät ins Stocken

Bei deutschen Unternehmen sinkt laut einer aktuellen Umfrage des Digitalverbandes Bitkom die Investitionsbereitschaft in die Digitalisierung deutlich. Überraschend ist dabei ein Grund, den Unternehmen als Hemmnis für die Entwicklung digitaler Produkte und Dienstleistungen angeben.

Fachkräfte für Digitalisierungsprojekte sind rar. Doch wer in dem Bereich investiert, wird auch als Arbeitgeber attraktiver. Foto: alvarez/iStock

Bei Unternehmen sinkt die Investitionsbereitschaft in die Digitalisierung. Wollten dieses Jahr noch 43 Prozent eher mehr oder deutlich mehr für entsprechende Vorhaben ausgeben, so sind es im kommenden Jahr lediglich noch 18 Prozent. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom hervor. Teilgenommen haben 604 Unternehmen ab 20 Beschäftigten.

Bislang hatte die Corona-Pandemie eher für einen Digitalisierungsschub gesorgt. Doch nun dämpfen der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, Unterbrechung von Lieferketten, steigende Energiekosten und eine beschleunigte Inflation diesen Trend. Zugleich erwarten zwei Drittel (69 Prozent) der Befragten, dass in fünf Jahren digitale Geschäftsmodelle von sehr großer Bedeutung oder sogar entscheidend für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg sein werden. „Digitalisierung ist das beste Mittel für Widerstandsfähigkeit und Resilienz gegenüber Krisen jeder Art. Wir müssen alles daransetzen, dass die in der Pandemie erzielten Digitalisierungsfortschritte in der Pandemie jetzt nicht verpuffen, sondern nachgehalten und verstärkt werden“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Attraktiver als Arbeitgeber

In der Vergangenheit sind viele Unternehmen bei der Digitalisierung auf unerwartete Schwierigkeiten gestoßen. Das geben 9 von 10 Befragten an. Gleichzeitig sind 61 Prozent überzeugt, dass die Digitalisierung ihr Unternehmen wettbewerbsfähiger gemacht hat. Zudem stellt gut die Hälfte fest, durch Digitalisierung attraktiver als Arbeitgeber geworden zu sein. Dies sei in Zeiten schwer zu findender Fachkräfte ein Vorteil, betont Berg. Digitalisierung brauche Strategie, Kompetenz und Ressourcen. Dies erfordere außer Investitionen in Hardware und Software „auch einschlägiges Know-how auf allen Ebenen und die Bereitschaft, Prozesse umzubauen und nicht selten auch die Unternehmenskultur fortzuentwickeln“, betont der Bitkom-Präsident.

Der Umfrage zufolge erzielen nur 5 Prozent der Unternehmen derzeit mindestens die Hälfte ihrer Umsätze mit digitalen Produkten und Dienstleistungen, ein Fünftel des Umsatzes oder mehr erreicht jedes zweite dieser Unternehmen (52 Prozent). Ein Grund dafür: Es fällt Unternehmen immer noch schwer, ganz neue digitale Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln. Nur 3 Prozent sagen, dies sei sehr leicht, 9 Prozent, es sei eher leicht. Einem Drittel fällt es hingegen sehr schwer, weiteren 15 Prozent fällt es eher schwer. Und jedes dritte Unternehmen entwickelt selbst überhaupt keine neuen digitalen Produkte oder Dienstleistungen.

Mehr Know-how durch Kooperationen

Das größte Hemmnis bei der Entwicklung digitaler Produkte oder Dienstleistungen ist die fehlende Zeit, zum Beispiel im Management, wie 61 Prozent der Unternehmen anführen – eine Erklärung, die Berg nicht gelten lässt. „Digitalisierung ist die entscheidende Zukunftsfrage für die meisten Unternehmen und für die deutsche Wirtschaft insgesamt. Niemand sollte heute noch sagen, er habe keine Zeit für Digitalisierung. Unternehmen, denen es an Know-how fehlt, sollten stärker als bisher auf Kooperationen setzen – mit Unternehmen aus der eigenen Branche, mit Digitalunternehmen und insbesondere auch mit innovativen Tech-Startups.“ Darüber hinaus klagt die Hälfte der Unternehmen (53 Prozent) über fehlende Fachkräfte, 45 Prozent erleben, dass die Anforderungen an den Datenschutz neue digitale Lösungen bremsen oder verhindern. Und 3 von 10 Unternehmen haben nicht ausreichend finanzielle Mittel für die Entwicklung digitaler Angebote.

In den vergangenen Jahren waren die Unternehmen in Sachen Digitalisierung durchaus aktiv, wie aus der Umfrage hervorgeht. So geben 10 Prozent an, neue digitale Produkte auf den Markt gebracht zu haben, 7 Prozent haben bestehende Produkte durch digitale ersetzt und 14 Prozent mit digitalen ergänzt. Ein Drittel hat neue digitale Dienstleistungen ins Angebot genommen, 56 Prozent haben bestehende Dienstleistungen mit digitalen ergänzt und 10 Prozent haben bestehende Dienstleistungen durch digitale ersetzt. Nur 3 Prozent der Unternehmen geben an, in den vergangenen fünf Jahren überhaupt keine digitalen Produkte oder Dienstleistungen entwickelt zu haben. „Die Unternehmen haben auf den digitalen Wandel reagiert“, sagt Berg. „Was es jetzt braucht, sind zukunftsfeste Entscheidungen und eine konsequente Umsetzung für den digitalen Umbau der deutschen Wirtschaft.“ (rok)

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