Meyer Logistics: Eine starke Familie

Das Willicher Unternehmen setzt auch in schwierigen Zeiten auf Regionalität und soziales Engagement. Die Folgen der Pandemie und des Krieges sind aber deutlich spürbar.

Der 34-jährige Michael Meyer-Lingen ist seit 2010 im ­Familienunternehmen beschäftigt. (Foto: Meyer Logistics)

Regionale Verbundenheit und soziales Engagement gehören für das Willicher Familienunternehmen Meyer Logistics sozusagen zum Geschäftsmodell. Daher zögerte Geschäftsführer Michael Meyer-Lingen keine Sekunde, als er von Bekannten in der Kleinstadt um Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge gebeten wurde. „Bereits zweimal haben wir von Willicher Bürgern gespendete Hilfsgüter, zumeist Lebensmittel und Hygieneprodukte, für das Deutsche Rote Kreuz gemeinsam mit einem befreundeten Logistikunternehmen aus der Nachbarschaft nach Warschau gebracht“, berichtet Meyer-Lingen, der sich die Geschäftsführung des Unternehmens mit seiner Cousine Ira Meyer teilt.

Während bei der ersten Tour zwei Lkw von Meyer Logistics und Scholz Kühllogistik mit insgesamt 78 Paletten transportiert und ausgeliefert wurden, waren bei der zweiten Tour bereits drei Lkw im Einsatz, davon zwei von Meyer Logistics. Bei der ersten Tour saß Meyer-Lingen selbst am Steuer des 40-Tonners. „Wir planen bereits eine dritte Tour, um die rund 7.500 Flüchtlinge in einem Lager in Warschau versorgen zu können“, so der 34-Jährige.

Die Folgen der Pandemie

Meyer Logistics wurde 1946 von Michael Meyer-Lingens Großvater gegründet und legt auch heute noch Wert darauf, in der Region zwischen Krefeld und Neuss verwurzelt zu sein. Schließlich dient das auch der Bindung von Mitarbeitern. „Wir sponsern nicht nur jedes Schützenfest und beinahe jeden Verein im Ort, sondern veranstalten beispielsweise auch regelmäßig einen sogenannten ,Toten Winkel-Tag' für Grundschulklassen“, erzählt Meyer-Lingen, dessen Sohn zwei Jahre alt ist und bald in den Kindergarten geht. Der „Aha-Effekt“ sei eine deutlich eindringlichere Warnung als jede noch so gute Lehrstunde in Theorie, um vor den Risiken im Straßenverkehr durch abbiegende Lkw zu warnen, meint er: „Das ist auch immer besser als eine zusätzliche Ampel“.

Allerdings muss das Unternehmen während der Corona-Pandemie mit solchen Aktionen pausieren. Ebenfalls vorläufig eingestellt werden mussten auch Messe- und Schulbesuche, um junge Menschen für Logistikberufe zu begeistern. „In Spitzenzeiten hatten wir mehr als 25 Auszubildende im Unternehmen“, so Meyer-Lingen, der selbst Speditionskaufmann gelernt und später die DAV in Bremen besucht und den Abschluss als Verkehrsfachwirt gemacht hat. Derzeit werden 16 Azubis gezählt. Wegen Corona seien die Bewerbungen rückläufig.

„Die Lage ist in diesem Jahr so schwierig wie noch nie“, beobachtet Meyer-Lingen, der seit 2010 im Familienbetrieb beschäftigt ist. Sein Unternehmen bildet in fünf Berufen aus: Berufskraftfahrer, Fachlagerist, Fachkraft für Lagerlogistik, Kfz-Mechatroniker und Speditionskaufleute. In der Regel werden die Auszubildenden übernommen.

