Mautsätze werden nahezu verdoppelt

Die geplante CO₂-Abgabe wird den Straßengüterverkehr deutlich verteuern. Ein Diesel-Fernverkehrs-Lkw dürfte vom 1. Januar 2024 an etwa 40 statt bisher 20 Cent pro Kilometer zahlen müssen, so die Vorstellung der Ampelkoalition. Das entsprechende Gesetzgebungsverfahren soll im zweiten Quartal starten.

Eine neue CO₂-Abgabe sowie die Absenkung der Gewichtsgrenze auf 3,5 Tonnen wird zu Maut-Mehreinnahmen in Milliardenhöhe führen. (Foto: Imago/Jochen Tack)

Die Lkw-Mautsätze dürften sich Anfang kommenden Jahres annähernd verdoppeln. Dies zeigen erste Berechnungen der beiden Branchenverbände DSLV und BGL. Der in dem „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“ der Regierungskoalition vorgesehene CO₂-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO₂ dürfte rund 20 Cent pro Kilometer bedeuten, rechnete ein Branchenkenner gegenüber der DVZ vor – für einen 40-Tonnen-Lkw der Euro-6-Klasse bei einem Dieselverbrauch von circa 30 Litern/100 Kilometer. Derzeit zahlt ein derartiges Fahrzeug der Euro-6-Norm 19 Cent pro Kilometer. Zudem soll eine CO₂-Differenzierung eingeführt werden.

Vorgesehen ist, den CO2-Aufschlag als neuer Mautteilsatz für die externen Kosten der verkehrsbedingten CO2-Emissionen einzuführen, ergänzt eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums auf DVZ-Nachfrage. Er werde  wie die derzeit geltenden Mautteilsätze als Centbetrag pro auf dem mautpflichtigen Streckennetz gefahrenen Kilometer erhoben. Die Höhe des Aufschlags hänge von den Fahrzeugeigenschaften des jeweiligen mautpflichtigen Fahrzeugs ab, insbesondere von der CO2-Emissionsklasse, dem Gewicht, der Anzahl der Achsen und der Schadstoffklasse.

Um den Antriebswechsel im Straßengüterverkehr zu forcieren, sollen vom 1. Januar 2024 emissionsfreie Lkw bis Ende 2025 „von der Infrastrukturgebühr“ befreit werden, heißt es in dem Maßnahmenpapier. Anschließend würden lediglich 25 Prozent des regulären Satzes erhoben. Ob die Autoren mit Infrastrukturgebühr die komplette Maut meinen oder aber nur den Mautsatzanteil für Infrastruktur, geht aus dem Papier nicht hervor.

Es ist derzeit vorgesehen, emissionsfreie Fahrzeuge bis Ende 2025 von der Maut zu befreien, stellt die Sprecherin gegenüber der DVZ klar. Emissionsfreie Fahrzeuge bis zu 4,25 Tonnen sollen im Einklang mit der Eurovignetten-Richtlinie dauerhaft vollständig von der Mautpflicht befreit werden, ergänzt sie .Außerdem werden ebenfalls zum Jahreswechsel grundsätzlich alle Nutzfahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht mautpflichtig.

Der entsprechende Gesetzentwurf mautrechtlicher Vorschriften ist nach Angaben der aktuellen Vorhabenplanung des Verkehrsministeriums derzeit in Vorbereitung. Anschließend soll er in die Ressortabstimmung gehen, das Gesetzgebungsverfahren ist bereits ab dem zweiten Quartal geplant.

Lkw finanzieren die Schiene

Die aus dem CO₂-Zuschlag erzielten Mehreinnahmen sollen „ganz überwiegend“ in die Schiene investiert werden, haben die Ampel-Partner festgeschrieben. Grünen-Chefin Ricarda Lang hatte Dienstagabend von 80 Prozent gesprochen. Auf Basis der tatsächlichen Mauteinnahmen von 7,4 Milliarden Euro im Jahr 2022 dürften dies bei einer Verdoppelung der Mautsätze dann jährlich rund 6 Milliarden Euro sein – vor Einbeziehung der 3,5- bis 7,5-Tonner. Den Investitionsbedarf für die Modernisierung und den Ausbau des Schienennetzes beziffert der Koalitionsausschuss bis zum Jahr 2027 rund 45 Milliarden Euro.

