In schweren Zeiten ist eine kluge Politik gefragt

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts darf die Regierung nicht in einen übertriebenen Sparmodus verfallen. Wohin das führt, haben die letzten Jahre gezeigt. Investitionen müssen sein, meint DVZ-Redakteurin Susanne Landwehr.

Katastrophe, Todesstoß, bittere Enttäuschung – das sind die Begriffe, die seit vergangenem Mittwoch zu hören sind. Aber auch staatstragende Worte wie Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht und Verantwortung sind in diesen Tagen nicht selten zu hören. Was für den Klimaschutz gut gemeint war, ist verfassungsrechtlich nicht haltbar. Die Regierung hatte mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2021 Kreditermächtigungen in den Klima- und Transformationsfonds verschoben. Diese waren für Ausgaben im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vorgesehen. Das darf nun nicht sein.

Investitionen lange vernachlässigt

Die Union freut sich, dass ihr knapp zwei Jahre vor der Bundestagswahl solch ein Coup gelungen ist. Gleichzeitig hat sie es in 16 Jahren Regierungszeit versäumt, ausreichend in Straße, Schiene und Wasserstraße zu investieren. Die Deutsche Bahn benötigt nach eigenen Berechnungen bis 2027 rund 90 Milliarden Euro. Etwa die Hälfte davon hat sie erst in diesem Jahr als Mehrbedarf angemeldet.

Im KTF waren für das Jahr 2024 zwei große Titel in Höhe von knapp 6 Milliarden Euro allein für die Schiene vorgesehen. Hinzu kamen 2,2 Milliarden Euro für Tank- und Ladeinfrastruktur und knapp 624 Millionen Euro als Zuschüsse für den Kauf von Elektro- oder Wasserstoff-Lkw. Alles Schnee von gestern.

Die Politik hat in der Energiekrise in der Pandemie schnell und zielgerichtet gehandelt. Das ist auch heute gefordert.

Die Investitionen sind aber nötig, weil die Bahn und klimafreundliche Lkw zu den europäischen und nationalen Klimaschutzzielen beitragen müssen. Überschwemmungen, Stürme und Hitzewellen zeigen, wie dringend das ist. Investitionen sind auch notwendig, weil es bei der Transformation der Wirtschaft darum geht, bei grünen Technologien weltweit die Nase vorn zu haben. Stattdessen steckt die deutsche Wirtschaft seit Jahren in einer Investitionskrise. 14 Prozent der Transport- und Logistikunternehmen berichten in einer Umfrage des Ifo Instituts von großen wirtschaftlichen Sorgen.

Die Regierung muss nun schnell Lösungen finden. „Wir werden mit weniger Geld wirksamere Politik machen müssen als im vergangenen Jahrzehnt“, sagte Finanzminister Christian Linder (FDP) am Donnerstag in Berlin. Endlich. Eine wirksame Politik wünschen sich Wirtschaft und Bürger schon lange. Auch von Prioritäten, weniger Bürokratie und Planungsbeschleunigung ist seit Jahren die Rede.

Schnell war schon mal machbar

In der Energiekrise vor knapp zwei Jahren hat die Politik gezeigt, wie schnell und zielgerichtet sie handeln kann. Gas drohte knapp zu werden, das LNG-Gesetz war innerhalb weniger Monate geschrieben und verabschiedet. In der Corona-Krise ging es um die Versorgungssicherheit. In Windeseile wurde beschlossen, dass Lkw auch am Wochenende fahren dürfen oder dass das Insolvenzrecht gelockert werden sollte. Das ist auch heute gefordert.

Viel Zeit bleibt nicht, die abschließende Lesung für den Haushalt 2024 ist für den 1. Dezember 2023 angesetzt. Gelingt das nicht, muss die Regierung Anfang 2024 mit einem vorläufigen Haushalt arbeiten. Mit Sparen ist der Infrastruktur sicher nicht geholfen. Sie ist wichtig für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft.

Aber vielleicht ist das Haushaltsdebakel ein Schritt in Richtung Fokussieren und Handeln. Vor zwei Jahren versprach die Ampel einen grundlegenden Wandel hin zu einem ermöglichenden, lernenden und digitalen Staat. Es wäre schön, wenn jetzt Taten folgen würden.

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