Insgesamt beschäftigt Meyer Logistics rund 200 Mitarbeiter, davon 120 Fahrer – mit Wohnsitz in Deutschland, wie Meyer-Lingen betont. So mancher von ihnen sei länger im Unternehmen als er selbst, schmunzelt er. Im Fuhrpark werden mehr als 100 ziehende Einheiten gezählt. Dabei wird nach wie vor auf den Diesel gesetzt. „Alternative Antriebe machen derzeit für unsere Einsätze weder ökonomisch noch ökologisch Sinn“, meint Meyer-Lingen. Er rechnet aber damit, dass die Zukunft elektrisch wird, sollte sich die Speicherleistung von Batterien deutlich verbessern.

In puncto Digitalisierung sei das Unternehmen bereits vorbereitet. Anfang des Jahres wurde ein Digitalisierungs-Beauftragter ernannt, Abläufe weitgehend digitalisiert sowie alle Lkw mit Bordcomputer und Tablets ausgestattet. „Wenn wir den Wandel nicht managen, schaffen wir uns als Familienunternehmen irgendwann selbst ab“, so Meyer-Lingen. Doch in der Branche vollzieht sich der digitale Wandel nur mühsam.

Hohe Preise drücken den Umsatz

Unter den Fahrern der Spedition sind auch fünf Frauen. Egentlich würde das Unternehmen aber gerne mehr Fahrerinnen beschäftigen. Um Anreize zu schaffen gebe es entsprechende Modelle wie Teilzeitangebote, etwa eine 3-Tage-Woche. Auch beim Personal mache sich Corona bemerkbar, so Meyer-Lingen. Zwar seien alle Fahrzeuge besetzt, doch bei Krankmeldungen werde es oft eng.

Stark zu schaffen machen dem Unternehmen zusätzlich die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Zwar fährt Meyer Logistics überwiegend Transporte im Inland – hauptsächlich für Hersteller von Tiernahrung, Getränken und weiteren ungekühlten Lebensmitteln und deren Verpackung – doch sorgen Preissteigerungen beim Diesel sowie bei AdBlue und Reifen für Kopfzerbrechen. Der Dieselpreis habe sich verdoppelt, so Meyer-Lingen. Die Mehrkosten liegen bei 200.000 EUR im Monat. Zwar werde ein Großteil dadurch abgedeckt, dass alle Verträge auf „Diesel-Floater“ umgestellt seien, also der höhere Dieselpreis vom Kunden bezahlt wird. „Aber auch die Kunden müssen schließlich die höheren Preise zahlen können“, beschreibt Meyer-Lingen das Dilemma. Sein Unternehmen zählt rund 70.000 Quadratmeter Lagerfläche in der Region. In Krefeld-Münchheide entsteht gerade ein neues Lager mit einer Fläche von 15.000 Quadratmetern, das im Sommer 2023 in Betrieb gehen soll.

Der Umsatz bewegte sich in den Vorjahren um die 28 Millionen EUR-Marke. Mit etwa 25 Kunden erzielt das Unternehmen 80 Prozent des Umsatzes. „Bereinigt um die höheren Dieselpreise, rechnen wir allerdings mit einem leichten Umsatzrückgang“, prognostiziert Meyer-Lingen. „Wir wollen ein klassisches Familienunternehmen bleiben, die Strukturen nachhaltig sicherstellen, den persönlichen Draht zu den Mitarbeitern halten und planen daher auch keine großen Umsatzsprünge in der Zukunft“, zeigt sich der Geschäftsführer zufrieden.

Auch die Weichen für die Zukunft sind gestellt: Die dritte Generation der Familie hat das Zepter im Unternehmen inzwischen fest in der Hand. Neben Michael Meyer-Lingen und Cousine Ira Meyer mit Schwester Britta arbeiten auch seine drei Brüder in der Firma. Seine Kinder würde er aber nie überreden, in seine Fußstapfen zu treten: „In ein Familienunternehmen muss man aus Leidenschaft oder Überzeugung eintreten. Ansonsten sollte man es lassen.“ (ab)

Ihr Feedback
Teilen
Drucken

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen kostenlos testen

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt DVZ oder DVZ-Brief 4 Wochen kostenlos testen

Nach oben