Bestellboom in der Krise: „Wir brauchen ein neues Retourenmanagement“

Die Coronakrise stellt eingefahrene Prozesse auf den Prüfstand. Besonders im Retourenmanagement müssen Onlinehändler neue Lösungen anbieten, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Foto: Manonallard/Istock

Der Einzelhandel ist im Umbruch. Nicht erst durch die Coronapandemie verlagert sich das Shoppingverhalten ins Netz. Mit den gestiegenen Bestellmengen müssen viele Händler ihr digitales Angebot überarbeiten. Oft wird dabei das Retourenmanagement vergessen. Ein Blick auf die künftigen Trends verrät, dass dies spätestens bei der Kundenzufriedenheit ein Problem darstellen wird.

Trend 1: Auflagen für den Onlinehandel

Der zweite Lockdown stellte für viele Einzelhändler den Super-GAU dar. Zwar stieg das Volumen im Onlinehandel durch die seitens der europäischen Regierungen verordneten Maßnahmen im Jahr 2020 deutlich. Unternehmer, die den Großteil ihres Geschäfts bislang stationär ausgerichtet haben, waren gezwungen ihre Geschäftsmodelle zu digitalisieren.

Dennoch stehen viele Einzelhändler trotz Onlinepräsenzen vor dem Aus. Auslöser dafür waren die Preisanhebungen der verschiedenen Paketdienste, sprunghafte Kunden und fehlende Mittel für Marketing. Gerade in den Innenstädten der Metropolen ist eine große Anzahl von Insolvenzen zu befürchten, da Personal und Mieten lagebedingt einen erheblichen Teil der monatlichen Kosten ausmachen.

Viele Verbraucher wollen lokale Einzelhändler unterstützen, sind während der Pandemie jedoch gezwungen auf Online-Shops auszuweichen. Viele stationären Händler haben daher umgesattelt: Sie machen ihre Schaufenster zum „Bildschirm“, bieten ihre Waren an und bedienen die Kunden „kontaktlos“. Diese dürfen die Ware nach einer heimischen Anprobe wieder persönlich retournieren. Es entsteht eine Offline-Retourenmanagement-Plattform. Folglich wird sich mehr und mehr eine Verschiebung in den Distanzhandel ergeben. Hierfür braucht es Fachwissen und den richtigen Lösungsansatz sowie das unbedingte Verständnis für die Wünsche des Kunden. Ressourcen, die vielen Händlern nur eingeschränkt zur Verfügung stehen.

Eine weitere Herausforderung: Die Unionsfraktion des Bundestags reichte im Dezember 2020 einen Entwurf ein, der vorsieht, dass Onlinehändler für jedes Paket eine Sonderabgabe entrichten. Die Reaktion der Verbände ließ nicht lange auf sich warten: Sie befürchten, dass der Endverbraucher der Leidtragende dieses Entwurfs wäre. Die erwartete Pleitewelle im Einzelhandel im Jahr 2021 könnte damit verstärkt werden.

Trend 2: Kauf über Social Media

Die Marketingmaßnahmen im E-Commerce werden zunehmend automatisiert. Immer mehr Online-Shops setzen dabei auf Bots, die über Messenger-Dienste oder Soziale Netzwerke Kunden generieren – Funktionen wie der „Kaufen“-Button auf Facebook oder der Instagram-Checkout werden beim Endnutzer immer beliebter. Einer Statista-Prognose zufolge werden bis Ende 2021 rund 73 Prozent der E-Commerce-Verkäufe auf einem mobilen Endgerät stattfinden. Doch nicht nur die tägliche Nutzung von Social Media beeinflusst das Kundenerlebnis: Dank smarter Sprachassistenten wie Apples Siri oder Amazons Alexa müssen Kunden nicht einmal mehr selbst einen Online-Shop aufsuchen, um Einkäufe tätigen zu können.

Dieser Trend generiert mehr Transaktionsvolumen, aber auch mehr Retouren. Das macht automatisiertes Retourenmanagement erforderlich. Die britische Firma ASOS verlagerte ihren Prozess auf eine elektronische Ebene und vollzog einen Schritt, den sich deutsche Unternehmen nach wie vor sehr oft nicht zutrauen. Dabei könnte automatisiertes Retourenmanagement sogar ein weiterer Anlass für die direkte Kommunikation mit dem Kunden und damit auch mehr Transparenz schaffen.

Trend 3: Nachhaltigkeit wird wichtiger

Ein im Dezember 2020 beschlossener Gesetzesentwurf für die Obhutspflicht von Onlinehändlern im Umgang mit Retouren folgt dem Trend des nachhaltigen Konsums. Laut Global Webindex gab schon 2018 die Hälfte der digitalen Verbraucher an, dass Nachhaltigkeit ihre Kaufentscheidungen beeinflusst. Dazu zählt auch der Umgang mit Retouren. Viele Onlinehändler halten sich an das gesetzlich geregelte zweiwöchige Widerrufsrecht. Nur in Ausnahmefällen werden längere Fristen gewährt – die Coronakrise ist eine davon. Seit Ausbruch der Pandemie handhaben immer mehr Händler das Widerrufsrecht lockerer.

Die verbesserte Kommunikation zwischen Kunden und Händlern, die Retourenmanagement- Plattformen anbieten, kann Rücksendungen sogar vermeiden – ein Gewinn für Händler und Umwelt. Basierend auf dem Kundendialog können die logistischen Prozesse entsprechend optimiert und nachhaltiger gestaltet werden. Das wiederum macht einen Onlineshop für neue Zielgruppen attraktiver.

Artjom Bruch ist Geschäftsführer von Trusted Returns.

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