Infrastrukturminister Hanke: „Miteinander statt gegeneinander“

Mehr als 100 Tage ist Österreichs Dreierkoalition aus konservativer ÖVP, SPÖ und liberalen NEOS im Amt. Der für Verkehr und Transport zuständige Minister Peter Hanke (SPÖ) spricht im DVZ-Interview über umweltfreundliche Angebote für den Logistiksektor, Förderprogramme und Digitalisierung.

Peter Hanke (SPÖ), Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur. (Foto: David Visnjic)

DVZ: Herr Hanke, welche neuen Akzente wollen Sie für den Güterverkehr setzen?

Peter Hanke: Gemeinsam werden wir für mehr umweltfreundliche Angebote für den Logistiksektor sorgen, etwa durch neue Eisenbahninfrastruktur, die voll in Bau ist – allen voran Brennerbasistunnel, Koralmbahn und Semmeringbasistunnel. Aber auch die Elektrifizierung der Nebenstrecken ist uns ein besonderes Anliegen. Für den Straßenbereich setzen wir auf die Versorgung mit klimaneutralem HVO100, auf Ladeinfrastruktur für den Güterverkehr, auf Innovation und Digitalisierung sowie auf faire und arbeitnehmerfreundliche Arbeitsbedingungen und Sozialstandards.

Welche konkreten Entlastungen sind für Logistikunternehmen beispielsweise bei Infrastrukturabgaben oder Terminalzugang geplant?

Der Zugang zu Infrastruktur für die Logistik ist aus unserer Sicht bereits gut und wird in den kommenden Jahren weiter verbessert. Denken Sie etwa an die großen Tunnelbauleistungen, die Österreich vollbringt. Trotz der angespannten Budgetsituation setzen wir uns für einen verantwortungsvollen Umgang bei der Infrastrukturbepreisung ein, können uns allgemeinen Trends, etwa den allgemein steigenden Energiepreisen, aber natürlich nicht entziehen. Österreich verfügt über eine ausgezeichnete Terminalinfrastruktur mit in Summe 14 Standorten unterschiedlicher Anbieter, welche allen Nutzern offenstehen – das ist ein Spitzenwert in Europa. Wir führen dazu auch regelmäßig Bedarfsanalysen durch, gegenwärtig ist eine solche in Arbeit. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden in die Evaluierung der Infrastrukturzielnetze einfließen. Darüber hinaus schaffen wir noch eine Reihe von Angeboten für Logistiker in Form von Förderungen und finanziellen Unterstützungen, wie dem Programm ENIN für Emissionsfreie Nutzfahrzeuge und Infrastruktur, der Logistikförderung oder etwa der Anschlussbahn- und Terminalförderung. Nebenher verfügt Österreich über eine traditionell starke Innovations- und Forschungsszene, die wir seit Jahren mit Programmen unterstützen.

Auf welche Erleichterungen durch Digitalisierung darf sich die Branche freuen?

Zur Digitalisierung der Logistik hat Österreich nunmehr auch das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr, CMR, ratifiziert. Somit kann der elektronische Frachtbrief, eCMR, in Österreich sowohl im Binnenverkehr als auch im grenzüberschreitenden Verkehr verwendet werden. Zusätzlich ist Österreich unbestreitbar ein Frontrunner beim gemeinsamen Projekt eFTI, der digitalen Frachtbeförderungsinformation. Wir werden hier ab Ende des Jahres erste interaktive Angebote und Pilotanwendungen zur Verfügung stellen, um die für Mitte 2027 vorgesehene europaweite Umsetzung zu unterstützen und zu erleichtern.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?

Betreffend Abgaben, Genehmigungen und Infrastrukturzugang sind wir weitgehend durch das europäische Regelungsregime gebunden. Wir setzen uns natürlich täglich für Digitalisierung und Entbürokratisierung ein, aber ich denke, die großen Herausforderungen für die Logistikunternehmen bestehen heute ohnehin im ausreichenden Zugang zu den Ressourcen Raum, Energie und Personal. Hier liegt unser Handlungsbedarf, und unsere geplante Logistikstandortstrategie wird sich diesen Themen mit einem großen Schwerpunkt widmen.

Inwieweit soll die Logistikstandortstrategie, die im Regierungsprogramm angekündigt wurde, den Dauerkonflikt zwischen Schiene und Straße pragmatisch lösen, statt nur Schlagworte wie „Verlagerung“ zu bedienen?

Das Prinzip von „Miteinander statt gegeneinander“ hat mich auf meinem langen politischen Weg stets begleitet, und das will ich auch in meiner neuen Aufgabe umsetzen. Ich möchte daher nicht einem konstruierten Konflikt das Wort reden, sondern vielmehr der Zusammenarbeit und dem gegenseitigen respektvollen Austausch. Die Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert und darauf müssen auch die Transportangebote reagieren. Es ist für alle notwendig, einen verantwortlichen Umgang mit den knappen Ressourcen, einschließlich Infrastruktur, zu fördern. Dafür werden wir die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen und Anreize schaffen. Noch intensiver werden wir uns damit in der neuen österreichischen Logistikstandortstrategie auseinandersetzen, die wir nun ausarbeiten werden.

Wann werden Sie die Logistikstandortstrategie präsentieren?

Das lässt sich zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht genau sagen. (cs)

Peter Hanke

Der 61-jährige Wiener ist Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur. Mit Logistik befasste er sich schon in seiner Diplomarbeit „Citynähe und wasserseitiger Anschluss als Attraktivitätsfaktoren eines Güterverteilzentrums in Wien“. Er war unter anderem Geschäftsführer bei der LVBG Luftverkehrsbeteiligungs GmbH und zuletzt seit Mai 2018 Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales in Wien.

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