BDI-Präsident fordert Infrastrukturoffensive

Siegfried Russwurm sieht den Transport- und Verkehrssektor unter massivem Druck, nachhaltiger zu werden. Eine weitere Herausforderung seien zum Beispiel die schleppenden Genehmigungsverfahren bei Infrastrukturprojekten.

BDI-Präsident Siegfried Russwurm beim Deutschen Logistik-Kongress in Berlin: „Wir brauchen das Zusammenspiel aller Verkehrsträger.“ (Foto: BVL/Bublitz)

Siegfried Russwurm, der Präsident des Industrieverbandes BDI, sieht den Transport- und Verkehrssektor unter massivem Druck, nachhaltiger zu werden und die Klimaziele zu erreichen. Um klimaneutral zu werden und zugleich wettbewerbsfähig zu bleiben, sei eine Innovations- und Investitionsoffensive nötig. Ideologische Irrwege wie ein Verbot des Verbrenners oder von innerdeutschen Flügen würden die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland dagegen gefährden, betonte er in seiner Rede beim Deutschen Logistik-Kongress. Und weiter: „Damit Deutschland Logistikweltmeister bleibt, kommt es auf konkrete, umsetzbare Maßnahmen und vor allem auf Geschwindigkeit an – und auf ein klares Bekenntnis zu selbstverantwortlichem Unternehmertum und offenen Grenzen.“

Deutschland müsse das Transport- und Verkehrswesen modernisieren und die Innovationspotenziale steigern. Die Industrie stehe bereit, ihre Leistungsfähigkeit voll einzubringen, beispielweise durch emissionsarme Antriebstechnik bei allen Verkehrsträgern. Der falsche Weg wäre nach Russwurms Ansicht staatliche Regulierung, die immer weitere Teile der Privatwirtschaft treffe. „Der Staat greift lenkend in die Wirtschaft ein.“ Schon vor Corona sei dieser Trend zu beobachten gewesen. „Aber der Staat ist nicht der bessere Unternehmer“, stellte der BDI Präsident klar.

Außer der Klimaneutralität sieht er weitere Herausforderungen für den Transportsektor, so zum Beispiel schleppende Genehmigungsverfahren bei Infrastrukturprojekten oder einen zunehmenden Fachkräftemangel. Diese Probleme seien seit Jahren bekannt und auch für das Erreichen der Klimaneutralität „echte Hemmschuhe“.

„Wir müssen in den nächsten Jahren eine nationale Infrastrukturoffensive starten“, sagte Russwurm und weiter: „Dafür können wir uns keine jahre- oder jahrzehntelangen Planungs- und Genehmigungsverfahren mehr leisten.“ Ob es um die rasche Sanierung von maroden Brücken, die zügige Vertiefung wichtiger Schifffahrtsstraßen, die Ertüchtigung von Schleusen oder den Bau neuer Schienenwege gehe: „Wir brauchen eine fundamental andere Vorgehensweise.“ Brennerzulauf im Süden und Fehmarnbelt im Norden stünden symbolisch für „die lähmende Langsamkeit, die uns aktuell auch in Europa zum Bremser macht“, sagte Russwurm.

Das Ziel der Verhandler einer möglichen Ampelkoalition, die Verfahrensdauer zu halbieren, halte er zwar für richtig. Doch eine Halbierung der Planungs- und Genehmigungszeiten werde nicht reichen, um die Klimaziele bis 2030 und 2045 zu erfüllen, meint der BDI-Präsident.

Zuvor hatte DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta in das Kongressmotto „Chancen nutzen – Adapt to Lead“ eingeleitet. Die Schiene erlebt aus Russwurms Sicht „völlig zu Recht ein Comeback“. Als „essenzieller Verkehrsträger“ sei sie für den Industriestandort Deutschland nicht wegzudenken. „Aber sie ist nicht dogmatisch die Lösung aller Probleme. Wir brauchen das Zusammenspiel aller Verkehrsträger“, betonte Russwurm. Dabei sei ein technologieoffenes Zusammenspiel von Straße und Schiene erforderlich. „Ideologische Debatten um ein bestimmtes Verkehrs- und Transportmittel gehen stattdessen völlig an den Realitäten vorbei“, fügte er hinzu.

Als größte Volkswirtschaft in Europa und zugleich als Verkehrsdrehscheibe der EU verfüge Deutschland heute zudem nicht über ein dafür angemessenes Straßennetz. „Trotz durchaus signifikanter Investitionen bestehen immer noch zahlreiche Engpässe. So drohen zum Beispiel landauf, landab Brückensperrungen.“

Darüber hinaus sei die Digitalisierung entscheidend, wenn es darum gehe, Klimaneutralität zu erreichen, ohne bei der Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. Aber da gibt es nach Einschätzung des BDI-Präsidenten noch viel Luft nach oben. In der Digitalen Automatische Kupplung zum Beispiel, mit der Güterwagen sowie deren Strom-, Daten- und Druckluftleitungen automatisch verbunden werden, sieht Russwurm „eine Riesenchance, die noch gar nicht ausdiskutiert ist – das ist erst der Anfang“, sagte er und fügte hinzu: „Durch das digitale Backbone jedes Güterzugs, das sich dadurch bilden lässt, werden noch ganz vielen intelligenten Leuten tolle Applikationen einfallen.“

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