Basis-Infrastruktur für Wasserstoff und Batterien

Gleichzeitig sichern die Koalitionäre den Aufbau initialer Infrastruktur-Grundnetze für batterieelektrische und Wasserstoff-Lkw für schwere Lkw bis 2025 zu. Die Ausschreibungen sollen ab dem dritten Quartal 2023 beginnen. Für batterieelektrische Lkw werde ein bedarfsgerechtes Grundnetz entlang der Bundesautobahnen geschaffen, heißt es in dem Maßnahmenpaket.

Gleichzeitig setze sich die Bundesregierung für ambitionierte Ausbauziele der Infrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge auf europäischer Ebene ein. Sie unterstütze den Vorschlag der Europäischen Kommission, mit dem unter anderem verbindliche Ausbauziele für den Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge festgelegt werden.

Schließlich will sich die Bundesregierung im Rahmen der Überarbeitung der CO₂-Flottenzielwerte für schwere Nutzfahrzeuge für ambitionierte Reduktionsziele 2030 und 2035 einsetzen, die sich an den Klimazielen auf der einen, der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit auf der anderen Seite orientieren. Dazu soll auch die Förderung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben und dazugehöriger Tank- und Ladeinfrastruktur bis 2028 verlängert werden.

BGL: „Mautverdoppelung ist politisches Harakiri“

Heftige Kritik an den Mautplänen kommt vom Güterkraftverkehrsverband BGL. „Die vom Koalitionsausschuss beschlossene Verdoppelung der Lkw-Maut ab 2024 ist politisches Harakiri! Ohne am Markt verfügbare Alternativen zum Diesel-Lkw und ohne Ladeinfrastruktur fehlt jedwede Lenkungswirkung zugunsten des Klimaschutzes“, wettert der Verband. Damit würde nur der Endverbraucher belastet.

Unverständnis äußert der Verband auch darüber, dass die Milliarden Mehreinnahmen hauptsächlich in die Schiene fließen sollen. „Die jüngste Verkehrsprognose von Verkehrsminister Wissing wird offenbar einfach ignoriert“, heißt es in der Stellungnahme. Dagegen suchten Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer jeden Abend verzweifelt freie Stellplätze. Für den Verband ist das „Wünsch-dir-was-Politik aus dem grünen Elfenbeinturm und hat nichts mehr mit der Realität zu tun“.

DSLV: Keine Aussagen zu Wasserstraßen

Der Speditionsverband DSLV dagegen bewertet die Ergebnisse des Koalitionsausschusses zur zukünftigen Umwelt- und Verkehrspolitik der Bundesregierung als „insgesamt ausgewogen“. Die Absicht, die Infrastrukturfinanzierung, die Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung sowie die Transformation hin zum klimaneutralen Güterverkehr in verkehrsträgerübergreifendem Kontext anzugehen, führe in die richtige Richtung. „Sowohl Straßen als auch Schienenwege sind überlastet und notleidend. Um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stabilisieren, müssen sämtliche Verkehrswege bedarfsgerecht geplant werden“, so DSLV-Präsident Axel Plaß. „Von einer auskömmlichen Finanzierung und Verfahrensbeschleunigung müssen alle Verkehrsträger profitieren, damit sie übergreifend zusammenarbeiten können. Was im Koalitionskompromiss leider fehlt, sind Aussagen zur Stärkung der Wasserstraßen.“

Der CO₂-Aufschlag werde zu einem erheblichen Anstieg der Frachtraten im Straßengüterverkehr führen, der am Markt in den Lieferketten auf Industrie, Handel und am Ende auf die Verbraucher überwälzt wird. Plaß: „Es ist offensichtlich, dass Null-Emissions-Logistik nicht zum Null-Tarif erfolgen kann. Nun kommt es darauf an, dass die verbindlichen neuen Mautsätze so schnell wie möglich veröffentlicht werden. Die Speditionshäuser und ihre Kunden brauchen Planungssicherheit und Transparenz über die zukünftigen Logistikkosten.“

Allerdings: Aus den steigenden Wegekosten könne nur dann ein Anreiz für einen Wechsel auf alternative Antriebsformen entstehen, wenn die Infrastruktur-Grundnetze für batterieelektrische und Wasserstoff-Lkw zügig aufgebaut werden und deren Errichtung auch in Logistikanlagen zusätzlich gefördert wird, mahnt der DSLV. Die zu begrüßende E-Fuels-Strategie müsse deshalb auch einen Anrechnungsmechanismus grüner Kraftstoffe in der Lkw-Maut umfassen.

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