Lkw-Maut: „Der Starttermin 1. Dezember ist eine absolute Katastrophe“

Anfang Dezember steht die Verdopplung der Lkw-Maut an. Bei einer Expertenanhörung im Bundestag haben Branchenvertreter einmal mehr vor den negativen Folgen für Unternehmen und Verbraucher gewarnt.

Sensoren einer Mautbrücke zur Erfassung der Autobahnmaut auf der Autobahn A3 bei Hamminkeln am Niederrhein. (Foto: IMAGO / Jochen Tack)

Branchenvertreter aus dem Bereich Spedition und Logistik haben einmal mehr vor der geplanten Lkw-Mauterhöhung zum 1. Dezember gewarnt. Die im Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften (20/8092) geplante Erweiterung der Lkw-Maut um eine CO2-Komponente sei „ein sinnloser Inflationstreiber inmitten einer Wirtschaftskrise ohne jede Lenkungswirkung“, sagte Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher beim Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) während einer Expertenanhörung des Verkehrsausschusses im Bundestag. Gerade für kleine mittelständische Betriebe sei es nicht ohne weiteres möglich, die Mehrkosten an die Auftraggeber weiterzugeben, so Engelhardt. Viele dächten daher über die Betriebsaufgabe nach.

Falls die CO2-Anrechnung nicht mehr zu verhindern ist, will er zumindest den Startzeitpunkt verschoben wissen. Der 1. Dezember sei eine „absolute Katastrophe“ befand er. Aufgrund bereits geschlossener Verträge könne die Mautsteigerung für den Monat Dezember vielfach nicht mehr berücksichtigt werden. Insofern dürfe die CO2-Mauterhebung frühestens zum 1. Januar 2024 starten.

Bundesregierung will Preissignal setzen

Die Vorlage der Bundesregierung sieht eine Anlastung der CO2-Komponente auf die Lkw-Maut ab 1. Dezember 2023 vor, was zu einer Verdopplung der Kosten führen würde. Am 1. Juli 2024 sollen zudem auch Lkw ab 3,5 Tonnen Nutzgewicht zur Mautzahlung verpflichtet werden. Mit der CO2-Komponente will die Regierung laut Gesetzentwurf ein Preissignal setzen, „durch das für die Güterverkehrsbranche die Nutzung von Lkw mit alternativen Antrieben – wie Batterie- und Brennstoffzellen-Lkw – kostenseitig deutlich attraktiver wird“.

Aktuell kein einziger Mega-Charger in Deutschland

Doch diese gibt es gar nicht – oder zumindest nicht in ausreichender Anzahl und zu einem vertretbaren Preis, halten die Verbandsvertreter entgegen. Aktuell seien 0,03 Prozent der täglich auf deutschen Straßen verkehrenden Lkw elektrisch unterwegs, sagte der BGL-Vorstandssprecher. Bis die Flotte von 800.000 Lkw ausgetauscht sei, brauche es noch ein paar Jahre. E-Lkw seien außerdem bis zu 3,5-mal so teuer wie ein Diesel-Lkw. Und dann ist da noch das Tankproblem: Engelhardt zufolge gibt es aktuell in Deutschland keinen einzigen Mega-Charger, mit dem ein Lkw während der Lenkzeitunterbrechung zumindest so weit aufgeladen werden kann, dass er seine nächste Be- oder Entladestelle erreicht.

Da es nicht nur an E-Lkw, sondern auch an Verladeoptionen auf das System Schiene mangele, würde die mit der Verdoppelung der bestehenden Mautsätze angedachte Lenkungswirkung zu diesem frühen Einführungszeitpunkt deutlich verfehlt, kritisierte auch Frank Huster, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV). Er bemängelte zudem die „einseitige technologische Festlegung auf batterieelektrische und brennstoffzellenelektrische Antriebe sowie Wasserstoffmotoren“ und sprach sich für den Einsatz fortschrittlicher biogener Kraftstoffe wie HV100, Bio-LNG und Bio-CNG und E-Fuels aus.

Elektro-Lkw ab 2024 auf dem Massenmarkt

Kim Kohlmeyer vom Think Tank „Transport & Environment Deutschland“ hält die Diskussion um den Einsatz derartiger Kraftstoffe für falsch. E-Fuels würden in der Schifffahrt, beim Luftverkehr und in der chemischen Industrie benötigt. „Da, wo es möglich ist, muss elektrifiziert werden“, sagte sie. Auch was die Verfügbarkeit von E-Lkw angeht, war Kohlmeyer anderer Ansicht als die Verbandsvertreter. Daimler, MAN, Scania und Volvo konzentrierten sich darauf, Elektro-Lkw für alle Fahrzeugsegmente und ab 2024 insbesondere auch für den Fernverkehr auf den Massenmarkt zu bringen, sagte sie.

Güterbahnen-Chef Peter Westenberger sieht die von ihm vertretenen nicht-bundeseigenen Güterbahnen sehr wohl in der Lage, mehr Güterverkehr abzuwickeln. „Wir haben Verlagerungspotenzial“, sagte Westenberger. Ein Marktanteil von 35 Prozent bis 2030 sei möglich. Derzeit liegt der Anteil bei 20 Prozent.

Lkw-Maut künftig auch ab 2,5 Tonnen?

Durchaus bemerkenswert war auch der Wortbeitrag des Toll Collect-Geschäftsführers Gerhard Schulz. Auf die Frage des Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD), wie er die Möglichkeit bewertet, auch Fahrzeuge ab 2,5 Tonnen in die Maut einzubeziehen, nannte er als wesentlichste Herausforderung die Beschaffung und Bereitstellung der On-Board-Units. Mehr als eine Million solcher Geräte würden benötigt, sagte Schulz. Ist das geklärt, sei die Ausweitung der Maut auf Fahrzeuge ab 2,5 Tonnen innerhalb von 24 Monaten „technisch und fachlich möglich“, fügte er hinzu. (sl)

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