Alexander Schuon: „Der Einsatz von E-Lkw ist unattraktiv“

Das Umfeld der Jumbo-Spediteure ist geprägt von vielen Veränderungen. Wie sich die einzelnen Teilmärkte darstellen, welche logistischen Konzepte noch gut funktionieren und warum der Brennstoffzellen-Lkw die Zukunft ist, erklärt Speditionschef Alexander Schuon im DVZ-Interview. 

Alexander Schuon wünscht sich für Logistikfachleute aus Drittländern deutlich bessere Zugangsbedingungen zum deutschen Arbeitsmarkt. (Foto: Schuon)

Das Umfeld der Jumbo-Spediteure ist geprägt von vielen Veränderungen. Wie sich die einzelnen Teilmärkte darstellen, welche logistischen Konzepte noch gut funktionieren und warum der Brennstoffzellen-Lkw die Zukunft ist, erklärt Speditionschef Alexander Schuon im DVZ-Interview. 
 

DVZ: Die Wirtschaft rutscht in eine Rezession. Davon betroffen sind auch die Auftraggeberbranchen der Jumbo-Spediteure. Inwieweit können Sie noch optimistisch in die Zukunft blicken? Welche Branchen bieten aus Jumbo-Sicht Perspektiven?

Alexander Schuon: Generell haben wir uns in den letzten Jahren breiter aufgestellt und sind auch im Bereich Zukunftstechnologien tätig, die politisch gewollt sind. Wir gehen davon aus, dass sich diese Projekte, zu denen unser neues Geschäftsfeld Batterielogistik zählt, auch bei einem möglichen Abschwung positiv weiterentwickeln.

Es liegt nun an der Politik, die richtigen Anreize zu setzen. So könnten zum Beispiel neue Renovierungs-Förderungsprogramme, die zur Einsparung von Energie beitragen, aufgesetzt werden. Damit würden die Baukonjunktur und Dämmstoffindustrie stabilisiert und die Effekte eines rückläufigen Marktes für Neubauten könnten dadurch aufgefangen werden. In diesem Umfeld ist die Große Koalition als Krisenmanager gefordert, konkrete und schnelle Entscheidungen zu treffen.

Solange hier nicht die richtigen Weichen gestellt werden, ist es generell für die Kunden der Jumbo-Branche und damit auch für die Spediteure selbst schwierig, künftige Entwicklungen abzuschätzen und zu planen. Zudem machen die steigenden Energiekosten den Unternehmen in allen Bereichen zusehends das Leben schwer.

Eine große Herausforderung für alle Firmen im Straßengüterverkehr ist, dass die Fuhrparks in absehbarer Zeit auf klimafreundliche oder sogar klimaneutrale Lkw umgestellt werden müssen. Während es für die General-Cargo-Speditionen bereits zahlreiche Lkw mit alternativen Antrieben gibt, ist die Auswahl an Jumbo-geeigneten Sattelzugmaschinen ausgesprochen spärlich. Rechnen Sie damit, dass auch für die Jumbo-Sparte noch rechtzeitig geeignete Elektro- beziehungsweise Brennstoffzellen-Lkw auf den Markt kommen?

Jumbo-Fahrzeuge mit Niedrigrahmen – dies gilt sowohl für Gliederzüge als auch Zugmaschinen – werden bei solchen Innovationen meist erst nachrangig von den Herstellern berücksichtigt. Dies liegt sicher an der Absatzmenge in diesem Segment, aber auch an den zusätzlichen technischen Herausforderungen. Ein niedrigerer Rahmen bedeutet immer auch, dass das Fahrzeug weniger Bodenfreiheit hat und demzufolge nur kleinere Tanks beziehungsweise Batterien eingebaut werden können – und da sich damit die Reichweite verringert, wird zumindest bei den E-Lkw der Einsatz unattraktiv. Dennoch wird es auch für Volumenfahrzeuge Lösungen geben müssen. Die politischen Vorgaben machen da ja keine Ausnahme. Für die Ultraleicht-Jumbos wird das zusätzliche Gewicht der Batterien aber zusehends ein K.-o.-Kriterium werden. Langfristig gehe ich davon aus, dass Wasserstoff der Kraftstoff der Zukunft für Lkw sein wird.

Zur Person

Alexander Schuon steht seit 2015 seinem Vater, Theo Schuon, an der Spitze des gleichnamigen mittelständischen Transport- und Logistikunternehmens zur Seite. Nach dem Abitur am Wirtschaftsgymnasium in Calw, absolvierte Schuon ein duales Wirtschaftsstudium mit Ausbildung zum Diplombetriebswirt (BA) bei der Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg. Im Anschluss daran arbeitete er bei seinem Ausbildungsbetrieb im Firmenkundenbereich. Parallel dazu absolvierte er eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer und den Lehrgang für die Berechtigung zur Führung eines Güterkraftverkehrsunternehmens. Nach einem einjährigen Praktikum im Logistikunternehmen Südkraft in München wechselte er 2006 in die familieneigene Spedition.

Nicht nur die ökologischen Herausforderungen bereiten den Fuhrunternehmen Kopfzerbrechen. Daneben werden sie in immer größerem Umfang mit dem Mangel an qualifiziertem Fahrpersonal konfrontiert. Wie lässt sich dieses komplexe Problem aus Ihrer Sicht lösen? Geht es möglicherweise wirklich nur ums Geld? Wie ist Ihre aktuelle Situation – warum haben/bekommen Sie noch Personal? Mussten Sie schon Lkw stehen lassen?

Neben den hohen Energiekosten ist der Fahrermangel aktuell das treibende Thema – das Problem hat sich zugespitzt wie nie zuvor. Es ist nicht immer nur ein monetäres Thema – wenn auch eine bessere Bezahlung des Jobs notwendig ist. Das Image des Berufskraftfahrers ist immer noch schlecht und damit weit von dem entfernt, was den Kolleginnen und Kollegen an Ansehen zusteht. Hier muss die gesamte Gesellschaft erkennen, dass Fahrer/innen eine angesehene und wichtige Berufsgruppe sind, denn ohne Logistik bleiben die Supermarktregale leer.

Dringend notwendig ist meiner Meinung nach, die Beschäftigung von Fahrpersonal aus Drittstaaten zu vereinfachen. Dazu gehört nicht nur, dass die interessierten Menschen leichter eine Arbeitserlaubnis erhalten, sondern auch die Umschreibung von Führerschein, Fahrerkarte und die Anerkennung der Ziffer 95 muss deutlich unbürokratischer ablaufen. Was zudem ganz wichtig ist: Die Sprachbarrieren müssen zwingend beseitigt werden – darüber habe ich im Sommer mit der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken bei ihrem Besuch bei uns ausführlich gesprochen. Auch hier ist die Politik gefordert, schnell zu handeln. Deutschland, die Wirtschaft und die Gesellschaft stehen hier vor einem großen ungelösten Problem!

Der Chef eines großen mittelständischen Transportunternehmens hat auf dem Deutschen Logistik-Kongress gesagt, dass bei den Verladern zunehmend die Zuverlässigkeit der Transporteure zählt und weniger der Preis. Können Sie dem zustimmen?

Es hat definitiv ein Umdenken bei den Verladern/Kunden stattgefunden. Ob dies so anhalten wird, wird sich in einer möglichen Krise, wo wieder mehr auf den Preis geschaut werden wird, zeigen.

Worüber ärgern Sie sich im Jumbo-Geschäft derzeit am meisten? 

Über die Rahmenbedingungen, die uns die Politik vorgibt! Unsere Branche hat hierzulande leider keine Lobby. Warum ist der Diesel in Polen um 30 bis 40 Cent günstiger als in Deutschland? Warum werden LNG-Lkw erst mit Förderungen in den Markt gelockt und die Unternehmen von der Politik im Stich gelassen, wenn der LNG-Preis ins Unermessliche steigt? Warum schaffen wir es nicht, Fahrpersonal aus Drittstaaten schnell und unkompliziert die auf Lkw zu bringen? Warum werden die Förderbedingungen für E-Lkw an technisch nicht erfüllbare Kilometer-Laufleistungen gekoppelt? Warum ist HVO (Hydrotreated Vergetable Oil) nicht als Kraftstoff an öffentlichen Tankstellen zugelassen, wenn mit HVO 90 Prozent CO₂ im Vergleich zu Diesel mit der bestehenden Technik eingespart werden könnte? Ich könnte hier noch einige weitere Bespiele aufführen. Wir müssen dringend aufhören, uns und unsere Wirtschaft selbst zu geißeln.

Um wie viel Prozent sind Ihre Kosten in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen und was sind die zentralen Kostentreiber?

In einem mir bisher nicht bekannten Umfang! Dazu machen uns viele Unwägbarkeiten wie lange Lieferzeiten von Lkw oder fehlende Ersatzteile mit den daraus resultierenden Standzeiten zu schaffen.

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